Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 276 Göppingen, ev. Oberhofenkirche 1563

Beschreibung

Grabplatte des Hans von Liebenstein. Innen an der Langhaus-Nordwand, 2. Stein von Osten; vor der 1983 abgeschlossenen Kirchenrestaurierung im Chor. Zwei Vollwappen in Flachrelief, von einer Inschrift – oben 3zeilig, unten 4zeilig – eingerahmt. Grauer Sandstein, Ränder stellenweise ausgebrochen und mit Zementmörtel ergänzt; der obere Rand scheint um etwa 2 cm beschnitten zu sein1.

Maße: H. 238, B. 98, Bu. 8,6 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Frakturelementen und Frakturversalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. Anno Domini 1563 / auff den ·6· Septe(m)bris / ist aus diser Zeit verschide(n) // der Edel vnd vest Hansz / von Liebe(n)stain dem Gott / ein frölich avfferstehvnng / [w]ölle verleÿhen Amen

Wappen:
Liebenstein, Göler von Ravensburg.

Kommentar

Die Schrift bewahrt noch weitgehend den Charakter der gotischen Minuskel. So fehlen etwa die für die Fraktur typischen Schwellschäfte bei f und langem s, deren Hasten noch auf der Grundlinie enden. Die Hasten sind nicht mehr an den Enden umgebrochen, sondern laufen, sich allmählich verbreiternd, weitgehend symmetrisch in Quadrangeln aus. a ist im Wortinnern stets einstöckig, der Bogen ist aber in strenger Form zur gebrochenen Haste umgebildet. Daneben findet sich ein zweistöckiges a am Wortanfang, dessen unterer Bogen in zwei Schwellzüge aufgelöst ist. Eindeutige Frakturelemente sind dann die zahlreichen Versalien, die Bogenrundungen bei b, d, h und v, einmal auch in der rechten Hälfte des o, sowie das aus dem kursiven Schleifen-s durch Auflösung der Bogenlinien in Schwellzüge umgeformte Schluß-s; u wird nur einmal verwendet, sonst steht durchweg v; vokalischer Lautwert wird dabei durch ein bogenförmiges diakritisches Zeichen angedeutet. Als Umlautzeichen für ö ist eine fast geschlossene Kreislinie über das o gesetzt; i-Punkte finden sich regelmäßig, y ist entsprechend mit Trema versehen. Der Kürzungsstrich ist gewellt.

Hans von Liebenstein war der Sohn des Marbacher Vogts Hans von Liebenstein und der Notburga von Ahelfingen. In erster Ehe war er mit Susanna von Sachsenheim in zweiter mit Radegunde von Freyberg verheiratet2. Seine dritte Frau Veronika war die Tochter Albrecht Gölers von Ravensburg (1509–42) und der Dorothea von Liebenstein3. Als Ortsherr von Jebenhausen führte Hans von Liebenstein dort 1559 nach langem Zögern unter dem maßgeblichen Einfluß Jakob Andreäs, des Spezialsuperintendenten von Göppingen, die Reformation ein. Er ist der Erbauer des Liebensteinischen Stadthauses in Göppingen, des sog. „Storchen“4.

Anmerkungen

  1. Anders läßt sich der jetzige Befund kaum erklären, daß die Schrift der ersten Zeile so dicht an den Rand gerückt ist.
  2. Vgl. Schilling von Cannstadt. Geschlechts Beschreibung 367. Radegundes Epitaph in Donzdorf, vgl. nr. 251.
  3. Vgl. Möller, Stammtaf. III Taf. 128.
  4. Bauzahl 1536 am Portal der Nordwestseite; vgl. Herbert Moser von Filseck, Das Stadthaus der Herren von Liebenstein in Göppingen, in: Hohenstaufen 9 (1975) 81–95, hier: 87; ferner: nrr. 240 †, 245 †. Näheres zur Person: Plieninger, Stadtschreiber 100–102.

Nachweise

  1. Kdm Göppingen 37f.
  2. Plieninger, Stadtschreiber 100–102 Nr. 23 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 276 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0027609.