Inschriftenkatalog: Landkreis Calw

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 30: Landkreis Calw (1992)

Nr. 202 Ehingen (Donau), kath. Pfarrkirche St. Blasius 1526

Beschreibung

Gedenkstein für den Abt Heinrich Winckelhofer. An der Nordwand im Kirchenschiff. Früherer Standort in Hirsau in der Klosterkirche. Querrechteckige Platte, in der Mitte oben aufgelegtes Wappen, umlaufende Randschrift (A), 6zeilige Schrift unter dem Wappen (B), rechts und links neben dem Wappen die Versetzungs- bzw. Erneuerungsinschrift (C). Schrift nachgezogen, teilweise erneuert (B).

Maße: H. 100, B. 108, Bu. 5,5 cm (A), 2,5 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A), Kapitalis (B).

© Heidelberger Akademie der Wissenschaften [1/1]

  1. A

    A(nno) D(omini) xvcxxvIa) auf s(anc)t Katharinentag starb der / erwirdig hochgelert herr hainrich Winckelhofer / baider rechte doctor v(nd) kanzler zv wirtemb(er)g / dem Gott genad amen

  2. B

    D(EO) P(ER)P(ETVO) S(ACRVM) CONSVLTISS(IMO) L(EGVM)b) DOCTORI HVIVSQ(V)E DVCATVS WIRT(EMBERGENSIS) CANCELLARIO BEN(E)ME(RITO) HENRICO WINCKELHOFER DE EHI(N)GEN IO(HANNES) ABB(AS) HIRS(AVGIENSIS) FIL(IVS) DVLCI PATRI VICTRICO ET MONAST(ERII) OP(PRESSI) PATRONO AC TVTORI HOC MEMORIAE FACI-/ENDVM CVRAVIT O(BIIT) AN(NO) CHRISTIc) M D XXVI VII K(A)L(ENDAS) DE(CEMBRIS)

  3. C

    Hoc pervetustum civis quondam sui clarissimi monumentum ex parietuisd) aedis Hirsaugiensis eripiendum et diligenter reficiendum et hoc loco reponendum curavit civitas

Übersetzung:

Dem ewigen Gott geweiht. Dem hocherfahrenen Doktor der Rechte und hochverdienten Kanzler des Herzogtums Württemberg Heinrich Winckelhofer von Ehingen ließ Abt Johannes von Hirsau als Sohn dem geliebten geistigen Vater und würdigen Schirmherrn und Förderer des darniederliegenden Klosters dies zum Gedenken machen. Er starb im Jahr Christi 1526 an den 7. Kalenden des Dezember (Nov. 25).

Dieses sehr ehrwürdige Denkmal ihres einstmals hochverdienten Bürgers hat die Stadt aus den Mauern des Hirsauer (Kloster)gebäudes herausgenommen, sorgfältig wiederhergestellt und für die neue Anbringung an diesem Ort Sorge getragen.

Wappen:
Winckelhofer

Kommentar

Die Schrift ist durch die Nach- bzw. Neubearbeitung entstellt. Die Minuskel der Inschrift A könnte noch in etwa dem ursprünglichen Charakter entsprechen, während Inschrift B links einen vertikalen Bruch aufweist und ein neues Stück angefügt wurde, auf dem die Inschrift nach alter Vorlage neu ausgehauen ist.

Das Schicksal des Steins geht aus Inschrift C hervor. Ursprünglicher Standort war ‚iuxta altare coenae dominicae‘ in der Klosterkirche. Von dort wurde der Stein zu unbekannter Zeit in die Marienkapelle verbracht, bis 1881 die Stadt Ehingen die Gedenktafel in die Pfarrkirche überführte und wiederherstellen ließ, nicht ohne daß ausdrücklich die Verdienste der Stadt um die Bewahrung des Monuments dokumentiert wurden. Die Verbindung der Familie Winckelhofer mit der Stadtgeschichte von Ehingen macht die denkmalpflegerischen Interessen verständlich. Heinrich Winckelhofer war zunächst Professor der Rechte in Tübingen, seit 1506 Mitglied des Schwäbischen Bundesgerichts und von 1522 bis zu seinem Tode Kanzler des Herzogtums Württemberg unter österreichischer Regierung1. Er war vermählt mit Agnes Heller aus Tübingen, deren erster Mann, Wilhelm Schultheiß von Gröningen (Markgröningen, Lkr. Ludwigsburg), nach 1502 verstorben war2. Abt Johannes Schultheiß, der ihm den Stein setzen ließ, war sein Stiefsohn.

Textkritischer Apparat

  1. Das Datum erneuert.
  2. Kürzung LL.
  3. Kürzung XPO.
  4. Richtig wäre parietibus.

Anmerkungen

  1. Pfeilsticker 1109, Bernhardt II S. 723.
  2. Schreiner, Benediktinerkonvente S. 149. – J. Hehle, in: WVjh. AF. 3 (1880) S. 54f.

Nachweise

  1. Paulus, Donaukreis I S. 20.
  2. Parsimonius fol. 126v.
  3. Crusius, Annales Suevici Lib. IX partis III p. 599.
  4. Bach, Grabdenkmale S. 122.
  5. Weizsäcker, Baugeschichte S. 35.
  6. Otfried Hauser, Die Inschriften der Kreise Münsingen und Ehingen (Diss. Tübingen 1972) nr. 158.

Zitierhinweis:
DI 30, Landkreis Calw, Nr. 202 (Renate Neumüllers-Klauser), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di030h010k0020200.