Die Inschriften des Landkreises Göppingen

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 41: Göppingen (1996)

Nr. 139 Donzdorf, kath. Pfarrkirche St. Martin 1490–96

Beschreibung

Epitaph Ulrichs II. von Rechberg zu Hohenrechberg und Heuchlingen. Innen an der Nordwand der nördlichen Kapelle („Gruftkapelle“); ursprünglich in der „Hohen Rechberger Capell“1. Sandsteinplatte mit sechsteiliger Messingauflage: auf einem Hund stehender Ritter im Harnisch und geschlossener Schaller, das Schwert an der linken Seite, in der Rechten einen Streithammer haltend; auf einer breiten Rahmenleiste an den Längsseiten und oben umlaufende Inschrift, links unten beginnend; in den Ecken Rosetten. Links neben dem Kopf des Ritters ein gekontertes Vollwappen, rechts und in den beiden unteren Ecken drei weitere Schilde. Ritter, Hund, untere Randleiste und die beiden unteren Wappen sind in einem Stück gegossen. Die Inschrift auf den drei Rahmenleisten ist erhaben gegossen, der Schriftgrund wurde anschließend gepunzt. Ober- und Unterlängen, die über das Schriftband hinausragen, sind nur in ihren Konturen in den Rand graviert. Für den Nachtrag des Sterbejahres blieben später nicht nachgearbeitete Bossen stehen. Als Worttrenner sind Quadrangeln auf halber Zeilenhöhe verwendet, die meist oben und unten durch einen fadendünnen Steg mit den Rändern des Schriftgrunds verbunden sind, so daß fast jedes Wort in einem eigenen abgegrenzten Feld steht. Am Ende der Inschrift als Zeilenfüller ein feuerspeiender Drache, der von einem Männlein mit Kapuze am Schwanz gepackt und mit einem Speer gestoßen wird.

Maße: H. 235, B. 141, Bu. 6,0–6,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/3]

  1. Anno · domini · milesimo · qvadregendesimo · lxxxx〈. . . . 〉a) obijt · nobilis · / et · strenvvs · miles · vdalricusb) · de · Rechperg/in · hohenrechpergk · cuius · anima · requiescat · in · pace · amen ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 149(.) starb der edle und feste Ritter Ulrich von Rechberg zu Hohenrechberg. Seine Seele ruhe in Frieden. Amen.

Wappen:
Rechberg; Rosenberg; Handschuhsheim, Venningen.

Kommentar

Die Minuskelschrift ist bei leichtem Schwanken der Buchstabenhöhe insgesamt sorgfältig ausgeführt, gelegentlich neigen sich die Hasten leicht nach rechts. Das Grabmal wurde noch zu Lebzeiten Ulrichs von Rechberg angefertigt. Das in die Bossen gravierte vierte x der Jahreszahl könnte ein Hinweis darauf sein, daß die Arbeit kurz vor 1490 begonnen wurde und sich dann in den Beginn der 90er Jahre hineinzog. Sicherer terminus ante quem ist der 9. September 1496, Ulrichs Todestag.

Halbey sieht in dem Epitaph eine „Gesellenarbeit in Entwurf und Guß aus der Gießhütte Peter Vischers d. Ä.“2, während Häcker die Herstellung durch eine ulmische Werkstatt für möglich hält3. Der Ritter entstammt der ersten Ehe Ulrichs I. von Rechberg gen. in der Kappen (vgl. nr. 71) mit Kunigunde von Rosenberg. Seine Frau Anna war die Tochter Dietrichs von Venningen und Margarethes von Handschuhsheim4. Ihr sind also die beiden unteren Wappen auf dem Epitaph zuzuordnen, die freilich versehentlich vertauscht sind. Für Ulrich befand sich auch noch ein Totenschild in der Seitenkapelle, dessen Inschrift schon zu Gabelkovers Zeit „legi non potuit“5 und auf dem die Wappen Rechberg, Rosenberg, Helfenstein und Handschuhsheim angebracht waren (nr. 137). Da dieselbe Wappenkombination auch auf einem Wandgemälde im Schloß Hohenrechberg unter dem Bild Ulrichs erscheint6, dürfte es sich hierbei um seine Ahnenprobe handeln. Die Großmutter väterlicherseits war Agnes von Helfenstein7, demnach war seine Großmutter mütterlicherseits eine von Handschuhsheim8.

Textkritischer Apparat

  1. Letztes x nur in Kontur in die Bossen eingeschnitten, nicht ausgehauen.
  2. s retrograd.

Anmerkungen

  1. Gabelkover (wie unten); Schön, Einstige Ausschmückung 71 versetzt die Platte fälschlich in die Kapelle auf dem Hohenrechberg. Für die Behauptung in Kdm Geislingen 89, der Stein sei im frühen 19. Jahrhundert aus der Laurentiuskapelle (bis 1493 Pfarrkirche) zu Hürbelsbach (Stadt Donzdorf) nach Donzdorf verbracht worden, gibt es keinerlei Beweise. Auch wenn Gabelkover die Inschrift nur verkürzt wiedergibt und versehentlich das Rechberger Wappen einmal als Vollwappen und ein weiteres Mal als Ahnenwappen aufführt, zeigt sein Nachtrag zur Jahreszahl 1490: „ist imperfect“, daß es sich um die vorliegende Platte handelt. Vgl. auch Waltz, Misc. hist. (HStAS, J1 Nr. 44) fol. 314v (ohne genauen Wortlaut, zu 1420). Noch eindeutiger ist die Aussage in GRA, A 675 (wie unten) aus dem 18. Jh.: Damals befand sich das Grabmal (mit „statua Aenea“) in der Donzdorfer Kirche beim Altar „B. Mariae Virginis de bono consilio“.
  2. Halbey, Nr. 76.
  3. Häcker, Schwäb. Erzbildnerei 13.
  4. Vgl. Stammtafeln d. mediatisierten Häuser 17 Taf. 3.
  5. Gabelkover (wie unten) fol. 8v; Waltz, Misc. hist. (HStAS, J1 Nr. 44) fol. 314v.
  6. Vgl. Gabelkover (wie unten) fol. 43r.
  7. Vgl. Stammtafeln d. mediatisierten Häuser 17 Taf. 3.
  8. Die gesuchte Eheverbindung, die sich in den Genealogien derer von Rosenberg und von Handschuhsheim nicht nachweisen läßt, findet sich wohl bei Biedermann, Ottenwald, tab. CCLXXIX: Arnold von Rosenberg und Christina geb. von Handschuhsheim.

Nachweise

  1. Gabelkover (HStAS, J1 Nr. 154/15, Umschlag 329: v. Rechberg) fol. 8v.
  2. GRA, A 662: „Donzdorff-Epitaphium“, Einzelbl., um 1750.
  3. GRA, A 675: „Genealog. Urkunden u. Stammenbäume Von der familie Rechberg“, Einzelbl., 18. Jh.
  4. Rechberg-Epitaphien-Album (GRA, o. Sign.), angelegt 1809, 2 Zeichnungen.
  5. Rink, Familien-Geschichte II 90f.
  6. StAL, E 258 VI, Bü 17 OA. Geislingen: Bemerkungen zum topograph. Blatt Donzdorf von E. Paulus, 1832.
  7. Alfred Klemm, Studien im Kloster Denkendorf, in: Bes. Beil. d. Staatsanzeigers f. Württemberg 1878 Nr. 20, 312.
  8. Schön, Einstige Ausschmückung 71.
  9. Kdm Geislingen 89f. (Abb.).
  10. Häcker, Schwäbische Erzbildnerei 13, Taf. III (Abb.).
  11. Halbey 165f.; Nr. 76; Abb. 156.
  12. Wappenfibel. Handbuch der Heraldik, 18. verb. Aufl., Neustadt an der Aisch 1991, 121, 119 Taf. XXXIII Abb. 1.

Zitierhinweis:
DI 41, Göppingen, Nr. 139 (Harald Drös), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di041h012k0013908.