Die Inschriften des Landkreises Göppingen
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 41: Göppingen (1996)
Nr. 98 Göppingen, ev. Oberhofenkirche 1476
Beschreibung
Grabplatte der Kunigunde von Liebenstein. Innen an der Ostwand der Zillenhartkapelle, mittlerer Stein. Graue Sandsteinplatte mit Umschrift zwischen Linien, im Mittelfeld eingeritztes Bild der Verstorbenen im Gebet mit Witwenschleier und Rosenkranz, zu ihren Füßen ein Hund, zu beiden Seiten des Kopfes je ein Wappen, das herald. rechte eingeritzt, das linke in Flachrelief; die Umschrift in der linken unteren Ecke unterbrochen von einer kreisrunden Eintiefung mit Rankenornament in Flachrelief; rechteckige Eintiefung mit ähnlicher Ornamentfüllung am Ende der Umschrift als Platzfüller. Abgetreten, Schrift noch gut lesbar.
Maße: H. 212, B. 114, Bu. 7,3 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.
Anno · dvminoa) · M · cccc · lxxvj · / vff · sant · jvliana · tag · starb · frow · kvngvnd · von · liebenstain / · derb) · selen · got · gnedig · / vnd · barmherczig · sin · well · amen · amen
Datum: 16. Februar 1476.
Liebenstein, Lichtenstein1. |
Textkritischer Apparat
- Sic!
- „Unziales“ d mit überzähliger Brechung am unteren Ende der rechten Haste.
Anmerkungen
- Halbflug; vgl. Gaier (wie unt.). Die Wappen der beiden Ehemänner (Schlat, Schechingen) fehlen hier.
- Gaier (wie unt.). Der Name Agnes, von Gaier mit Fragezeichen versehen, wird gesichert durch die hs. Chronik der Familie von Liebenstein (Freiherrlich von Gemmingen-Hornberg’sches Archiv Burg Hornberg/Neckarzimmern, S. 43) fol. 17r. Den Hinweis auf diese um 1598/1610 entstandene Handschrift verdanke ich der freundlichen Mitteilung von Herrn Dr. Kurt Andermann, Stutensee-Blankenloch, der eine Edition vorbereitet und der mir eine Transkription des Textes zur Verfügung gestellt hat. Stammburg Lichtenstein bei Honau (Gde. Lichtenstein, LKr. Reutlingen). Ab 1379 läßt sich das Geschlecht in Neidlingen (LKr. Esslingen) nachweisen, wo es einer Burg seinen Namen gab; vgl. Hans Jänichen, Zur Übertragung von Burgnamen, in: Alemannisches Jb. 1959, 34–53, hier: 35.
- Vgl. Chronik der Familie von Liebenstein (wie Anm. 2) fol. 23v.
Nachweise
- Kdm Göppingen 39.
- Albert Gaier, Das Grabmal der Kunigunde von Liebenstein. Ein heimatgeschichtliches [!] wertvoller Schatz der Göppinger Oberhofenkirche, in: Stauferland 18 (1972) Nr. 2.
- Plieninger, Stadtschreiber 78f. Nr. 13 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 98 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0009806.
Kommentar
Als Initiale ist ein pseudounziales A gesetzt, die linke Schräghaste hat eine aufgesetzte Schwellung und ein eingerolltes Ende, die rechte Haste steht senkrecht und endet unten mit einem Quadrangel; der Deckbalken ist leicht durchgebogen, hat eingerollte Enden und steht nach links weit über. Der Balken von f und t sitzt auffallend tief, ebenso der „Deckbalken“ des g, der den rechten Schaft kreuzt. Der Wortabstand wird gegen Ende der Inschrift immer größer, dennoch wurde ein Platzfüller notwendig. Die Worttrenner sind in der Kopfleiste paragraphförmig ausgezogen.
Kunigunde ist die Tochter Peters I. von Liebenstein und der Agnes von Lichtenstein2. In erster Ehe war sie mit Kaspar von Schlat verheiratet, der in Göppingen ansässig war und als letzter männlicher Sproß seines Geschlechts 1444 gestorben ist. Das Grabmal für Kunigundes zweiten Ehemann Ulrich von Schechingen ist ebenfalls in der Oberhofenkirche erhalten (nr. 84). Ihr Bruder Raban war der letzte Propst von Boll vor der Inkorporation des Stifts 1463 in das Stift Oberhofen3.