Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 274† Geislingen an der Steige, ev. Stadtkirche (U. L. Frau) 1561, 1562, 1568

Beschreibung

Epitaph für die Eheleute Wolf Burgmeister und Barbara geborene Schöfferlin. Früher im Langhaus „ob den Richter Stühlen“, d.h. über dem Gestühl für die zwölf Mitglieder des städtischen Gerichts. Holztafel, Gemälde mit Darstellung einer knienden und betenden Familie, links der Vater, hinter ihm neun Söhne und neun Töchter, zuhinterst die Mutter. Unter dem Bild links Inschrift (A) mit daruntergesetzter Datierung (B), rechts anschließend gemalter Kruzifixus mit Titulus (C), eingerahmt links von Inschrift (D), rechts von Inschrift (E) sowie jeweils außen von einem Wappen; „darbey“ (= unter dem Kreuz?) Segenswunsch (F). 1885 wurde beim Umbau der Empore ein als Brett verwendetes Fragment des Epitaphs wiedergefunden. Erhalten war nur der untere Teil mit den Inschriften sowie „von dem großen Gemälde, welches die Tafel eingenommen haben muß, … nur Bruchstücke kniender Personen am obern Rand des Brettes …“1. Das Brett wurde später „wegen schlechter Erhaltung beseitigt“2.

Beschreibung und Wortlaut nach Klemm. Ortsnotizen und Wollaib.

  1. A

    Vss der gnad gottes hab ich wolff Burg(er)maister und mein Ern Hussfraw barbla scheferlerna) 18 Kyndt gebornb) wie obstat3) und unsere Kynderc) habe(n) geborn zu den Ern 78 Kinder und unsere Kyndsd) Kynder 9 geborn ist Soma 105 Kynder, ist Alles by unss baidene) leben mit der gnad gottes Erlept dem Ewigen gott Vatter Son und heilg(e)n geist sy Ebig lob gesagt Amen

  2. B

    1561 gemalt

  3. C

    I. N. R. I.

  4. D

    An(n)o d(o)m(in)i 1562 starb der Erberef) Wolff Burg(er)maister dem gott barmhertzig sy Amen

  5. E

    An(n)o d(omi)ny 1568 starb die Erbere Fraw Barbla Schefferlerng) Wolffen Burg(er)maister Ern hussfraw der Barmhertzig gott sy yr gnedig Amen.

  6. F

    O gott verleyhe vnssh) Ein sölligei) urstendt Amen

Wappen:
Burgmeister, Schöfferlin.

Kommentar

Wolf(gang) Burgmeister ist nach Ausweis des heute verlorenen großen Burgmeister-Epitaphs von 1702 aus der Geislinger Stadtkirche4 1475 geboren. Er war wie sein Vater Matthäus rechbergischer Vogt und Verwalter zu Weißenstein, später Kastenvogt zu Geislingen5, und hat 1553 eine kaiserliche Wappenbestätigung erhalten. Seine Frau Barbara (geb. 1483) war die Tochter des Ludwig Schöfferlin aus Esslingen, der am 3. Oktober 1470 zusammen mit seinen Brüdern Bernhard, Hans und Konrad von Kaiser Friedrich III. geadelt worden war6, und der Elisabeth Vöhlin von Memmingen7. Wie die Datierung (B) zeigt, ist das gesamte Epitaph wohl bereits 1561 fertiggestellt worden, und 1562 und 1568 sind lediglich die Grabschriften oder auch nur die Sterbedaten nachgetragen worden. Die Namen der Kinder waren, nach einem früher in der Kirchhofmauer angebrachten Denkmal: Johann, Adrian, Franz, Wolfgang, Franz, Jakob, Jerg, Paul, Johann, Anna, Barbara, Elisabeta, Margareta, Cordula, Catharina, Magdalena, Anna, Sara8.

Textkritischer Apparat

  1. Klemm, Ortsnotizen; Schefferlerin Wollaib; Schefferlere Klemm, Stadtkirche.
  2. Klemm; Kind gebohren Wollaib.
  3. Klemm; Kinder Wollaib.
  4. Klemm; unser Kyndt Wollaib.
  5. Klemm; uns bayden Wollaib.
  6. Klemm, Ortsnotizen; Wollaib; Erbern Klemm, Stadtkirche.
  7. Klemm, Ortsnotizen; Schefferler Wollaib; Schefferlere Klemm, Stadtkirche.
  8. Klemm; vns Wollaib.
  9. Klemm, frölige Wollaib.

Anmerkungen

  1. Klemm, Ortsnotizen (wie unten).
  2. Kdm Geislingen 46.
  3. Die Verweisung bezieht sich vielleicht lediglich auf die Darstellung der 18 Kinder, die Formulierung läßt freilich auch an Namenbeischriften denken.
  4. Wortlaut bei Wollaib, Par. Ulm. 374f.; vgl. auch Burkhardt, Geschichte der Stadt Geislingen I 227f.
  5. Vgl. Klemm, Ortsnotizen (wie unten).
  6. Vgl. Alberti 700.
  7. Klemm, Ortsnotizen (wie unten).
  8. Ebd.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 395.
  2. Haid 644.
  3. Klemm, Ortsnotizen Nr. 4: Geislingen Stadt. = Ders., Aus Kunst und Altertum, in: Beil. zur Geislinger Ztg. Nr. 61 (1885 V 23).
  4. Ders., Stadtkirche. Nachträge 20f. (nach den Ortsnotizen, mit geringfügigen orthograph. Abweichungen).
  5. Burkhardt, Geschichte der Stadt Geislingen I 301.
  6. Ders., Gräber 81.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 274† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0027405.