Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 148 Schlierbach, ev. Pfarrkirche (St. Georg) 1499

Beschreibung

Glocke aus der Esslinger Gießhütte Pantlion Sidlers. Im Glockenstuhl des Turms. Schulterinschrift zwischen Kordelstegen; als Worttrenner paragraphförmig ausgezogene Quadrangeln.

Maße: H. 85, Dm. 111, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

  1. + per · signvm · thav · T · a · peste · et · fame · libera · nos · Ie(sv)s · chr(istvs)a) · hic · est · titvlvs · trivmphans · T · I · n · r · i · gos · mich · pantlion · sidler · von · esslingen · im · 1499

Übersetzung:

Durch das Tau-Zeichen T befreie uns von Pest und Hunger, Jesus Christus; dies ist der Siegestitel: T, INRI (Jesus von Nazareth, König der Juden).

Kommentar

Das Kreuzzeichen in Form des Tau-Kreuzes (T) und das I im nomen sacrum Iesvs und im Kreuztitulus sind als Majuskeln mit kräftiger keilförmiger Verdickung der Hasten- und Balkenenden ausgeführt. Dasselbe Formular kehrt auf einer Sidler-Glocke von 1506 in der ev. Pfarrkirche Hohengehren (Gde. Baltmannsweiler, LKr. Esslingen) wieder, dort ist allerdings die Anrufung des Heilands korrekt in den Vokativ gesetzt1. Von der Anbringung des heilbringenden Kreuzsymbols auf der Glocke versprach man sich apotropäische Wirkung. Der Kreuztitulus in gleicher Funktion findet sich bereits auf Glocken des 13. Jahrhunderts2. Das Tau-Kreuz ist ferner, und darauf zielt auch der Wortlaut der Inschrift, ein Attribut des Schutzpatrons gegen die Pest, des hl. Antonius.

Die Glocke wurde für den Neubau der Kirche gegossen, die seit 1465 dem spital Kirchheim (unter Teck) inkorporiert war. 1497 wurden Chor und Langhaus, 1498 der Turm errichtet3. Die eingehauene Bauzahl 1498 befindet sich innen über dem Durchgang vom Dachboden zum Turm unter einem Eselsrückenbogen. 1508 erhielt die Kirche eine zweite Sidler-Glocke (nr. 190).

Textkritischer Apparat

  1. In der „griechischen“ Form des nomen sacrum: Ihs · xp, jeweils mit Kürzungsstrich.

Anmerkungen

  1. Dt. Glockenatlas WürttHohenzollern nr. 561.
  2. Glocke von 1234 in Helfta bei Eisleben (Thüringen), vgl. Otte, Glockenkunde 124.
  3. Kdm Göppingen 146.

Nachweise

  1. Kdm Göppingen 147.
  2. Glockenbeschlagnahme 1917 OA. Göppingen (LKA, A 26, 1484,5).
  3. Dt. Glockenatlas WürttHohenzollern nr. 691.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 148 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0014800.