Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 187† Süßen-Großsüßen, ev. Pfarrkirche (St. Ulrich) 1507

Beschreibung

Hochaltar aus der Werkstatt des Bartholomäus Zeitblom. Im Chorhaupt; 1786 angeblich noch vorhanden1, Verbleib unbekannt. Geschnitzter und bemalter Retabelaltar. Als Aufsatz geschnitzte Kreuzigungsgruppe; am Retabelgehäuse oberhalb der Flügel zwei Felder mit aufgemalten lateinischen Bibelsprüchen (A), im Gehäuse vor blattvergoldeter Rückwand fünf geschnitzte Heiligenfiguren mit Namenbeischriften, vermutlich in den Nimben (B); unter der mittleren Figur datierte Künstlersignatur (C); auf den Außenseiten der Flügel Darstellung der Verkündigung Mariae: auf dem linken Flügel Erzengel Gabriel mit den beigeschriebenen Grußworten (D) und mit Gewandsauminschriften (E), auf dem rechten Flügel Maria mit beigeschriebenen Worten neben ihrem Kopf (F) und mit Gewandsauminschriften (G), auf einer kleinen Tafel vor ihr ein Bibelspruch (H), schließlich auf einem an einem Gestell aufgehängten schmalen und langen Handtuch eine unzusammenhängende Buchstabenfolge „in 3 Linien“ (I); auf den Innenseiten der Flügel links Darstellung der Wolfgangs-, rechts der Nikolauslegende, vermutlich in mehreren Bildfeldern und offenbar ohne Inschriften, in der Predella Gemälde mit dem unter der Last des Kreuzes zusammenbrechenden Christus, ebenfalls ohne Inschrift.

Beschreibung und Wortlaut nach Wollaib.

  1. A

    Exodi 3. Apparuit Moysi Dominus in flamma ignis / de medio rubi et videbat quod rubus arderet et non combureretur dixitq(ue) / Moyses vadam et videbo visionem / hanc magnam quare non comburatur rubus2) //Locutus est Moyses ad filios Jsrael et dederunt ei omnes Principes virgas per singulas tribus quas cum posuisset Moyses coram Domino in tabernaculo testimonij sequenti die regressus invenit germinasse virgam Aaron3)

  2. B

    Santus Nicolaus / Sant Margreth / Sant Ulrich / Sant Anleata) / Sant Wolfgang

  3. C

    Barthlome Zeitlomb) / 1507

  4. D

    Ave gratia plena D(omi)n(u)s tecum4)

  5. E

    SPIRITVS SANCTVS SVPERVENIAT IN TE5) / VAMRN. MARIA. TNR. W. B. I.c)

  6. F

    Fiat mihi secundum verbum tuum6)

  7. G

    QVOMODO FIAT ISTVD QVONIAM VIRVM NON COGNOSCO7) / QVOMODO FIAT ISTVD QVONIAM

  8. H

    Esaiae capitulo septimo. Ecce virgo concipiet et pariet filium et vocabit nomen ejus Jmmanuel. butyrum et mel comedet ut sciat reprobare malum et eligere bonum8)

  9. I

    ORNT · IAI · SGN · IA · MPVTREA · IAM · TGId)

Übersetzung:

Der Herr ist Moses erschienen in einer Feuerflamme inmitten eines Dornbuschs, und er sah, daß der Dornbusch brannte und nicht zu Asche wurde, und da sprach Moses: Ich will gehen und werde diese große Erscheinung anschauen, warum der Dornbusch nicht verbrennt. Moses hat gesprochen zu den Söhnen Israels, und es haben ihm alle Fürsten Stäbe gegeben, je einen für die einzelnen Stämme; als Moses diese niedergelegt hatte vor dem Herrn im Zelte des Gesetzes, entdeckte er am folgenden Tag bei seiner Rückkehr, daß der Stab Aarons gesproßt hatte. – Es geschehe mir nach deinem Wort. – Wie soll das vor sich gehen, da ich doch von einem Mann nichts weiß? – Siehe, die Jungfrau wird schwanger sein, und sie wird einen Sohn gebären und ihm geben den Namen Immanuel. Butter und Honig wird er essen, damit er versteht, das Schlechte zu verschmähen und das Gute zu wählen.

Kommentar

Im Bearbeitungsgebiet hat sich ein Retabelaltar aus der Zeitblom-Werkstatt erhalten, der zum Vergleich heranzuziehen ist (Adelberg, vgl. nr. 193). Der Süßener Altar wurde in nachreformatorischer Zeit von den Evangelischen weiterverwendet, allerdings nur an den Hochfesten und bei der Abendmahlsfeier. Für die gewöhnlichen Gottesdienste diente ein kleiner Altar unter dem Chorbogen9.

Textkritischer Apparat

  1. Wollaib merkt an: „Mag wohl Anicetus heißen sollen“.
  2. So Wollaib mit der Anmerkung: „welches Sculptoris oder Pictoris Nahm seyn wird“, Bartholomä Zeitlon Haid.
  3. Sinnlose Buchstabenfolge. T nach Wollaibs Transkription mit sichelförmigem Schaft.
  4. Als Worttrenner sechsstrahlige Sternchen oder Rosetten. Sinnlose Buchstabenfolge.

Anmerkungen

  1. Nach Kdm Geislingen 130 soll der Altar zusammen mit der gesamten übrigen Kirchenausstattung bei dem Kirchenbrand im Jahre 1707 untergegangen sein. Dem steht entgegen, daß Haid den Altar noch 1786 am alten Standort erwähnt und die Künstlersignatur mit Datierung überliefert (vgl. Anm. b). Vermutlich hat jedoch Haid die Angaben aus Wollaibs Paradysus Ulmensis übernommen und lediglich ungenau wiedergegeben.
  2. Ex 3, 2–3.
  3. Num 17, 6–8.
  4. Lc 1, 28.
  5. Lc 1, 35.
  6. Lc 1, 38.
  7. Lc 1, 34.
  8. Is 7, 14–15.
  9. Vgl. Wollaib, Par. Ulm. 457.

Nachweise

  1. Wollaib, Par. Ulm. 455–457.
  2. Haid 621.
  3. Burkhardt, Wollaib 151f.
  4. Ziegler, Von Siuzun bis Süßen 106, 108.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 187† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0018707.