Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 227 Göppingen, Städt. Museum im „Storchen“ 1528

Beschreibung

Epitaph des Vikars Bernhard Scherb. Vermutlich aus der Göppinger Oberhofenkirche1. Rechteckige Platte, oben in eingetieftem Feld Darstellung der Gregorsmesse in hohem Relief, links vor dem Altar kniend der Verstorbene in Chorherrenkleidung, über ihm sein Wappen und ein verschlungenes Schriftband (A); unter dem Relief 3zeilig eingehauene Sterbeinschrift (B). Roter Keupersandstein; Ausbrüche an den Rändern und Risse in der linken Hälfte der Platte ausgebessert. Die vorgerissenen Hilfslinien, die die Höhe des Mittelbandes markieren, sind in Inschrift (B) noch sichtbar.

Maße: H. 93, B. 71, Bu. 3,5 (A), 4,5 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Städt. Museum im Storchen, Göppingen [1/2]

  1. A

    Mis/ericordia domini /svper nos2)

  2. B

    Anno d(omi)ni 1528 in die bartholomey ap(osto)li / obijt venerabilis vir bernhardvs scherb hvivs / ecclesie colegiatea) vicari(vs) cvi(vs) a(n)i(m)a in pace qviescat

Übersetzung:

Die Barmherzigkeit des Herrn sei über uns. – Im Jahr des Herrn 1528 am Tag des Apostels Bartholomäus (24. August) starb der ehrwürdige Mann Bernhard Scherb, Vikar dieser Stiftskirche; seine Seele ruhe in Frieden.

Wappen:
Scherb3.

Kommentar

Die Inschrift ist, dem Bildrelief entsprechend, vorzüglich ausgeführt. Der obere Bogen des a, das auswärts gebogene und nicht ganz zur Haste zurückgeführte obere Bogenende des e sowie etliche Zierbögen und -haken sind als haarfeine Linien ausgehauen. Zweimal ist an die Fahne des Schaft-s ein mehrfach geknickter und gebogener Abstrich angehängt. Als i-Punkte, die nicht ganz regelmäßig gesetzt sind, werden kleine Kreise verwendet, als Kürzungszeichen lange Wellenlinien.

Scherb stammt aus Murr an der Murr (LKr. Ludwigsburg). Als Bernhardus Scherb de Mor immatrikulierte er sich im Wintersemester 1475/76 an der Universität Basel4. 1481 war er Diakon in Kloster Adelberg, wo er die Summa penitencie des Johannes de Garlandia kopierte5. Nach den Statuten besaß das Stift Oberhofen neun Chorherrenpfründen und neun Vikariate. Wann Scherb das Vikariat angetreten hat, ist nicht ersichtlich. Das Epitaph ist nach Halbey6 das Werk eines von Loy Hering abhängigen Gmünder Meisters.

Textkritischer Apparat

  1. Oberer Balken des c fehlt.

Anmerkungen

  1. Plieninger, Stadtschreiber 112 erwägt daneben die Herkunft aus Adelberg, da die Darstellung Scherbs als Chorherr sowohl für eine Zugehörigkeit zu einem „regulierten“ (Adelberg) wie auch einem „weltlichen“ Stift (Oberhofen) sprechen könne. Plieninger weist m. E. aber zu recht darauf hin, daß die Formulierung ecclesie colegiate auf Oberhofen hindeute.
  2. Nach Ps 32, 22.
  3. Blumentopf (mundartlich redend: „Scherb“) mit Stauden, rechts von einem Kelch, links von einem Schuh beseitet.
  4. Matrikel der Universität Basel I 137. Michael Scherb de Murr, studens Freiburgensis, der sich 1531 an der Universität Tübingen einschrieb (Matrikeln Tübingen I 269 nr. 97,5), war sicherlich ein Verwandter des Chorherrn.
  5. Vgl. Heribert Hummel, Berthold Dürr, Abt von Adelberg (1460–1501), in: Hohenstaufen 13 (1986) 46–67, hier: 64.
  6. Wie unten.

Nachweise

  1. Halbey 157f., Kat. nr. 72.
  2. Museum Göppingen. Führer 25 (Abb.).
  3. Plieninger, Stadtschreiber 110–112 (m. Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 227 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0022706.