Die Inschriften des Landkreises Göppingen
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 41: Göppingen (1996)
Nr. 97† Steinenkirch (Gde. Böhmenkirch), Burg Ravenstein um 1475 (?), vor 1543
Beschreibung
Wandmalereien (?) mit Darstellung einer Rechberger-Ahnenreihe. In der „großen stuben“. Nach Gabelkovers Beschreibung waren offenbar die Allianzwappen der Ehepaare mit Namenbeischriften paarweise nebeneinander angeordnet, die Ahnenreihe in absteigender Folge untereinander. Für den letzten Rechberger in der Reihe schloß sich eine Ahnenprobe zu acht Wappen mit Beischriften an. Gemalte Porträts werden nicht erwähnt, der Bildschmuck war also vermutlich auf die Wappen beschränkt.
Wortlaut nach Gabelkover.
Herr Conradt von Rechberg1) // N. Freyin von Liechtenberg2)Herr Albrecht von Rechberg3) // Adelhait greuin zu KirchbergHerr Conradt von Rechberg4) // fr(aw) Lucia von Aichen freyinHerr Gebhart von Rechberg der elter5) // Fraw Margreth geuin von ZollernHerr Gebhart von Rechberg der jünger6) // [. . .]a)Herr Albrecht von Rechberg7) // fr(aw) Margretb) greuin von WerdenbergHerr Haug von Rechberg8) // Fraw Agnes greuin von ThierstainHans von Rechberg9) // Margreth von TrüchtlingenErckinger von Rechberg10) // Dorothea von HernhaimGeorg von Rechberg11) // Radegunda von FreybergDie vier anen ·Rechberg Hirnhaim Treichtlingen Aholfingen12)Die vier vranen ·Sonthaim Thierstain Schellenberg Freyberg
Rechberg, Liechtenberg; Rechberg, Kirchberg; Rechberg, Eichen13; Rechberg, Zollern; Rechberg, Werdenberg-Sargans14; Rechberg, Werdenberg15; Rechberg, Thierstein; Rechberg, Treuchtlingen; Rechberg, Hirnheim; Rechberg, Freyberg. |
Rechberg, Hirnheim, Treuchtlingen, Ahelfingen; Sontheim, Thierstein, Schellenberg, Freyberg. |
Textkritischer Apparat
- Gabelkover: „Legi vix potest, videtur eine greuin von Salgans“, eigenhändiger Nachtrag: „Adelhait von Salgans“. Ob Gabelkover dies aus den Resten der Inschrift schloß oder aus dem Wappen, das er beschreibt (vgl. Anm. 14), ist unklar.
- Margret conj.; Rachilt, forte Mechtild Gabelkover, später Rachilt durch Unterstreichung getilgt und durch Mechtild ersetzt. Bei schlechtem Erhaltungszustand der Inschrift vornehmlich im Oberlängenbereich läßt sich eine Verlesung von Margret in Rachilt schlüssig nachvollziehen.
Anmerkungen
- Konrad I., 1259/93; alle Angaben im Folgenden nach Stammtafeln d. mediatisierten Häuser 17 Taf. 2, 5, 6.
- Abweichend ebd. Taf. 2: „eine Gräfin von Kirchberg“. Nach Taf. 1 war Konrads Mutter Johanna von Liechtenberg.
- Albrecht I. zu Hohenrechberg, 1293/1326.
- Konrad III. d. Biedermann, † 1351.
- Gebhrad I. zu Illereichen, † 1395/97.
- Durchbrechung der fortlaufenden Stammfolge: Gebhard II. († 1430) war der Enkel Gebhards I. und Sohn des in der Reihe folgenden Albrecht. Seine Frau war Mechthild Gräfin von Werdenberg-Sargans.
- Albrecht I. zu Illereichen, † um 1426.
- H(a)ug I. zu Scharfenberg, † 1468.
- Hans I. zu Ravenstein und Scharfenberg, † 1497/99.
- Erkinger zu Ravenstein und Scharfenberg, † 1527.
- Georg zu Ravenstein, † 1547.
- Vgl. nr. 287. Vielleicht waren diese Ahnenwappen ähnlich wie in Donzdorf auf den vier Seiten von Pfeilerkapitellen aufgemalt.
- Alberti 156.
- „Ain weiß fahn jnn rotem feld, oben ain weiß vnd rot büffelhorn“.
- Weiße Kirchenfahne in Rot; Helmzier: rote Inful.
- LdBW III 281f.
- Ebd.
Nachweise
- Gabelkover (WLB, Cod. hist. O 16a) p. 133.
Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 97† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0009708.
Kommentar
Burg Ravenstein, 1091 erstmals erwähnt, kam von den Edelfreien von Ravenstein über die stammverwandten Grafen von Helfenstein wohl als Lehen zunächst an die von Zillenhart und 1472 an die Herren von Rechberg zu Illereichen16. In die Zeit des Erwerbs der Burg durch die Rechberger könnte die Anbringung der Ahnenreihe fallen. Es fällt auf, daß bis zu den Eltern des ersten Rechbergers zu Ravenstein, Hans’, die männlichen Ahnen mit Herr und die meisten weiblichen Ahnen mit Fraw tituliert werden, ab da diese Anreden aber wegfallen. War Hans von Rechberg der Auftraggeber, ließe sich der Verzeicht auf die Anrede beim eigenen Namen und dem seiner Frau gut erklären. Stimmt diese Annahme, wären die folgenden beiden Generationen und die Ahnenprobe sukzessive von Hans’ Sohn und Enkel nachgetragen worden. Dazu fügt sich gut, daß in Donzdorf (im alten Trakt des Schlosses) die gleiche Ahnenreihe von Gabelkover bezeugt ist, sie dort aber nur bis zu Hans und seiner Frau Margarethe von Treuchtlingen geführt war (nr. 95 †). Die Entstehung der gesamten Ravensteiner Ahnenfolge in einem Zug scheint mir vor diesem Befund eher unwahrscheinlich. Georg, der Letzte aus der Ravensteiner Linie, verkaufte 1543 die Burg zusammen mit dem Ort Steinenkirch an Ulm17. Dieses Jahr markiert somit den sicheren terminus ante quem für die Inschriften der letzten Generation. 1700 wurde die Burg abgebrochen.