Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 188 Adelberg-Kloster, ev. Kirche (ehem. Klosterkapelle St. Ulrich) um 1507

Beschreibung

Wandgemäldezyklus mit Darstellung der Klostergründungsgeschichte. Innen an der Langhaus-Nordwand. Sechs annähernd quadratische Bildfelder in zwei Reihen, die beiden rechten Felder durch die Fensteröffnung (anstelle der früher hier angebrachten Kanzel) von den übrigen abgetrennt. Unmittelbar unter der Decke auf einer über die gesamte Breite des Gemäldes durchgezogenen Schriftleiste eine Überschrift (A), unter den eingerahmten Bildfeldern – außer dem letzten rechts unten – jeweils eine Schriftkartusche mit 2zeiligen erklärenden Beischriften (B–F). 1744 wurde der gesamte Zyklus barock übermalt, dabei wurden sowohl die Bilder verändert als auch die Inschriften völlig neu formuliert und ausgeführt, so daß der heutige Zustand lediglich die ursprüngliche Anordnung und Raumaufteilung widerspiegeln dürfte. Die Bildszenen: 1. Stifter Volknand von Ebersberg, durch ein Wappen bezeichnet, mit einer Gruppe von Mönchen in einer bewaldeten Landschaft mit Burg und ummauerter Kapelle im Hintergrund; 2. Die gleiche Szene mit Prämonstratensern; 3. Eine Gruppe von Prämonstratensern beginnt mit Aushubarbeiten, dabeistehend der hl. Andreas mit Schragenkreuz; 4. Volknand kniend vor einer halbfertigen Kirche, rechts stehend ein König und zwei weitere Laien, mit einem Wappen bezeichnet; 5. Bischof mit Ministrant bei der Altarweihe in einer halbfertigen Kirche, daneben links der kniende Stifter mit Wappen und rechts stehend ein König und zwei Laien, ebenfalls mit Wappen; 6. Prämonstratenser mit Sammelbeutel auf dem Weg aus dem Klosterhof.

Der ursprüngliche Wortlaut der Inschriften im folgenden nach Crusius, der den vorbarocken Zustand festgehalten hat.

Maße: H. ca. 370, B. 797, Bu. (heutiger Zustand) 8 (A), 3 cm (B–F).

Schriftart(en): Fraktur.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. A

    Anfang diß Gottshauß Adelberg wie es dann von dem Freyherrn von Ebersperg genannt Volcknandus angefangen vnd zu dem erstena) den grauwen Brüdern vnd zuletzt dem Orden von Praemonstrat[. . .]b)

  2. B

    Volcknandus ein anfänger diß Gottshauß / gibt den grauwen Brüdern die Hoffstatt.c)

  3. C

    Volcknandus gibt hie die Hoffstatt den Premonstratern von [. . .]d)

  4. D

    Brüder von Roggenburg sind geführt vom Thal auff den Berg / das Gottshauß zu bauwene)

  5. E

    Hie vbergibt Volcknandus, ein anfänger diß Gottshauß / den Bauw den [. . .]f)

  6. F

    Hie wirdt der Fronaltar geweihet / in beysein der Hertzogen von Schwaben.g)

Wappen:
Ebersberg; Ebersberg; Ebersberg, Schwaben; Ebersberg, Schwaben.

Kommentar

Die Gemälde und Inschriften schildern Szenen aus der Gründungsgeschichte des Prämonstratenserstifts Adelberg. Als Vorlage dienten höchstwahrscheinlich eine Fundatio und drei Dedikationsberichte aus der Zeit um 1240, die in einem Adelberger Kodex in einer Abschrift von 1498/99 überliefert sind1. Stifter Volknand von Staufen – erst seit dem 15. Jahrhundert nach Ebersberg/Ebersbach benannt – könnte nach den Untersuchungen W. Zieglers2 aus dem Geschlecht der Toggenburger stammen und eine Stauferin zur Mutter haben, was seinen Beinamen, das besondere Interesse und die Beteiligung von Kaiser Friedrich I. und von dessen Söhnen an der Gründung des Stifts erklären würde. Die Inschriften beziehen sich auf folgende historischen und legendären Begebenheiten3: Volknand von Staufen bot (um 1170?) einer Gruppe von Mönchen „grisei habitus“, vermutlich Zisterziensern, sein Hofgut mit der 1054 geweihten Ulrichskapelle zur Gründung und Errichtung eines Klosters an. Nach deren Ablehnung erfolgte mit kaiserlicher Unterstützung ein zweiter Gründungsversuch (1173/74) mit Prämonstratensern aus Rot a. d. Rot, der am Festhalten Volknands an Patronatsrecht und Stiftervogtei scheiterte (im Gemäldezyklus nicht berücksichtigt). Erst der dritte Anlauf mit Prämonstratensern aus Roggenburg unter dem Propst Ulrich (1178) war erfolgreich; der Hl. Andreas zeigte nach der Gründungssage einem Mönch den richtigen Ort für die Klosteranlage an; 1181 übergab Volknand das Stift in den kaiserlichen Schutz4; 1188 nahm Bischof Hermann von Münster, Graf von Katzenelnbogen (1173–1203), im Beisein Kaiser Friedrichs I. und von dessen Söhnen Heinrich, Friedrich und Philipp die Weihe des Marien- und Ulrichsaltars in der noch unvollendeten Klosterkirche vor. Volknand dürfte zum Zeitpunkt der Weihe bereits tot gewesen sein5, das 5. Wandgemälde stellt ihn dagegen noch lebend dar. Die Kirchweihe erfolgte erst 1202 durch den Bischof von Beirut, abschließend wurde die Ulrichskapelle neu errichtet und 1227 geweiht.

Die Wandbilder sind in ihrer ursprünglichen Form sicherlich noch in vorreformatorischer Zeit entstanden, wahrscheinlich bald nach Vollendung des Kapellenbaus, also um 15076.

Textkritischer Apparat

  1. Danach ein durch das Fenster bedingter Zwischenraum.
  2. Rest offenbar vergangen. Jetziger Wortlaut: Stiftung des Klosters Adelberg · Praemonstratenser · 1178 von Volcknando Freyherrn von Eberspach angefangen.
  3. Jetziger Wortlaut: Volcknandus bietet den Eremiten die hoffstat an, / die Sie aber nicht annahmen.
  4. Inschrift wohl nicht mehr vollständig; heutiger Befund: Volcknandus übergibt denen Praemonstratensern / zu Rockenburg die Hoffstatt.
  5. Jetziger Wortlaut: Brüder von Rockhenburg sind geführt, / Von hie uff den berg dis Gotteshauß zu bawen.
  6. Restliche Inschrift verblaßt oder (durch die nachträglich vergrößerte Türöffnung?) zerstört. Jetziger Wortlaut: Volcknandus übergibt, das Gottes Hauß denen / Hertzogen von Schwaben, in Ihren Schirm.
  7. Heutiger Befund: Hier wird der KronAltar [!] geweyht, in beysein / der Hertzogen von Schwaben.

Anmerkungen

  1. München, Bayer. Staatsbibl., Clm. 15330, fol. 107–111; ed. Botho Odebrecht, Kaiser Friedrich I. und die Anfänge des Prämonstratenserstifts Adelberg, in: ZWLG 6 (1942) 44–77, hier: 68–77.
  2. Der Gründer Adelbergs 45–93. Dort auch ausführliche Behandlung der Gründungsgeschichte von Adelberg. Zur Stauferabkunft Volknands zuletzt skeptisch: Klaus Graf, Staufer-Überlieferungen aus Kloster Lorch, in: Von Schwaben bis Jerusalem. Facetten staufischer Geschichte, hg. v. Sönke Lorenz u. Ulrich Schmidt (Veröff. d. Alemannischen Instituts Freiburg i. Br. 61) Sigmaringen 1995, 209–240, hier: 238 Anm. 182.
  3. Dazu ausführlich Ziegler, Der Gründer Adelbergs 64–68.
  4. MGH DF. I. 811 (1181 V 25).
  5. So jedenfalls Ziegler, Der Gründer Adelbergs 66, 70.
  6. Entstehungsjahr der ersten Glocke, vgl. nr. 186. Deutsch, Adelberger Bildhauerwerkstatt 85f. Anm. 31 will die Wandmalereien „nach Stil und Ornament zu schließen, zur Zeit Abt Wernhers (1547–1565), eher später als früher, doch mit Sicherheit etliche Jahre vor dem Besuch des Martin Crusius (1588)“ entstanden wissen, doch weist die Thematik der Gründungsgeschichte und des damit zusammenhändenden Stiftergedenkens m.E. eindeutig in die Zeit vor der Einführung der Reformation.

Nachweise

  1. Crusius, Ann. Suev. III 814f.
  2. Rommel, Adelberga illustre coenobium (HStAS, J1 Nr. 238) fol. 131rv.
  3. Moser II 373.
  4. Schmid, Fußwanderung 20f.
  5. Müller, Kloster Adelberg 10–12.
  6. Illig, Geschichte von Göppingen u. Umgebung II 172–181, Abb.
  7. Kirschmer, Chronik von Adelberg 47, 78.
  8. Akermann/Ziegler, Kloster Adelberg 11–15, Abb.
  9. Kettenmann, Sagen 18, 15 Abb.1.
  10. Ziegler/Vollmer, Kloster Adelberg 4–8.
  11. Hummel, Wandmalereien Kr. Göppingen 96, Abb. 61.
  12. Akermann, Aller schwäb’schen Berge schönster 53, 58 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 188 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0018804.