Inschriftenkatalog: Landkreis Calw

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 30: Landkreis Calw (1992)

Nr. 310† Hirsau, Sommerrrefektorium 1606/07(?)

Beschreibung

Wandinschrift im Sommerrefektorium im Zusammenhang der Abtsreihenfolge. Die Überlieferung findet sich singulär bei Rainolt, der sie einleitet mit dem Satz: ‚sequitur iam scriptura ab haereticis adpingi curata‘. Danach müßte die Beischrift während der Reformation angebracht worden sein, wahrscheinlich 1606/07, als Abt Huzelin die Malereien der Refektorien renovieren ließ. Möglicherweise ist sie jedoch auch schon gleich nach Einführung der Reformation zur ‚Abdeckung‘ einer zu eindeutig katholischen Wandmalerei aufgebracht worden.

Wortlaut nach Rainolt.

  1. Der alte glaub, der ist der best,vnd in Gottes wort gegründet fest.Das zeigt vns Iesum Christum schonder sey din port zum Himmels Thron.5Wer durch ein andere thür will einghena)würdt müssen bey den mordern stehn.Wer glaubt an ihn vnd ist gedaufftb)dem ist der Himel durch sein bluot erkhaufft.inmassen die Schrifft bezeuget clar,10wer anderst glaubt, ist verdampt fürwarDrumb vergebens, was menschen dunckhen thuotdarinnen vil hatten grossen muoth.Zur Zeit Pauli des heiligen manc)der zeigt zum Römern clärlich ahn15Sy eyfern vnß gott doch mit vnverstandt,Darumbs haben sie auch gar kein danckhVnd suochen ihr aigne gerechtigkeitDie ist ihn worden yber d(ie) massen laid.Wer aus Gott ist, der hört Gottes wort20vnd lasen bald fahren der pharisaer roth,Die den Himmel selbst wolten verdien vnd kauffen,d)vm briefen bereden denücht vil stifften mit hauffene)Solten auch ihre Sund selber biesenMit beichten, gnugthun den Himmel Aufschließen.25Oder aber andre für sie thun lassenvnd darauf vil hoffen vnd basen.Das aber dis ein fehl schlüssel seydas lehr vns das leiden Christi frey,Wan wir selber die Sünd kundten biesen,30Warumb hatt er sein bluot thuon vergiesen.Wan nun hiefür gsteltn an Christum glaubt honwerden sie gewis mit freuden auffersthon.

Danach folgt als Erklärung für den Textanschluß ‚Et Infra paulatim‘, danach Textfortführung:

  1. 1. Io: 1. Das bluot Jesu Christi des Sohns Gottes, macht uns rein von aller Sünd.1)

Der Wortlaut der Wandinschrift mit der starken Bezugnahme auf die Rechtfertigungslehre (die mit den Schriftzitaten belegt wird), macht deutlich, daß Rainolt hier eine ‚häretische‘ Urheberschaft feststellt, die Inschrift also in die Reformationszeit verweist. Eine genaue Datierung ist nicht möglich; da in den Quellen mehrfach von Renovierung der Refektoriums-Malereien unter Abt Huzelin berichtet wird, liegt es nahe, daß sie unter dessen Regierungszeit angebracht wurde.

Textkritischer Apparat

  1. Zusatz: Ioann 10. – Joh. 10, 2.
  2. Zusatz: Mar: 16. – Marc. 16, 16.
  3. Zusatz: Rom: 10. – Röm. 10, 3.
  4. Zusatz: Matt. 15. – Math. 15, 1–5.
  5. Die Zeile ist in den Zwischenraum von Z. 21 und Z. 22 nachgetragen.

Anmerkungen

  1. 1. Joh. 1, 7.

Nachweise

  1. Rainolt fol. 46–48.

Zitierhinweis:
DI 30, Landkreis Calw, Nr. 310† (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di030h010k0031007.