Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 141 Hohenstaufen (Stadt Göppingen), ev. Pfarrkirche 1497

Beschreibung

Glocke des Esslinger Gießers Pantlion Sidler. Im Glockenturm. Aus der bis 1838/39 als Pfarrkirche genutzten Jakobskirche, dem sog. Barbarossakirchlein, in den Neubau übernommen. Schulterinschrift zwischen Kordelstegen, darüber Zinnenfries über Perlstableiste, darunter Perlstableiste über Kleeblattbogenfries mit Lilien; auf der Flanke an vier Seiten spitzverkröpfte Vierpässe mit den Evangelistensymbolen, jeweils mit kaum leserlichen Evangelistennamen in Schriftbändern (gotische Minuskel).

Maße: H. (o. Krone) 90, Dm. 114, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/2]

  1. · + · flvminisa) · emittas · cirilieb) · vernvla · chr(ist)ic) · procvl · sagittas · ne · nos · ledant · nece · tristi · anno · d(omi)ni · 1497 · iar · gos · mich · pantlion · sidler · von · esslingen

Übersetzung:

Des Blitzes Pfeile jage weit fort, Cyrillus, Knecht Christi, damit sie uns nicht behelligen mit betrübendem Tod.

Versmaß: 2 Hexameter (collaterales).

Kommentar

Unter den sehr regelmäßig mit Modeln geformten und angeordneten Buchstaben ist die Form des l bemerkenswert mit links abgeschrägter und an der Spitze in ein nach links umgebogenes Häkchen auslaufender Oberlänge. Als Worttrenner sind Quadrangeln gesetzt, die oben und unten in senkrechte Zierlinien auslaufen. Die beiden das Invokationskreuz einrahmenden Trennzeichen sind quergelegt. Die beiden Verse, die sowohl nach der Zäsur als auch am Ende untereinander zweisilbig rein reimen, kommen auch auf einer Tübinger Glocke von 1469 aus der Egerschen Gießhütte vor1. Der hl. Kyrillos, Patriarch von Alexandria, wurde als Patron gegen Blitzschlag angerufen und fand daher auch anderweitig Aufnahme in Glockeninschriften2.

Der Guß der Sidler-Glocke dürfte mit dem Bauabschluß der spätgotischen Kirche zusammenhängen. Sie steht vermutlich an der Stelle eines romanischen Vorgängerbaus. 1454 war St. Jakob dem Kloster Adelberg inkorporiert worden3.

Textkritischer Apparat

  1. So statt fulminis.
  2. So statt cirille.
  3. Nomen sacrum xpi mit Kürzungsstrich.

Anmerkungen

  1. Dt. Glockenatlas WürttHohenzollern nr. 1685.
  2. Vgl. Louis Réau, Iconographie de l’art chrétien III/1, Paris 1958, 366. Auf einer Thurgauer Glocke heißt es: CIRILLUS EPS. P. IN ALEXANDRIA POSITUS FUGAT SAGITTAS TONITRUI, vgl. Otte, HB d. kirchl. Kunstarchäologie I 445 Anm. 1.
  3. LdBW III 328f.; Kdm Göppingen 102f.

Nachweise

  1. Kdm Göppingen 104 (dat. 1491).
  2. Glockenbeschlagnahme 1917 OA. Göppingen (LKA, A 26, 1484,5; dat. 1491).
  3. Dt. Glockenatlas WürttHohenzollern nr. 677.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 141 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0014101.