Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 415 Göppingen, ev. Oberhofenkirche 1616

Beschreibung

Epitaph des Johann Öxlin. Innen an der Nordwand des Langhauses, 5. Stein von Osten. 1901 bei Bauarbeiten im Chor aufgefunden1. Hochrechteckige Platte aus grauem Keupersandstein, in der oberen Hälfte fast quadratische Schrifttafel mit Knorpel- und Rollwerkrahmen, darunter Kartusche mit Vollwappen im Lorbeerkranz und mit Engelskopf-Bekrönung, alles in hohem Relief. Die vier letzten Zeilen der Inschrift stehen zentriert. Stein an den Rändern, vor allem links und an der oberen rechten Ecke, ausgebrochen, der linke Rand etwa 8 cm breit beschnitten, Teile der Inschrift bestoßen.

Maße: H. 177, B. (Rest) 77, Bu. 2,8 bzw. 2,2 cm.2

Schriftart(en): Kapitalis, humanistische Minuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. DEN ·8· IVNIJ ANNO / 1616· IST IN GOT SEE[LIG]LICH / ENDTSCHLAFFEN DER EHRNV[E]ST / HOCHGELEHRT · HOCH VND WEITT[BE]=/RIEMPT · HER IOHANN ÖX[L]I[N] DER ARTZ=/NEŸ DOCTER · VND FIRST(LICH)a) WIRTTENBERG(ISCHER)b) / BESTÖLLTER · PHŸSICVS ZV GÖPPI=/NGEN · DEHME DER ALMÄCHTIG GOT / EIN FRÖLICHE VFFERSTEHVUNG VER=/LEŸHE AMEN · /Der Tod seiner Heiligen ist W[e]hrt / gehaltten für Dem hern / Psal: CXVI3) ·

Wappen:
Öxlin.

Kommentar

Die schmal proportionierte Kapitalis weist charakteristische Merkmale auf, die eine Zuweisung der Arbeit an den Schorndorfer Bildhauer und Steinmetzen Melchior Gockheler4 möglich machen: zahlreiche Ligaturen, konsequent gesetzter I-Punkt, sehr kurzer Mittelbalken bei E und F, R mit doppelt geschwungener Cauda, Y mit nach außen durchgebogenen Schräghasten und mit Trema, vor allem aber das Z mit sehr kurzem Schrägschaft und schräggestellten oberen und unteren Balken. Die Kombination mit der ausgesprochen steif wirkenden humanistischen Minuskel (oberes Bogenende des e ist nicht bis an die Bogeninnenseite herangeführt; g aus zwei links offenen Bögen; kurze Ober- und Unterlängen) kommt genau so auf der von Gockheler 1606 geschaffenen und signierten Kanzel in Schornbach (Stadt Schorndorf, Rems-Murr-Kreis) vor5.

Johann Öxlin war der Sohn des Geislinger Metzgers Michael Öxlin und der Elisabeth geb. Meulin (vgl. nr. 429). 1552 geboren, besuchte er die Schule in Gmünd und die Lateinschule in Ulm und studierte anschließend in Tübingen (imm. 1568, 1569 bacc., 1571 mag. art.)6 und Padua Philologie und Medizin (Promotion zum doctor med. 1576). Ab 1582 wirkte er als Stadtarzt in Göppingen, wo er die Tochter des Stuttgarter Konsistorialdirektors Johann Enzlin heiratete. Eine Art Tagebuch Öxlins ist erhalten7. Außer wissenschaftlichen Abhandlungen und Übersetzungen lateinischer theologischer Schriften verfaßte er auch lateinische und italienische Gedichte8.

Textkritischer Apparat

  1. Kürzung durch Doppelpunkt.
  2. Kürzung durch in das G eingestellten Doppelpunkt.

Anmerkungen

  1. Plieninger, Stadtschreiber 94.
  2. Überhöhte Versalien 3,1 cm; Bibelstellenangabe in der letzten Zeile in verkleinertem Schriftgrad: 0,8 cm.
  3. Ps 116, 15.
  4. Gockheler war als Bildhauer am Bau der Göppinger Stadtkirche beteiligt, wo ein Portal von 1618 seine Signatur trägt (nr. 426).
  5. DI 37 (Rems-Murr-Kreis) nr. 252.
  6. Matrikeln Tübingen I 485.
  7. Stuttgart, WLB, Cod. hist. Q 138: „Ephemerides“.
  8. Zur Biographie vgl. W. Heyd, Johann Oechslin, Arzt und Dichter in Göppingen (1552-1616), in: WVjh. NF 7 (1898) 259–268; Burkhardt, Johann Oechslin, passim; Plieninger, Stadtschreiber 94–96; ferner: Pfeilsticker §2364.

Nachweise

  1. Kdm Göppingen 38.
  2. Burkhardt, Johann Oechslin 92.
  3. Plieninger, Stadtschreiber 94f. Nr. 20 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 415 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0041506.