Die Inschriften des Landkreises Göppingen
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 41: Göppingen (1996)
Nr. 90 Süßen-Kleinsüßen, Friedhofskapelle (ehem. Pfarrkirche St. Maria) 1471
Beschreibung
Mauerquader mit Bauinschrift (?). Außen an der Südwand, schräg oberhalb des Portals links neben einem kleinen Fenster, vermutlich als Spolie eingemauert. Querrechteckiger Stein, oben in der Mitte in tief ausgehauener runder Höhlung ein fast vollrund skulptierter bärtiger Kopf; am rechten und am unteren Rand des Quaders ist noch eine doppelte Ritzlinie zu erkennen, die einen etwa 10 cm breiten Rahmen bildet. Unten rechts lassen sich zwischen den Linien Reste einer Inschrift ausmachen. Roter Sandstein; verwittert, auf der linken Hälfte des Steins und am rechten Rand ist die Oberfläche komplett abgespitzt, auch die Schriftreste sind durch senkrecht geführte Spitzeisenschläge beschädigt. Die doppelte Randleiste lief ursprünglich vermutlich ringsum, der obere Teil ist verloren. Ob auch dieser beschriftet war, läßt sich nicht mehr entscheiden.
Maße: H. ca. 35, B. ca. 90, Bu. ca 6 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
. . .]ni · mcccclxxia)
Textkritischer Apparat
- Dahinter scheint kein Zeichen mehr zu folgen.
Anmerkungen
- LdBW III 301; Ziegler, Von Siuzun bis Süßen 34.
- LdBW III 301 u. Dehio Baden-Württ. I 776; vgl. aber vorsichtiger Kdm Geislingen 137: „vor 1493“.
Nachweise
- Ziegler, Von Siuzun bis Süßen 33 (m. Abb.).
Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 90 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0009002.
Kommentar
Die Inschrift ist sicherlich zu anno domini in gekürzter oder ungekürzter Form zu ergänzen. Die Buchstaben sind zwar kaum mehr zu erkennen, doch lassen die erhaltenen Reste eine zweifelsfreie Lesung zu. Von den vier eng aneinandergerückten c sind nur die oberen Hälften eindeutig zu sehen, die Oberlänge des l und der Mittelbalken der beiden x sichern die Identifizierung dieser Buchstaben. Die genaue Funktion des Steins ist unklar. Deutet man die runde Höhlung um den skulptierten Kopf als Nimbus, könnte es sich um die Darstellung eines Heiligen handeln. Doch müßte man dann am ehesten den Kirchenpatron erwarten; Patronin war aber die hl. Jungfrau Maria: 1464 ist die Marienkapelle als Filialkirche von Hürbelsbach (Gde. Donzdorf) bezeugt, 1493 erhielt sie vom Bischof von Konstanz die Pfarrechte der Mutterkirche übertragen1. Will man die Jahreszahl 1471 auf dem Steinquader als Bauinschrift auf den Kirchenbau beziehen – was eine ursprüngliche Anbringung an repräsentativerer Stelle, etwa über dem Westprotal, voraussetzt –, so hieße das, daß die Erweiterung der Kapelle zur Pfarrkirche bereits 22 Jahre vor der Übertragung der Pfarrechte vorgenommen wurde, mithin der Translation schon längere Bemühungen vorausgegangen sein müssen. Zuletzt ging man davon aus, daß der derzeitige Bau „vor 1464“ erbaut wurde2, bei der 1464 erwähnten Kapelle handelt es sich aber offenbar um einen Vorgängerbau. Möglicherweise wurde der Quader mit der archaischen figürlichen Darstellung von diesem Vorgängerbau übernommen und erst in Zweitverwendung mit der Inschrift versehen.