Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 288 Bad Überkingen, ev. Pfarrkirche (St. Gallus) 1571

Beschreibung

Grabplatte des Adam Zorer. Außen an der Nordostwand des Chores. Platte aus gelbem Sandstein, oben eine gerahmte querrechteckige Inschrifttafel (A), darunter ein großes Vollwappen in Relief, ganz unten eine 3zeilige, ebenfalls gerahmte Inschrift (B). Stark verwittert, die linke obere und die rechte untere Ecke abgebrochen, Schriftverlust; die untere Inschrift stark bestoßen und vermoost, kaum leserlich.

Maße: H. 150, B. 73,5, Bu. 4,1 cm.

Schriftart(en): Fraktur.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    [An]no Domini 1571 Den / [. . . a]uGu[sti] Starb der er=/[bar u]nd Firnem Adam Zo=/[rer] burGer von auGspvrG de(m) / Gott sampt allen ChristGl=/eibiG[en] ein frölich avfer=/stehung verleihe ·a)

  2. B

    Disce mori uiuens moriens ut vi=/uere possis1) [J]ch weiss d[a]s / mein erl[ö]ser [leb]t [Hiob 1]9 [. . .]2)

Übersetzung:

Lern bei Lebzeiten zu sterben, damit du leben kannst, wenn du stirbst.

Versmaß: Hexameter (B).

Wappen:
Zorer3.

Kommentar

Der Steinmetz war offensichtlich nicht sehr geübt in der Ausführung von Frakturinschriften. Durch den sehr geringen Zeilenabstand (1,5 cm bei einer Mittellängenhöhe von 4,1 cm) erscheint die ganze Schrift gedrängt, die Buchstaben mit Ober- und Unterlängen wirken gestaucht. Besonders auffällig sind daneben die Formen von a und g: Das a stellt eine merkwürdige Mischform zwischen ein- und zweistöckigem a dar, dessen unterer „Bogen“ eine weit nach links gezogene Spitze ausbildet; g wird – bis auf eine Ausnahme in der letzten Zeile – stets, auch im Wortinnern, in Majuskelform (Frakturversal) verwendet, was den unruhigen Gesamteindruck verstärkt. Inschrift (B) kombiniert einen lateinischen Hexameter mit einem deutschsprachigen Bibelzitat. Der Zeilenumbruch nimmt auf das Versende keine Rücksicht.

Adam Zorer dürfte als Badgast nach Überkingen gekommen und hier verstorben sein.

Anmerkungen

  1. Danach ein waagrechter Strich mit darüber- und daruntergesetztem Punkt.
  2. Vgl. Walther, Proverbia I nr. 5863; Luc. 5, 364. Ähnliche Memento-mori-Motive finden sich häufig in humanistischen Grabinschriften, vgl. etwa den Spruch Ut moriens viveret vixit ut moriturus auf dem Sarkophag des Kardinals Ausia de Podio († 1483) in S. Sabina/Rom: P. Guerrini/S. Maddalo/F. Niutta/D. Porro, Iscrizioni Romane Sistine. Appendice, in: Un pontificato ed una città. Sisto IV ( 1471–1484), atti del convegno Roma, 3–7 dic. 1984 (Littera Antiqua 5). Città del Vaticano 1986, 469–479, hier: 479.
  3. Hiob 19, 25.
  4. 2 gekreuzte Streitäxte; Helmzier: wachsender Mohr (?) mit abflatternder Stirnbinde, in beiden Händen eine Streitaxt haltend; vgl. Zimmermann, Augsburger Zeichen u. Wappen nr. 2134.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 288 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0028809.