Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 215† Drackenstein-Unterdrackenstein, kath. Pfarrkirche St. Michael (?) 1523/2. D. 18. Jh.

Beschreibung

Kelch, gestiftet von Dorothea von Grafeneck geborene von Erolzheim. Ausführung unbekannt. Offenbar etwa 220 Jahre später durch einen neuen Kelch unter Übernahme der Stiftungsinschrift ersetzt, der sich heute in der Sakristei der kath. Pfarrkirche in Drackenstein befindet: Silber vergoldet, getrieben und gegossen, ziseliert und gepunzt. Annähernd runder Fuß mit Abtreppungen, Kehlen und einem schmalen Rand; Oberfläche in sechs ungleich große Felder mit Band- und Rollwerk- sowie Gitterfeldornament gegliedert, in einem Feld aufgestifteter und gravierter Wappenschild1; Schaft und Nodus sind auf geripptem Standring als Balustervase geformt; über die Hälfte der Cuppa ist von einem durchbrochenen Überfang mit Band- und Rollwerk sowie Ranken- und Blattmotiven überdeckt. Augsburger Beschauzeichen und Goldschmiedesignatur IG/K; am unteren Rand des Fußes halb umlaufend eingravierte Stiftungsinschrift.

Wortlaut nach dem vorhandenen Kelch.

Maße: 〈H. 22,5, Dm. (Fuß) 15,5, (Cuppa) 9,0, Bu. 0,2 cm.〉

Schriftart(en): 〈Schrägliegende humanistische Minuskel.〉

  1. Disen Kelch Hat Geben Frau Dorothea Von Grafeckh, Gebohrne Vona) Erolzhaim: 1523:

Kommentar

Stilistische Merkmale sprechen eindeutig gegen eine Anfertigung des vorhandenen Kelchs im 16. Jahrhundert. Außerdem läßt sich die Meistermarke identifizieren als die des Johann Georg Kugler, geboren in Prag, 1733 Meister und 1768–71 Augsburger Geschaumeister2. Somit kann natürlich auch die Stiftungsinschrift nicht 1523 auf diesem Kelch angebracht worden sein. Der Wortlaut scheint aber von einem älteren, vielleicht beschädigten und daher ersetzten Kelch übernommen worden zu sein. Die genannte Stifterin, Dorothea von Grafeneck geborene von Erolzheim, ist vermutlich identisch mit der urkundlich nachweisbaren Dorothea von „Erentzheim“, Frau des 1516 verstorbenen Ludwig von Grafeneck zu Burgberg3. Die Tatsache, daß man nach über 200 Jahren noch über die Stifterin und ihre Herkunft Bescheid wußte, vor allem aber der Wortlaut der vorliegenden Inschrift, sprechen m. E. für die Übernahme aus einer inschriftlichen Vorlage, nicht aus mündlicher Tradition. Ob der ursprüngliche Kelch auch schon für die Drackensteiner Kirche bestimmt war, läßt sich freilich nicht mehr mit Sicherheit klären. Eine Verbindung der Grafenecker oder Erolzheimer zu Drackenstein ist bislang nicht nachzuweisen.

Textkritischer Apparat

  1. n verbessert aus h.

Anmerkungen

  1. Wappen unbekannt: doppelschwänziger Löwe auf Boden, ein 12speichiges Rad rollend. Irreführende Angaben in Kdm Geislingen 108: „Löwe als Schildhalter des Wappens Grafeneck“.
  2. Vgl. Helmut Seling, Die Kunst der Augsburger Goldschmiede 1529–1868, Bd. 3: Meister. Marken. Beschauzeichen, München 1980, 359f. nr. 2252. Von Kugler sind Werke aus dem Zeitraum von etwa 1733 bis 1741 nachgewiesen.
  3. Vgl. Lausser, Herren von Grafeneck 183. Ein Neffe Ludwigs, Friedrich von Grafeneck († 1556), war mit einer Anna von Erolzheim verheiratet.

Nachweise

  1. Kdm Geislingen 108 (dat. 1623).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 215† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0021506.