Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 152 Göppingen, Städt. Museum im „Storchen“ vor 1500, 1518 (?)

Beschreibung

Totenschild des Wilhelm von Zillenhart. Um 1960 auf einer Stuttgarter Kunstauktion erworben1. Herkunft vermutlich aus der Dürnauer Pfarrkirche2. Runde Holztafel mit aufgemalter Umschrift zwischen aufgeleimten Halbrundleisten; im blau grundierten Mittelfeld ein geschnitztes und bemaltes linksgewendetes Vollwappen, von zwei kleinen Engeln gehalten; über der Tafel zwei weitere geschnitzte Engelsfiguren als Schildhalter. Beginn der Umschrift links oben; Schriftgrund rot, Schrift golden mit schwarzer Kontur. Der ursprüngliche Schriftbefund ist durch Restaurierungen, zuletzt wohl durch völlige Übermalung und Neufassung, stellenweise mit Sicherheit verfälscht; das Wappen ist falsch tingiert.

Maße: Dm. 103,5, Bu. 7,5–8,0 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften; Städt. Museum im Storchen, Göppingen [1/1]

  1. Anno d(omi)ni m c°c°c°c°a) 〈1518〉b) starb de(r)c) edlnd) vnd streng her wilham vo(n) zilnhart ritt(er) de(m) gote)

Wappen:
Zillenhart.

Kommentar

Die starke Überarbeitung der Schrift läßt keine paläographische Beurteilung mehr zu. Immerhin lassen einige Abkürzungen und Ligaturen erkennen, daß der Schriftausführung des Restaurators eine zeitgenössische Inschrift als Vorlage diente. Der Nachtrag des Todesjahrs in arabischen Ziffern hinter der vorbereiteten Jahrhundertangabe m c°c°c°c° deutet wie das Fehlen des Todestags auf eine Anfertigung des Totenschilds und seiner Inschrift noch zu Lebzeiten Wilhelms von Zillenhart, näherhin schon vor der Jahrhundertwende, hin.

Wilhelm von Zillenhart, Sohn Wolfs von Zillenhart († 1483) und der Clara von Ellerbach3, erwarb 1478 die Burg in Dürnau von den Herren von Westerstetten und ein Jahr später die Ortsherrschaft von Württemberg und wurde zum Stifter der Dürnauer Linie seiner Familie4. In württembergischen Diensten bekleidete er bedeutende Ämter, die ihm beim Erwerb der Herrschaft Dürnau zugute gekommen sein dürften: 1478–79 war er Vogt zu Kircheim/Teck, 1479–81 Landhofmeister des Grafen Eberhard d. J., 1481 wird er als württembergischer Rat genannt, 1494/95 als Frauenzimmerhofmeister5. Er war verheiratet mit Anna von Vellberg. Da sein Todesdatum anderweitig nicht überliefert zu sein scheint, ist nicht auszuschließen, daß der Totenschild, der ursprünglich für ihn bestimmt war, später mit dem Sterbejahr seines gleichnamigen Sohnes versehen und so auf diesen umgewidmet wurde. Wilhelm d. J. ist 1513 gestorben6, die letzte Ziffer der Jahreszahl könnte bei einer Restaurierung versehentlich in eine 8 abgeändert worden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Die hochgestellten o jetzt nur mehr als kleine Quadrate ausgeführt.
  2. Mit Sicherheit erst nachträglich eingefügt, wie die vorangehende, für einen Nachtrag vorgesehene Jahrhundertangabe in römischen Zahlzeichen zeigt. Die jetzige einheitliche Übermalung der gesamten Inschrift erlaubt vom Schriftbefund her keine Kontrolle.
  3. Waagerechter Kürzungsstrich, wohl anstelle eines ursprünglichen r-Hakens.
  4. Kürzungsstrich über n. Die Stelle vermutlich bei einer Restaurierung verderbt.
  5. Danach zu ergänzen: gnad. Im leeren Raum zwischen got und Anno vielleicht ursprünglich eine entsprechende Abkürzung oder aber ein Invokationskreuz als Auftakt der Umschrift; jetzt keine Spuren mehr zu erkennen.

Anmerkungen

  1. Vgl. Gaier (wie unten).
  2. Die OAB Göppingen 172 bezeigt 1844 noch vier Totenschilde in der Dürnauer Kirche, die an der Südwand gegenüber den zillenhartschen Epitaphien aufgehängt waren. Sie wurden 1880 nach Eybach ins Schloß der Grafen von Degenfeld-Schonburg verbracht, vgl. nr. 12. Wilhelm von Zillenhart wurde in der Göppinger Oberhofenkirche begraben (so jedenfalls Rueß/Kettenmann, Städt. Museum 37), doch schließt dies die Anfertigung eines Totenschilds – zumal zu Lebzeiten Wilhelms – für die Dürnauer Kirche keineswegs aus.
  3. Biedermann, Ottenwald, tab. CCLXXVIII.
  4. LdBW III 285.
  5. Vgl. Pfeilsticker § 1091, 2485; bereits 1469–71 war er Rat: ebd. § 1135.
  6. Freundl. Mitteilung von Herrn Kreisarchivar Walter Ziegler.

Nachweise

  1. Museum Göppingen. Führer 38f. (m. Abb.).
  2. Akermann, Kunstwerke im LKr. Göppingen 31 (Abb.).
  3. Albert Gaier, Die Geschichte der Ritter von Zillenhart in Nord-Württemberg und Nord-Baden, o.O. [Göppingen] o. J., IV/50 (m. Abb.).
  4. Rueß/Kettenmann, Städt. Museum 37f. (m. Abb.).
  5. Der Kreis Göppingen 21985, Abb. 116.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 152 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0015204.