Inschriftenkatalog: Stadt Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 33: Stadt Jena (1992)

Nr. 141† Markt 22 (E. 16. Jh.)?

Beschreibung

Hausinschrift am Eingang des Gasthofs „Zur goldenen Sonne“.

Nach Beier.

  1. Non minor est virtus, quam quaerere parta tueriCasus inest illic: hîc erit artis opus.a)

Übersetzung:

Nicht geringer ist die Leistung, das Gewonnene zu behaupten, als es zu erwerben; günstiger Zufall wirkt bei dem einen mit, bei dem anderen bedarf es der Kunst.

Kommentar

Der Gasthof „Zur goldenen Sonne“ besaß als einziger in Jena ein beschränktes Brau- und Schankrecht.1) Dieses Privileg erwarb im Jahre 1583 der Bürgermeister Philipp von Herden (vgl. Nr. 138), der erstmals 1561 als Sonnenwirt urkundlich genannt wird;2) es verblieb auch den nachfolgenden Besitzern bis weit in das 17. Jh. hinein.3) Das Gebäude selbst stammt aus dem 15. Jh., wie die spitzbogige Eingangspforte ausweist;4) es ist durch Philipp von Herden umgestaltet und erweitert worden.5) Dabei könnte neben zahlreichen Adelswappen6) auch das Distichon angebracht worden sein. Die Verse aus Ovids „Liebeskunst“ erlebten, aus ihrem Zusammenhang gerissen, im Mittelalter eine Aufwertung als moralische Sentenz und eine beträchtliche Verbreitung.7)

Textkritischer Apparat

  1. Ovid, ars am. 2,13–14; ein elegisches Distichon.

Anmerkungen

  1. Vgl. Schmeizel (1908), 37: „Der Burgermeister soll einheimischen Wein und Bier einlegen und frembden Gästen, auch der Universität bei ihren actibus verzapfen, nicht aber außer haus verschenken; er soll dem rath von jedem Faß Bier einen halben Gülden zahlen ...“
  2. In der Rechnung des Amtes Jena vom Halbjahr 1561; vgl. Apel 1937, 114.
  3. Beier 1681, 168. Nach Herden besaß den Gasthof sein Schwiegersohn Martin Wolfgang Beyer (vgl. Nr. 155, Anm. 3), danach dessen Sohn Philipp Beyer (gestorben 30. November 1646).
  4. Vgl. Mühlmann 1956a, 49 Abb. 41.
  5. Vgl. Wiedeburg 1756, 265 Anm. 3.
  6. Beier 1681, 168: „Der Gasthof zur güldenen Sonnen ... hat seinen Namen von seinem Zeichen, und das ist eine abgemahlte güldene Sonne, zugeschweigen der Wapen vieler Fürsten, Grafen, Herren und Edlen von aussen und von innen.“
  7. Vgl. Walther, Sprichwörter 1, Nr. 18 042 und Sprichwörter II, Nr. 38 941a2.

Nachweise

  1. Beier, q. 15, 195.
  2. Beier 1681, 82.

Zitierhinweis:
DI 33, Stadt Jena, Nr. 141† (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di033b005k0014109.