Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 212† Donzdorf, kath. Pfarrkirche St. Martin vor 1522?

Beschreibung

Wandmalerei mit Darstellung von Angehörigen der Familie von Rechberg. In der „Ramsperger capell“1. „An der wand nach ain ander gemalt“ insgesamt elf Personen, vermutlich im Gebet kniend, jeweils mit Namenbeischrift (wohl zu Häupten) und mit Wappen „darunder“. Die ersten beiden Ritter „jnn aim küris vnd grawen har“, die fünfte und die sechste Person Knaben („baid tanquam pueri“), die beiden letzten junge Mädchen („klain“), beide mit „krenzlin vff“.

Beschreibung und Wortlaut nach Gabelkover.

  1. Hug // fraw Agnes // Herr Albrecht Ritter // fraw Elisabeth // Philip von Rechberg // Friz // Wolf Dieterich // Fraw Barbara // Jungfraw Magdalen // Mag[. . .]a) // Elisabeth

Wappen:
Rechberg, Thierstein, Rechberg, Aspremont, Rechberg, Schienen, Neipperg, Rechberg, Marschall von Pappenheim, Altmannshofen2, leerer Schild.

Kommentar

Auftraggeber des Wandgemäldes dürfte Philipp von Rechberg von Hohenrechberg zu Ramsberg, gen. der Lange, gewesen sein, der zusammen mit seiner Frau Barbara geborene von Rechberg zu Kronburg und mit seinen Großeltern und Eltern in absteigender Reihe dargestellt ist. Hinter Philipp sind junge männliche, hinter seiner Frau junge weibliche Verwandte, wohl durchweg Neffen und Nichten, eingereiht. Gabelkover gibt in eigenhändigen Nachträgen bereits wichtige diesbezügliche Hinweise: Fritz von Schienen „ex sorore nepos“, d. H. Sohn der Agnes von Rechberg, einer Schwester Philipps, und Hugos von Schienen3; Wolf Dietrich von Neipperg ebenfalls „ ex sorore nepos“, Sohn von Philipps Schwester Margarethe († 1536) und Diethers von Neipperg († 1541)4. Magdalena Marschällin von Pappenheim „ex sorore neptis, Wilhelmi a Bappenheim Filia“5, also die Tochter Wilhelms Marschall von Pappenheim († 1508) und der Magdalena von Rechberg, einer weiteren Schwester Philipps. Magdalena oder Margarethe von Altmannshofen war eine Nichte von Philipps Frau6, Tochter der Ursula von Rechberg zu Kronburg und des Moritz von Altmannshofen. Das letzte Mädchen in der Reihe läßt sich wegen des fehlenden Wappenbildes nicht genealogisch einordnen. Die Auswahlkriterien, nach denen die jungen Verwandten Philipps und seiner Frau zusammengestellt sind, bleiben unklar. Da genauere Lebensdaten zu den Kindern fehlen, ergibt sich auch kein Hinweis zur näheren Datierung des Gemäldes. Immerhin war, als das Bild entstand, wohl bereits abzusehen, daß die Ehe Philipps und Barbaras kinderlos bleiben und somit die Ramsberger Linie aussterben würde. Die abgebildeten Neffen und Nichten waren möglicherweise als Erben ausersehen. Für eine Anfertigung des Familienbildes noch zu Lebzeiten Barbaras, also vor 1522, spricht m. E. die Berücksichtigung auch einer ihrer Nichten7.

Textkritischer Apparat

  1. Magdalen vel Margreth Gabelkover, das Wortende war demnach verstümmelt.

Anmerkungen

  1. Nicht, wie Schön, Einstige Ausschmückung 71 irrtümlich annimmt, in der Schloßkapelle auf dem Ramsberg. Derselbe Irrtum bei Gaier und Müller (wie unten). Damit erledigt sich auch die Vermutung, ein bei Baumaßnahmen auf Burg Ramsberg freigelegter Quader mit Resten figürlicher Wandmalerei (Frau mit Früchtekorb) könnte mit dem Rechbergerbild zusammenhängen und somit aus der alten Burgkapelle stammen; vgl. Eugen Wiedenmann, Neues über Staufeneck und Ramsberg, in: Hohenstaufen 9 (1975) 56–72, hier: 69.
  2. Alberti 16. Der Wappenbeschreibung Gabelkovers ist zu entnehmen, daß es sich um ein Vollwappen handelte (Hirschrumpf auf dem Helm abweichend von Alberti wie im Schild rot, nicht golden). Die übrigen Wappen dürften daher auch mit Oberwappen versehen gewesen sein.
  3. Vgl. Stammtaf. d. mediatisierten Häuser 17 Taf. 6.
  4. Der Name dieses Sohnes erscheint nicht in den Stammtaf. d. mediatisierten Häuser 11 Taf. 3. Wolf Dietrich dürfte einer der drei dort nicht namentlich aufgeführten Söhne sein. Der älteste Sohn aus dieser Ehe ist 1507 geboren, vgl. ebd., so daß die Angabe des Hochzeitsjahrs 1518 in Stammtaf. d. mediatisierten Häuser 17 Taf. 6 nicht stimmen kann.
  5. „(F)ilia“ verbessert aus „uxor“.
  6. „Barbarae uxoris Philippi ex sorore neptis“.
  7. Hummel, Christus in der Kelter 110 geht von einer Entstehung „mit Sicherheit” nach 1522 aus, da Barbaras Todesjahr „auf dem Bild ausdrücklich in einer Beischrift erwähnt“ wird. Abgesehen davon, daß Hummel die Wandmalerei wie schon alle Autoren vor ihm in die Schloßkapelle auf dem Ramsberg verlegt, findet sich in den Gabelkoverschen Notizen nirgends ein Hinweis auf dieses angeblich beigeschriebene Sterbejahr. Dieselben falschen Angaben bei Hummel, Wandmalereien Kr. Göppingen 118, dort sogar die Behauptung: „Die Bilder zeigten die Verstorbenen mit ihren Wappen und Angaben zum Todesdatum“ und seien „wohl als Ersatz für Steinepitaphe“ gedacht gewesen. Vielleicht liegt eine Verwechslung vor mit der Sterbeinschrift auf der Grabplatte Philipps und Barbaras von Rechberg, die sich ebenfalls in der Ramsberger Kapelle der Donzdorfer Kirche befand (nr. 221 †) und von Gabelkover an gleicher Stelle überliefert wird.

Nachweise

  1. Gabelkover (HStAS, J1 Nr. 154/15, Umschlag 329: v. Rechberg) fol. 8r.
  2. Schön, Einstige Ausschmückung 71.
  3. Fr. Müller, Schloß und Herrschaft Ramsberg, in: Stauferland Jg. 1959 Nr. 4.
  4. Gaier, Kapelle bei Schloß Ramsberg (II).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 212† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0021205.