Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 176 Dürnau, ev. Pfarrkirche (St. Kilian und Cyriacus) A. 16. Jh.

Beschreibung

Wandmalerei. Zwei fragmentarisch erhaltene Bildfolgen zum Leben Jesu und zu den Zehn Geboten. Innen an der Nordwand des Langhauses über der Empore. 1952 und 1968 bei Renovierungsarbeiten aufgedeckt. Zwei wohl gleichzeitig entstandene, unmittelbar übereinander angeordnete Bilderzyklen, deren hochrechteckige Bildfelder durch schmale Rahmenstreifen voneinander getrennt sind. Oben Leben-Jesu-Zyklus: erhalten nur die drei ersten Bilder (Jesus im Tempel, Heilung des Wassersüchtigen, Hochzeit zu Kana), jeweils mit geschwungenen Schriftbändern über der Szene (A), sowie Reste der unteren Bildhälften der folgenden drei Felder (Deutung nicht möglich); Inschriften fast völlig vergangen. Darunter Zyklus zum Dekalog mit zwei Bildern zu jedem Gebot, jeweils ein Exemplum für Befolgung und für Übertretung1; erhalten sind nur die ersten 7 Bilder, in den unteren Bildhälften z.T. stark ergänzt; auf der Rahmenleiste über den Bildern fortlaufende Beischriften (B), nur noch stellenweise lesbar. Inhalt der Bilder: 1. Moses empfängt die Gesetzestafeln, erhöhte Schlange; 2. Anbetung des Goldenen Kalbes; 3. Verehrung Gottes; 4. fluchende Würfel- und Kartenspieler; 5. Verehrung der Hostie im Gottesdienst; 6. Tanzpaare und Musiker vor der Kirche; 7. Kinder mit Eltern und Großeltern. Der rechts anschließende Rest der Zyklen wurde durch den Wanddurchbruch beim Anbau der Sakristei (1785) zerstört.

Maße: H. 235, B. (erhalten) ca. 560, Bu. 3,5 (A), 3,7 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/9]

  1. A

    Als/[. . . . . . . . . .]/ den juden in / [. . . . . . . . . . .] // Als[. . . ./. . . . . . . . . .] wasser/si[c]he[. . . . .] // [. . . . . . . . .]

  2. B

    das send d[. . .]eilgen [. . . . . . . . . . .] solt du anbeten ainen gott [. . . .]s[.]l[. . .]it [. . . . . . .]chen schweren wilt du dich [. .]m[. .]h[. . . . .]d[. . . . . . . . . . . .]gen s[. . . . . . . . . .] das ewige leb[. . . . . .] du solt fatter und din mutter in eren hon [. . .

Kommentar

Im Leben-Jesu-Zyklus ist die relativ seltene Darstellung der Heilung des Wassersüchtigen bemerkenswert. Die Bildfolge ist offenbar nicht streng chronologisch geordnet. Dekalog-Zyklen mit positiver und negativer Darstellung aller Gebote in getrennten Bildfeldern sind relativ selten2. Die Hinzufügung der Engel und Teufel in den Einzelbildern läßt auf graphische Vorlagen schließen, die der Holzschnittfolge im Heidelberger Cod. Pal. germ. 4383 verwandt sind. Eine Ergänzung der sehr fragmentarischen Inschriften ist nicht möglich. Soweit noch zu erkennen, ist die Minuskelschrift recht unbeholfen und unregelmäßig ausgeführt. Auffällig ist das h mit eingeknicktem und weit unter die Grundlinie verlängertem Bogen.

Anmerkungen

  1. Jeweils bezeichnet durch einen Engel bzw. einen Teufel, der über der Szene schwebt.
  2. Zusammenstellung bei Martin Lechner, Zur Ikonographie der Zehn Gebote. Fresken in Nonnberg, Landkreis Altötting, in: Ostbairische Grenzmarken 11 (1969) 313–339, hier bes. 328–336. Vgl. allg. ders., Art. „Zehn Gebote“, in: LCI IV Sp. 564–569 m. weit. Lit.
  3. Heidelberg, Universitätsbibliothek, Mitte 15. Jh., vgl. Paul Kristeller, Decalogus Septimania poenalis Symbolum apostolicum. Drei Blockbücher der Heidelberger Universitätsbibliothek (Veröff. d. Graph. Gesellschaft 4), Berlin 1907.

Nachweise

  1. Hummel, Wandmalereien Kr. Göppingen 103f., Abb. 50–54.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 176 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0017604.