Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 158† Treffelhausen (Gde. Böhmenkirch), kath. Pfarrkirche St. Vitus 15. Jh. (?)

Beschreibung

Wandmalereien. Überlebensgroße Darstellung des hl. Christophorus mit dem Jesuskind. Außen am Chor der 1859 abgebrochenen Kirche, „so groß gemahlen, als die Höhe der Chormauer ist“1. Der Heilige durchschreitet einen Fluß; unter dem Bild aufgemalte Versinschrift. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch fragmentarisch erhalten.

Wortlaut nach Rink2.

  1. Christophore Sancte virtutes sunt tibi tantaeQui te mane videt nocturno tempore ridet.

Übersetzung:

Heiliger Christophorus, so groß sind deine Kräfte: wer dich morgens erblickt, kann auch zur Nachtzeit noch lachen.

Versmaß: Leoninische Hexameter.

Kommentar

Die Inschrift nimmt auf den Volksglauben bezug, nach dem der Anblick des Christophorus vor plötzlichem Tod bewahren sollte. Um diesen Anblick zu garantieren, wurden die Christophorusbilder besonders groß und damit weithin sichtbar ausgeführt. Derartige überlebensgroße Darstellungen des Heiligen als Christusträger sind ab dem 12. Jahrhundert reichlich bezeugt, ab etwa 1300 auch im schwäbischen Raum3. Zusätzliche Inschriften, die die unheilabwendende Funktion des Heiligenbildes zum Inhalt haben, lassen sich auch schon seit dem Ende des 12. Jahrhunderts/Anfang des 13. Jahrhunderts nachweisen4. Die aus Treffelshausen überlieferten Verse waren im Spätmittelalter weit verbreitet5. Dies zusammengenommen mit der von Rink bezeugten bewegten Haltung des schreitenden Heiligen – ältere Darstellungen zeigen Christophorus meist frontal und unbewegt – weist auf eine Entstehung des Gemäldes im späten 14. oder eher noch im 15. Jahrhundert hin. Urkundlich bezeugt ist die Treffelhausener Kirche erstmals 12756.

Anmerkungen

  1. Rink (wie unten).
  2. Vielleicht stützt sich bereits Rink auf ältere Aufzeichnungen, da er von der Inschrift nur mehr in der Vergangenheitsform bemerkt: „unten las man die lateinischen Reime . . .“.
  3. Vgl. F. Werner, Art. „Christophorus“, in: LCI 5, Sp. 496–508, bes. 500; Reclams Lexikon der Heiligen und der biblischen Gestalten. Legende und Darstellung in der bildenden Kunst, Stuttgart 1968, 89 und grundlegend Hans-Friedrich Rosenfeld, Der hl. Christophorus. Seine Verehrung und seine Legende. Eine Untersuchung zur Kultgeographie und Legendenbildung des Mittelalters (Acta Academiae Aboensis, Humaniora X,3), Helsingfors 1937, bes. 392ff., 410, 423ff. Zuletzt hierzu H. Fuhrmann, Guter Tod – schlimmer Tod, in: Bilder erzählen Geschichte, hg. v. H. Altrichter, Freiburg i. Br. 1995, 149–165, bes. 154–157. Den Hinweis verdanke ich Herrn Dr. Sebastian Scholz, Mainz.
  4. So z.B. im Wormser Dom, vgl. DI 29 (Worms) nr. 30. Die Inschrift besteht dort ebenfalls aus zwei leoninischen Hexametern. Rosenfeld (wie Anm. 3) 420 nennt als frühestes epigraphisches Beispiel ein um 1220 entstandenes Wandgemälde in der Kollegiatkirche zu Biasca (Kt. Tessin): CHRISTO VISA FORI MANVS EST INIMICA DOLORI.
  5. So jedenfalls ebd. 420; vgl. auch Walther, Initia carminum 137 nr. 2755.
  6. LdBW III 282.

Nachweise

  1. Rink, Familien-Geschichte, Urkundenbuch, 2. Anhang, Kap.V.6.
  2. Hummel, Wandmalereien Kr. Göppingen 120.
  3. Lang/Oßwald, Böhmenkirch I 229.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 158† (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0015806.