Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 405† Kuchen, ev. Pfarrkirche (St. Jakob) 1612

Beschreibung

Empore. An der West- und an der Nordwand. 1589 errichtet, 1612 bemalt und mit Inschriften versehen. An der Brüstung der Westempore Christus und die Apostel mit Namenbeischriften und Text des Credo (A), darunter auf dem Durchzugbalken Bibelsprüche (B), ein weiterer Bibelspruch „unten an dem Balcken“, vermutlich am Stützpfosten (C); an der letzten Brüstungstafel rechts, neben der Stiege, aufgemalte in zwei Spalten angeordnete Gedenk- und Belehrungsinschrift (D). An der Brüstung der Nordempore 11 Tafeln mit den Zehn Geboten in Versform (E)1.

Wortlaut nach Wollaib.

  1. A

    S. Petrus. Jch glaub an Gott denn Almächtigen Vatter Schöpffer Him(m)els und der Erden /S. Andraeas. Und an Jesum Christum seinen eingebohrnen Sohn unsern Herrn /S. Jacobus der größere. Der empfangen ist vom H(eiligen) Geist /S. Johannes. Gebohren von der J(un)gf(rau) Maria gelitten unter Pontio Pilato gecreütziget gestorben und begraben /S. Philippus. Nidergestiegen zu der Höllen am dritten Tag wider aufferstanden von den Todten /S. Bartholomaeus. Auffgefahren gen Himmel /Christus. Mir ist gegeben aller Gewalt im Him(m)el und auf Erden2) /S. Thomas. Von dannen er widerkom(m)en wird zu richten die Lebendigen und die Todten /S. Matthaeus. Jch glaub an den H(eiligen) Geist /S. Jacobus der kleinere. Eine H(eilige) Christliche Kirche /S. Simon. Vergebung der Sünden /S. Judas. Aufferstehung deß Fleisches /S. Matthias. Ein Ewiges Leben

  2. B

    Psalm. 19. Jn omnem terram exivit sonus eorum et in fines orbis terrae verba eorum. Matth. 10. Nolite cogitare quomodo aut quid loquamini dabitur enim vobis quid loquamini. 16123)

  3. C

    Ps. 115. Non nobis D(omi)ne non nobis4)

  4. D

    Da Tausend und 600. JahrZwölffe darzu die Jahrzahl warWard die Kirch renoviertMit disem Gang Gstül Gättern ZierdEin Stiege in der SacristeyZur Cantzel ward gerichtet freyNicht fern darvon zur rechten HandEin Tauffstein ghauen ist ind wandMit dem Tauff Christi außgemahltDiß alles S(anct) Jacob bezahlt5)Der war vor Zeiten der Kirch PatronJetzt ehren wir Jesum Gottes SohnThür und Stieg ob der Kirch emporbereit ist für dmanschafft bevorDa war Jacob Veihel6) PfarrherrUnd Amptmann Herr Hanß BurckmeisterDaniel Hauser führt daß GsangGott wol uns drey halten dstang7)Rein machts nit auß der Kirch OrnatWann nicht die Hertz monstrantz zart //Geziert ist mit dem HeiligthumWelchs ist der Glaub an ChristumDer durch die Liebe thätiglichAußbricht zum Nechsten emsiglichDarumb bitten wir den H(errn) der ErdDaß Er uns geb rechte BegierdZu hören sein heilsames WortZu deßen ghör der Glaub wächst fortDann wer auß Gott gebohren istDer hört sein Wort zu aller fristJst auch nicht ein Hörer alleinSondern bewahrts im Hertzen seinUnd bringt Frucht in aller GedultLebt auch in Christlicher UnschuldBhalt Glauben, letzt auch nit das GewißenJ̣ebt gute Ritterschafft geflissenBleibet in der geistlichen ArchBiß daß man ihn legt in den SarchAußer dem sunst kein SeeligkeitZu hoffen ist in ewigkeit

  5. E

    Exodi. 20.Auff dem Berg Sinai gabe GottMoysi die H(eiligen) Zehen GebottDaß I. GebottDu solt Gott allein anbeten und ehrenUnd nit dabey Vattera) beschwerenII.Du solt Gottes Nahmen zum höchsten ehrenUnd nit dabey fluchen und schwerenIII.Den Sabbath heiligen und feyren soltSo lebstu recht nach Gottes GebottIV.Ehren soltu Vatter und Mutter deinWilt auff Erden langß lebens seynV.Todten soltu niemand hie auff ErdenWilt anders hie und dort haben daß lebenVI.Du solt nit Ehebrechen verbeüt dir GottWelcher die Sünd strafft mit höchster ungnadVII.Du solt nicht stehlen daß sag ich fürwahrDu komst sonst in Leibs und Lebens gfahrVIII.Falsch Zeügnus soltu nicht gebenWider dein Nehsten merck mich ebenIX.Du solt dich nicht laßen glüsten deins nechsten HaußDann wo böß Lust bleibt groß Sünd nit außX.Du solt begehren deins Nechsten Weib nichtAuff daß du nit kom(m)est in Gottes Gericht8)

Übersetzung:

In die ganze Welt ging ihr Ruf hinaus, und bis an die Grenzen des Erdkreises gingen ihre Worte. Denkt nicht darüber nach, wie oder was ihr reden sollt, denn es wird euch eingegeben werden, was ihr reden sollt.

Versmaß: Deutsche Reimverse (D, E).

Textkritischer Apparat

  1. Lesung unsicher.

Anmerkungen

  1. „An dem hintersten Balcken nechst der Wand“ – gemeint ist vielleicht der östliche Stützpfosten der Nordempore – war zu Zeiten Wollaibs das Vaterunser angebracht. Unklar ist, ob es direkt auf den Balken aufgemalt oder auf einer Tafel angebracht war. Wollaib, Par. Ulm. 426, überliefert nur die ersten und letzten Worte: Luc. XI. Vatter unser . . . von dem Ubel. Die Inschrift ist jedenfalls in nachreformatorischer Zeit entstanden, wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Bau oder der Restaurierung der Empore.
  2. Mt 28, 18.
  3. Ps 18, 5; Mt 10, 19.
  4. Ps 113, 9.
  5. Das Kirchenvermögen hieß auch nach der Reformation weiterhin „der Heilige“, die Vermögensverwalter „Heiligenpfleger“. Gemeint ist hier also, daß die Renovierung der Kirche aus dem Kirchenvermögen finanziert wurde.
  6. Jakob Veihel war von 1606 bis 1656 Pfarrer in Kuchen, insgesamt 57 Jahre im Amt, und starb 1656 im Alter von 82 Jahren. Sein Grabmal befand sich im späten 18. Jh. noch in oder an der Kuchener Kirche, vgl. Haid 624.
  7. Die Stange halten=beistehen, schützen, verteidigen, vgl. Deutsches Sprichwörterlexikon 4, Sp. 776.
  8. Nach 2 Mose 20, 1-17.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 424f.
  2. Burkhardt, Wollaib 150f.
  3. Scharfe, Ev. Andachtsbilder 169, 304 (Teile von Inschr. D).
  4. Heinkel 117.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 405† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0040500.