Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 341 Göppingen, ev. Oberhofenkirche um 1593

Beschreibung

Epitaph für die Eheleute Caspar Sattler und Agnes geborene Dürr. Innen an der Westwand des nördlichen Querhauses. Hölzernes Triptychon, bemalt. Im geteilten Mittelfeld oben die Kreuztragung Christi, unten die im Gebet kniende Familie: links der Vater mit einem erwachsenen und zwei kleinen Söhnen, davor ein Vollwappen, rechts die Mutter, ein großes Holzkreuz schulternd, mit zwei erwachsenen und zwei kleinen Töchtern und einem weiteren Wappen. Die sieben Kinder sind mit Namenbeischriften in Schriftbändern versehen (A); die Mutter und die vier Kleinkinder sind ferner durch ein Sterbekreuz über dem Kopf als verstorben gekennzeichnet. Beide Flügel sind außen unbemalt, innen zeigt der linke Flügel eine Darstellung der schmerzenreichen Muttergottes mit Titulus (B) auf einer Schrifttafel, der rechte Flügel die hl. Agnes mit Lamm und Buch, ebenfalls mit Titulus (C); der untere Teil der Flügelinnenseiten ist heute leer. Vermutlich standen hier ursprünglich die Sterbeinschriften, die dann bei einer Restaurierung entfernt wurden. Schrift schwarz auf weißem Grund.

Maße: H. 115, B. (Geöffnet) 187, Bu. 0,9–1,3 (A), 1,5 (B), 0,9 bzw. 2,2 cm (C).

Schriftart(en): Fraktur (A, C), Kapitalis (B, C).

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    Hans=/Benhard · // Hans=/Jacob · / † // Christoff · / † //Maria Mag=/dalena: / † // Margareta: / † // Maria Cleoue: // Maria Salome:

  2. B

    VIRGO. / MARIA ·

  3. C

    SANCTA: / Agnes:

Wappen:
Sattler1, Dürr2.

Kommentar

Caspar Sattler, Sohn des Sindelfinger Stadtschreibers und späteren Untervogts Johann Sattler3, ist 1527 geboren. Er studierte in Tübingen4, war Notar der Universität Tübingen, dann 1562–64 Stadt- und Amtsschreiber in Brackenheim5. Anschließend übte er dieses Amt in Göppingen aus, bis er 1591 „wegen Blödigkeit des Gesichts und Alters“ zurücktrat. 1580 erscheint er als Kaiserlicher Notar6. 1558 hat er Agnes Dürr aus Schorndorf geheiratet, nach deren Tod (1592/93) in zweiter Ehe Anna Ziegler, er starb 16127.

Das Epitaph dürfte anläßlich des Todes der ersten Frau für diese angefertigt worden sein. Dafür spricht die Darstellung ihrer Namenspatronin Agnes. Ob ihre Sterbeinschrift die jetzt leeren Teile beider Flügelinnenseiten füllte oder ob der linke Flügel für die Sterbeinschrift ihres Mannes vorgesehen war, läßt sich nicht mehr entscheiden. Auf eine mit Sicherheit ursprünglich vorhandene Sterbeinschrift, die heute verloren ist, deutet der Umstand, daß andernfalls weder Sattler noch sine Frau auf dem Epitaph namentlich genannt, sondern lediglich durch ihr Wappen gekennzeichnet wären.

Die Darstellung der Verstorbenen als Kreuzträgerin ist ungewöhnlich, merkwürdig auch die Wiedergabe des Kreuzes mit links deutlich verkürztem Querbalken8.

Anmerkungen

  1. In Blau ein auf einem goldenen Ast stehender goldbewehrter auffliegender silberner Adler.
  2. In Grau (=Silber?) ein schwarzer entlaubter und entwurzelter Baum.
  3. Vgl. Peilsticker § 2793, 2795.
  4. Imm. als „Gasparus Sattler Waiblingensis“ 1543, bacc. 1550, mag. 1553, vgl. Matrikeln Tübingen I 311.
  5. Pfeilsticker § 2262.
  6. Ebd. § 2358.
  7. Ausführlich zur Person: Plieninger, Stadtschreiber 20–24.
  8. Zu frühen bildlichen Darstellungen kreuztragender Personen in der Nachfolge des kreuztragenden Christus vgl. Ute Ulbert-Schede, Das Andachtsbild des kreuztragenden Christus in der deutschen Kunst. Von den Anfängen bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts. Eine ikonographische Untersuchung, Diss. München 1961, 34, 125–127, 136–140.

Nachweise

  1. Fleischhauer, Renaissance 113.
  2. Reyle, Oberhofenkirche 12.
  3. Plieninger, Stadtschreiber 20, 21–23 Nr. 1 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 341 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0034101.