Inschriftenkatalog: Stadt Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 33: Stadt Jena (1992)

Nr. 79† Stadtkirche St. Michaelis 1565

Beschreibung

Epitaph der Ursula Schröter; bis 1672 an einem der westlichen, danach einem der südlichen Pfeiler.1) Gemälde mit der Darstellung der Grablegung Christi.2)

Nach Beier.

  1. Piae et honestae matronae Ursulae coniugi carissimae Joannes Schröterus primus Academiae Genensis Rector, amoris et pietatis causa ponere iussit, A(nn)o 1565.

    Ursula Schröteri medica doctoris in Artehac liq(ui)t positum condita corpus humo.Foemina q(uae) studio talem se p(rae)buit omniMatronae speculum posset ut e(ss)e p(ro)bae.Arguit hoc morum generosae mentis imago,gratia virtutis, quam decorabat amor.Quâ duce sincero complectabatur amoreconnubiiq(ue) caput noverat esse virum.Vera ipsi pietas, et recti in pectore motûs,atq(ue) verecundo dulcis in ore pudor.P(rae)cipuumq(ue) decus, multis q(uo)d dotibus auxit,mens erat in cunctos officiosa pios.Claraq(ue) erat meritis fidei monstrantibus aestum,q(ui) valet ante tui lumina, Christe, patris.Non huic luxus iners, mundi non blanda voluptasobfuit, aut stultos fecit abire dies.Sed bona consiliis ceu p(ro)movet usq(ue) marit(us)publica, nec patriae ferre gravatur opem,sic ea privatis instabat sedula rebus,curabatq(ue) suae munia certa domûs.formabat sobolem caelestis dogmate verbierudiens monitis corda tenella piis.Instillansq(ue) illis purae pietatis amoremmonstrabat rectâ p(ro)pere ad astra viâ.Sicq(ue) domum rexit laetanti ut grata maritotaedia iucundâ quaeq(ue) levaret ope.Sed cognata tori postremum reddere pignusmilitiae, moritur, munere functa suae.Et linquens viduo, prolem, gemitusq(ue) maritoin terrae posuit corpus inane sinu.Unde brevi lituis coelestibus excita surgetet stabit coram ludice laeta DEo.a)

Übersetzung:

Für die fromme und ehrenhafte Frau Ursula, die liebste Gattin, ließ Johann Schröter, der erste Rektor der Jenaer Universität, (dieses Denkmal) der Liebe und Frömmigkeit wegen setzen im Jahre 1565. – Ursula, die Frau des Doktors in der medizinischen Wissenschaft (Johann) Schröter, wurde begraben und ließ den in dieser Erde bestatteten Leib zurück; eine Frau, die sich mit allem Eifer so erwies, daß sie als Spiegelbild einer vortrefflichen Bürgerin gelten konnte. Diesen (Lebenswandel) bewiesen glänzend das Bild ihres Charakters (und) die Anmut ihrer Tugend, die die Liebe schmückte. Von der Tugend geführt, wurde sie von reiner Liebe ergriffen und erkannte, daß der Mann das Haupt der Ehe sei. Wahre Frömmigkeit und im Herzen rechte Gefühle und eine süße Schamröte auf dem scheuen Antlitz waren ihr eigen, und die hervorstechendste Zier, die sie durch viele Gaben noch mehrte, war ihr allen Frommen gegenüber beflissener Sinn. Sie war berühmt für ihre Wohltaten, die die Glut ihres Glaubens zeigten – diese gilt etwas vor den Augen deines Vaters, Christus! Kein unnützer Luxus, keine schmeichlerische Begierde der Welt kam sie an oder ließ sie die Tage sinnlos vertun; sondern so, wie ihr Mann allerwege den allgemeinen Wohlstand durch seine Ratschläge gefördert hat und sich nicht der Hilfe für die Heimat entzog, so betrieb sie emsig ihre häuslichen Geschäfte und besorgte zuverlässig die Aufgaben ihres Haushaltes. Sie erzog die Kinder in der Lehre des himmlischen Wortes, unterwies die zarten Herzen durch fromme Ermahnungen, flößte ihnen die Liebe zur reinen Frömmigkeit ein und zeigte ihnen, geraden Weges zu den Sternen zu eilen. Sie hat so ihr Haus geführt, daß sie, dem freudigen Gatten zum Gefallen, alle Widerwärtigkeiten durch freundliche Hilfe milderte. In der Erkenntnis, daß sie zuletzt den Pfand der Bahre zahlen muß, stirbt sie, nachdem sie die Aufgaben ihres Dienstes erfüllt hat. Und indem sie dem verwitweten Gatten Kinder und Klagen zurückließ, legte sie ihren nichtigen Leib in den Schoß der Erde, woraus sie jedoch in Kürze, von himmlischen Hörnern erweckt, auferstehen und fröhlich vor das Antlitz Gottes, ihres Richters, treten wird.

Kommentar

Die erste Gattin des Prof. med. Johann von Schröter,3) Ursula Großhaupt (Capito),4) war in erster Ehe mit dem Wiener Kanzler von Petri verheiratet gewesen. Aus ihrer zweiten Ehe mit Schröter stammt der Sohn Philipp Jakob; sein Epitaph, Nr. 198.5) Das Epitaph war nach Beier eines der kunstvollsten in der Stadtkirche.

Textkritischer Apparat

  1. sechzehn elegische Distichen.

Anmerkungen

  1. Beier 681, 277.
  2. Beier, q. 15, 580: „haec tabula ... sepulturam Christi exhibens“.
  3. Zu Johann von Schröter, vgl. Nr. 119. Weitere Iss. der Familie Schröter: Nr. 81, 88, 119 und 120.
  4. Vgl. Geschichte der Universität Jena, 1, 33 und 47 sowie Giese/Hagen 1958, 52. Die Ehe mit Johann von Schröter fiel in dessen Wiener Zeit zwischen 1551/54.
  5. Von den weiteren sieben Kindern sind drei in Wien (von denen zwei jung starben) und vier in Jena geboren worden.

Nachweise

  1. Beier, q. 15, 579–580.
  2. Koch 1931a, 86 (nur Z. 1–4).
  3. Vgl. Beier 1681, 278–279.

Zitierhinweis:
DI 33, Stadt Jena, Nr. 79† (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di033b005k0007905.