Inschriftenkatalog: Stadt Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 33: Stadt Jena (1992)

Nr. 108† Stadtkirche St. Michaelis (1587)

Beschreibung

Epitaph des Theodor Burcholt, mit Gemälde der Auferstehung Christi;1) im 17. Jh. an einem der südlichen Pfeiler zur Südwand zu.2)

Nach Beier.

  1. Nobile quem Lunaeburgum p(ro)duxit in auras,At rapit Aonio Jena dicata choro,a)Hic Borcholtiacae Theodor(us) stirpis alumn(us),eheu fata nimis post prop(er)ata iacet.Nondum bis denos vitae compleverat annos,cum subito e(st) summum iuss(us) obire diem.Egregius iuvenis, famae studiosus honestae,Et morum et verae relligionis erat.Et spem non dubiam de se faciebat amicisgrande foret patriae q(uo)d decus ille suae.Hoc pater Heinric(us), sancti quo doctior alterinterpres iuris, non erat, ante fuit.Me, Eberharde, tibi, Verdensis Episcope sedisconsilium in dubiis saepe fidele d(e)d(i)t.Juridicamq(ue) tuo Legatus nomine Spirammissus honorificè grande peregit op(us).Postq(ue) sui domini confecta negotia, vitamdum redit inmedia finit obitq(ue) via.Filius ex(em)plum cari et vestigia patriscerta sequens, studium laudis habebat idem.Seq(ue) pio dignum magnoq(ue) parente p(ro)babat,iam sup(er)ans annos, p(rae)veniensq(ue) suos.Invida sed terris tantum ostendêre viventemfata, et adhuc florens praesecuêre caput.Celsa tamen sup(er)ae q(ui)n limina scanderet arcis,fata vetare piam n(on) potuêre a(n)i(m)am.Illa etenim exiliens de carcere corporis hui(us)Christo freta, poli regia recta petit,et cui crediderat, summaq(ue) voce vocarat,conspectu fruitur iam Bene Christ(e) tuo.b)J.M.P.

Übersetzung:

Den das edle Lüneburg in die Erdenluft aussetzte, aber das dem Aonischen Chor geweihte Jena wieder entriß: er, Theodor, liegt hier, ein Sproß der Familie Burcholt, weh!, nach seinem allzu schnellen Tod. Noch hatte er keine zweimal zehn Jahre seines Lebens vollendet, als er plötzlich auf Befehl (Gottes) seinem letzten Tag entgegengehen mußte. Er war ein vortrefflicher junger Mann, ein Student ehrlichen Ruhmes, guter Sitten und des wahren Glaubens; und bei seinen Freunden ließ er die ganz sichere Hoffnung entstehen, daß er (einst) eine große Zierde seiner Heimat werde. Eine solche war sein Vater Heinrich früher, zu dem im Vergleich es keinen gelehrteren Ausleger des kirchlichen Rechtes gab. Dir, mein Eberhard, Bischof zu Verden, hat er oft in schwierigen Lagen einen treuen Rat gegeben. In deinem Namen als Gesandter in das rechtsprechende Speier geschickt, hat er dort voller Ehren ein großes Werk getan. Und nachdem er die Aufgaben seines Herrn erfüllt hatte, schloß er sein Leben während seiner Rückkehr und starb unterwegs. Indem der Sohn dem Beispiel und dem sicheren Lebensweg des teuren Vaters folgte, eiferte er in gleichem Maße um lobende Anerkennung und zeigte sich würdig des frommen und großen Vaters, da er über sein Alter hinausragte und ihm voraus war. Aber nur voller Neid zeigte das Schicksal ihn lebend der Welt und schnitt das noch blühende Haupt ihm vorzeitig ab. Dennoch konnte der Tod es nicht verhindern, daß seine fromme Seele die hohe Schwelle der himmlischen Burg ersteigt. Jene nämlich springt aus dem Kerker dieses Leibes heraus und, auf Christus vertrauend, erreicht sie das rechte Königreich des Himmels; und an den sie glaubte und den sie mit höchster Stimme anrief, deinen Anblick, Christus, genießt sie wohl nun schon.

Kommentar

Theodor Burcholt wurde FS 1586 in Jena immatrikuliert.3) Er starb am 27. Juni und wurde am 30. Juni 1587 begraben.4) Sein Vater, der aus altem lüneburgischen Patriziergeschlecht stammende Heinrich Burcholt,5) stand seit 1564 als Kanzler im Dienst des lutherischen Bischofs Eberhard von Lüneburg,6) der gleichzeitig Administrator des Stiftes Verden war. Der in diplomatischem Dienst erfahrene Bischof war häufig, darunter auch im Jahre 1570, in Speier und auf den dortigen Reichstagen persönlich anwesend, wobei ihn sein Kanzler begleitete. Dieser starb am 1. August 1585 auf dem Weg von Speier in Mainz.

Das Monogramm am Schluß der Verse entzieht sich einer schlüssigen Deutung.

Textkritischer Apparat

  1. zu Aonio choro vgl. Nr. 78.
  2. fünfzehn elegische Distichen.

Anmerkungen

  1. Beier, q. 15, 586: „hac in tabula gloriosa θεανθρώπου resurrectio depicta videtur.
  2. Ebd. 585 (in columnis meridionalibus, parietem versus meridionalem).
  3. Matrikel Jena, 1, 27.
  4. Beier, q. 15, 586 (wohl aus dem heute verlorenen ersten Band des Jenaer Kirchenbuches): „obiit T. Burcholtus nono die, ex quo febri maligna et epidemica correptus esset, 27. Junii et 30. sepultus anno Christi 1587.
  5. Heinrich Burcholt (vgl. ADB 3, 154), geboren 1531 in Lüneburg; 1548 stud. Köln; 1549 stud. Orleans; 1551 stud. Löwen; 1556 stud. Bologna; 1557 Dr. iur. Bologna; 1559 Hofrat des Erzbischofs von Bremen; 1564 Kanzler des Stiftes Verden; 1566 Propst in Lüneburg; gestorben (auf einer Reise) 1. August 1585 in Mainz.
  6. Eberhard, lutherischer Bischof in Lüneburg (vgl. NDB 4, 229), geboren 1522; stud. Wittenberg und Rostock; 1561 Bischof in Lüneburg (Eutin); 1566 Administrator des Stiftes Verden; gestorben am 5. Juli 1586 in Lüneburg.

Nachweise

  1. Beier, q. 15, 585–586.
  2. Koch 1931a, 164–165.
  3. Vgl. Beier 1681, 278.

Zitierhinweis:
DI 33, Stadt Jena, Nr. 108† (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di033b005k0010804.