Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 368 Wiesensteig, Schloß 1600

Beschreibung

Wappentafel des Grafen Rudolf von Helfenstein und seiner Frau Anna Maria geborene Freiin von Staufen. Außen über dem Portal des einzig noch erhaltenen Südflügels. Fünf Werkstücke: querrechteckige Tafel, oben und unten von einem schmalen Sims, auf den beiden Seiten von schmalen Rahmenfeldern eingefaßt; auf der Tafel zwei große Vollwappen in hohem Relief, jeweils mit zwei Helmen; am oberen Rand, stellenweise von den Helmzierden unterbrochen, Inschrift (A); unten zwischen den beiden Schilden die Jahreszahl (B) und Steinmetzzeichen. Roter Sandstein, farbig gefaßt1.

Maße: H. ca. 130, B. 234, Bu. ca. 8, Zi. ca. 6 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    R(udolf) · G(raf) · Z(u) · H(elfenstein) · F(reiherr) · // Z(u) · G(undelfingen) · // A(nna) · M(aria) · // G(räfin) · Z(u)a) · // H(elfenstein) · G(eborene) · F(reiin) · // Z(u) · S(taufen)

  2. B

    16 (Stz. nr. 8) 00b)

Wappen:
Helfenstein-Gundelfingen2, Staufen3.

Kommentar

Der Balken des H ist nach oben ausgebuchtet, die Cauda des R beschreibt eine ausgeprägte Wellenlinie, Z hat einen Mittelbalken. Gegenüber der prächtigen Wappendarstellung läßt die Schriftanordnung zu wünschen übrig. Die Buchstaben müssen wiederholt dem Relief der Helmzierden ausweichen, was den Steinmetz zu Verzerrungen der Buchstaben zwang.

Anna Maria, Tochter Antons von Staufen und der Anna Wandelberta von Hohenlohe-Waldenburg, war die erste Frau des Grafen Rudolf V. Sie starb noch im selben Jahr, in dem die Wappentafel entstand, am 2. September 16004. Die Tafel dokumentiert, daß nach dem Beginn des Schloßbaus 1551 und dem vorläufigen Bauabschluß 1555 (vgl. nr. 264 †) noch bis zum Ende des 16. Jahrhunderts weitergebaut wurde, bis das Schloß seine endgültige Gestalt als Vierflügelanlage mit einem großzügigen Lustgarten erhielt. Graf Rudolf heiratete schon erstaunlich kurz nach dem Tod seiner ersten Frau am 5. Januar 1601 Anna Constanzia Gräfin von Fürstenberg5. Ein Wappenstein mit dem Allianzwappen des Paares und der eingehauenen Jahreszahl 1601 vom 1812 abgebrochenen Westflügel des Schlosses ist heute außen an der Westseite des Wiesensteiger Rathauses eingemauert6.

Textkritischer Apparat

  1. G · Z · in kleinerem Schriftgrad, der Wappendarstellung ausweichend.
  2. Die letzte Ziffer 0 zunächst als 7 verhauen oder nachträglich in eine 7 abgeändert. Eine plausible Erklärung für diesen Befund ließ sich noch nicht beibringen.

Anmerkungen

  1. Die jetzige Bemalung von 1953, vgl. Wurm, Chronik der Stadt Wiesensteig 20.
  2. Quadriert von Helfenstein und Gundelfingen. Fälschlicherweise sind nur die einzelnen Wappenbilder in den 4 Feldern in Courtoisiestellung linksgewendet, nicht aber der gesamte Schild.
  3. 3 (2:1) goldene gedeckte Schenkenbecher in Blau. Staufen i. Br. LKr. Breisgau-Hochschwarzwald.
  4. Europ. Stammtaf. NF XII Taf. 59; vgl. ebd. NF XI Taf. 126f.
  5. Vgl. die Sammlung historischer Notizen von „Referendär“ Jäger (StAL, E 258 VI, Spezialia, Konvolut 17: OA. Geislingen) nach nicht näher zitierten Angaben Schmidlins und Gabelkovers : „Anna Constantia …wurde 1601 in vigil. Epiph. novi stili getraut zu Wiesensteig …“. In Europ. Stammtaf. NF XII Taf. 59 ist dagegen der Todestag des Grafen Rudolf fälschlich als Hochzeitsdatum genannt. Auch die Angaben ebd. NF XI Taf. 127 (Stammtaf. Staufen) und in Europ. Stammtaf. V Taf. 16 (Stammtaf. Fürstenberg) sind entsprechend zu korrigieren.
  6. 1945 stark beschädigt, wieder ergänzt, vgl. Wurm, Chronik der Stadt Wiesensteig 20; Ziegler, Wiesensteig 75 (Abb.). Der Wappenstein wurde wohl anläßlich der Hochzeit angefertigt, nicht zur Kennzeichnung einer Baumaßnahme am Schloß.

Nachweise

  1. OAB Geislingen 270.
  2. Weitbrecht, Wanderungen 80.
  3. Klemm, Baumeister 170 nr. 387.
  4. Anton Nägele, Die letzten Helfensteiner und das alte Ave-Mariakirchlein im „Täle“. Beiträge zur Kunst- und Kirchengeschichte des oberen Filstals aus dem vatikanischen Archiv, in: Archiv für christl. Kunst 29 (1911) 56–61, 70–72, 76–79, 92f., 103f., 112–115, hier: 103.
  5. Ders., Helfensteiner Originalurkunde 148, 152 Anm. 12.
  6. Kdm Geislingen 207. Illig, Geschichte von Göppingen u. Umgebung II 148.
  7. Schmied, Wiesensteig 37 (Abb.).
  8. Burkhardt, Geschichte der Stadt Geislingen I, nach 448 (mit Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 368 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0036802.