Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 104 Geislingen an der Steige, ev. Stadtkirche (U. L. Frau) 1481, 1581

Beschreibung

Epitaph für Anna Weckherlin geborene Zwierler. Innen an der Chornordwand. Ursprünglich am Pfeiler gegenüber der Kanzel1, später an der Westwand des nördlichen Seitenschiffs, 1958–71 an der Ostwand des südlichen Seitenschiffs. Holztafel mit Ölgemälde. Ecce-homo-Darstellung mit kniendem Stifterpaar links unten, zwischen den Eheleuten ein Tartschenschild. Schmaler Holzrahmen mit schräg vorkragendem oberem Abschluß, der funktional einem Baldachin entspricht, darauf 3zeilige Inschrift (A). Direkt darunter auf der flachen Rahmenleiste ursprünglich eine 2zeilige Restaurierungsinschrift (B), die durch eine unbeschriftete Leiste ersetzt wurde und jetzt als schmale Konsole unten an das Epitaph angeleimt ist. 1958 durchgreifend restauriert unter Beseitigung barocker Übermalungen, dabei Wiederherstellung der ursprünglichen Fassung der durch Übermalung völlig verfälschten Sterbeinschrift (A) und Versetzung von Inschrift (B)2.

Maße: H. ca. 195, B. ca. 135, Bu. 3,0 (A), 1,8–2,2 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Fraktur (B).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    annoa) · do(mi)nib) · m° · cccc° · lxxxi° · iar · an · der · ailff · tussentivnckc) · frawen · tag · starb · / die · erber · fraw · anna · zwierlerin · genant · kramerin · endris · wecker=/lisd) · pflegers · zuoe) · gysszlingen · huszfraw · got · sy · ir · sel · genedig ·f)

  2. B

    Anno domini· 1581 Jar · Ernewert Worden durch den Ersamen Vnd Weisen Jergen / Weckherlin Burgenmaister zu geislingen.

Datum: 21. Oktober.

Wappen:
Weckherlin.

Kommentar

Das Epitaph ist das bedeutendste unter den erhaltenen gotischen Holz-Epitaphien aus dem Bearbeitungsgebiet. Die Schrift ist – soweit die restaurierte Fassung ein zuverlässiges Bild des ursprünglichen Befunds bietet – eine sehr eckige gotische Minuskel mit unregelmäßiger Zeilenführung und Buchstabenhöhe. Als Worttrenner sind Paragraphen-Zierpunkte verwendet. Der erste Buchstabe ist mit roter Farbe ausgezeichnet.

Die Weckherlin entstammen der Ulmer „Ehrbarkeit“ und stiegen wohl im 15. Jahrhundert ins Patriziat auf, seit dem frühen 15. Jahrhundert begegnen sie in Geislingen3. Andreas Weckherlin amtierte von 1472 bis 1495 als ulmische Pfleger in Geislingen, 1472 wird er außerdem als Burgvogt auf Helfenstein genannt4. Zur Familie der Frau ist nichts bekannt. Für Jörg Weckherlin, der das Epitaph 1581 restaurieren ließ, sind Grabstein und Totenschild erhalten (vgl. nrr. 308, 309).

Textkritischer Apparat

  1. Über den beiden n ein Kürzungsstrich, vermutlich Restaurierungsfehler. Das a rot ausgezeichnet.
  2. Vielleicht auch dom mit Kürzungsstrich.
  3. Keine Worttrennung.
  4. Über dem i wahrscheinlich ein Kürzungsstrich weggefallen.
  5. o über u übergeschrieben.
  6. Anschließlich zeilenfüllendes Rankenornament.

Anmerkungen

  1. Haid 644.
  2. Foto mit Zustand vor der Restaurierung im LDA Stuttgart. Inschrift (A) war mit einer unregelmäßigen Frakturschrift überschrieben, die in Anordnung, Orthographie, Zeichensetzung und durch Hinzufügung von Amen am Ende erheblich von der ersten Fassung abwich. Dadurch erklären sich unterschiedliche Lesarten in der früheren Literatur.
  3. Zur Familie vgl. Klemm, Gang durch die Reihen 117f., danach Burkhardt, Geschichte der Stadt Geislingen I 224f.
  4. Ebd.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 394.
  2. Klemm, Die Stadtkirche zu Geislingen 62.
  3. Ders., Stadtkirche, Vortrag 46.
  4. Kdm Geislingen 46.
  5. Geislingen a. d. Steige. Die Stadtkirche (Führer) 29 (Abb.).
  6. Gotik an Fils und Lauter 209 Abb. 111.
  7. Bischoff, Führer 35 nr. B4.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 104 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0010408.