Inschriftenkatalog: Stadt Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 33: Stadt Jena (1992)

Nr. 95† Stadtkirche St. Michaelis 1575

Beschreibung

Epitaph des Christoph Druckscherf; im 17. Jh. an einem der nördlichen Pfeiler.1)

Nach Beier.

  1. Dilectissimo marito suo Christophoro Druckscherff Consuli Ienensi prudentiss(im)o ex hac vita in vera fide, patientia, et invocatione filii dei emigranti 3. idus (Novem)br(es)a) 1575, aetatis v(ero) eius 70. hoc monumentum fieri et huc poni curavit pia et honesta matrona Anna Druckscherffin vidua, studium pietatis et amoris etiam erga de nctum conservans.

    Nil h(abe)t ulla piô Respublica consule maius,q(uem)b) cura officii mordet honesta sui.In media populi q(ui) tempestate salutemvindicat, iniustos punit, amatq(ue) [bon]os.c)Crescat et aut scelerum seges, aut se matua civespectora confodiant quoq(ue) labore cavet.Sed dubito lateat ne ullum, quod talis et ipseHuc qui deposui membra, sepultus eram.Ipse ego Christophorus Druckscherff, me Consule salvoHaec q(ui)a Jenensis Curia salva fuit.Justitiam colui: florentis commoda pacisasserui, oppressi nec capita ulla virûm.Cuiq(ue) suum tribui ius aequa lance, rigoremlegum, saepe aequi sed moderatus ope.Paruit edictis una mens promta, nec usq(ue)p(rae)sentem vertit nostra libido statum.Immò ut sub caeli venatum nubibus instatFalco, famem tolerans, inq(ue) labore sitim;Ut modo, q(uae) debet, domino spolia ampla reportet,semp(er) ita in medium consului ipse bonum:Quid? quod paup(er)ibus, fidis verbiq(ue) ministrisnostra fuit semp(er) larga parata manus,Mille coronatisd) inopûm bona publica adauxi,sumq(ue) DEi exp(er)t(us) saepe iuvantis opem.Cui nup(er) cum febri diem correptus, obirem,nostra quoq(ue) addixit meq(ue) animamq(ue) fides.Et iam muneribus tristiq(ue) immunis ab orbesentio in Abrahae gaudia vera sinu.Tu modo, si qua piis debetur gratia factis,Posteritas meriti sis memor inde viri.Nam nisi q(uae) grata est, et sacro dedita verboin nulla prudens Urbe Senator erit.e)

Übersetzung:

Für ihren liebsten Gatten Christoph Druckscherf, den sehr klugen Jenaer Bürgermeister, der aus diesem Leben im wahren Glauben, Geduld und unter Anrufung des Sohnes Gottes am 11. November 1575, im Alter aber von 70 Jahren, verschied, ließ die fromme und ehrsame Frau und Witwe Anna Druckscherf dieses Denkmal anfertigen und hierher setzen, damit ihre eifrige Frömmigkeit und Liebe auch gegen den Verstorbenen bewahrend. – Eine Stadt besitzt nichts größeres als einen frommen Bürgermeister, den die ehrenvolle Sorge seines Amtes beansprucht, der in stürmischer Zeit das Heil des Volkes schützt, die Ungerechten bestraft und die Guten(?) liebt und auch emsig Vorkehrungen trifft, ob nun die Saat der Verbrechen wächst oder die Bürger sich ihre trunkene Brust durchbohren. Ich zweifle nicht – ein jeder weiß, daß ich, der ich meine Glieder hierher gebettet habe und bestattet worden bin, ein solcher Mann war, ich, Christoph Druckscherf, weil während meiner guten Amtsdurchführung als Bürgermeister der Jenaer Stadtrat hier unbeschadet gewesen ist. Ich pflegte die Gerechtigkeit, wahrte den Vorteil des blühenden Friedens und habe nie das Haupt eines Menschen unterdrückt. Jedem teilte ich sein Recht mit gleicher Waagschale zu, mäßigte aber oft die Härte der Gesetze mit wohlwollender Hilfe. Zugleich aber gehorchte mein Sinn bereitwillig den Verordnungen, und nie verdrehte Willkür meinerseits geltende Satzung. Ja, wie ein Falke unter den Wolken des Himmels auf Jagd ausgeht und bei seiner Arbeit Hunger und Durst erträgt, um seinem Herrn die schuldige reiche Beute zurückzubringen, bin auch ich immer zum Vorteil der Allgemeinheit verfahren. Wie das? Weil ich den Armen und den treuen Dienern des (Heiligen) Wortes stets meine Hand freigiebig geöffnet habe. Mit tausend Gulden mehrte ich den allgemeinen Wohlstand der Armen und habe (dabei) oft die Unterstützung des helfenden Gottes erfahren. Ihm weihte, als ich vor kurzem von Fieber gepackt wurde und starb, unser aller Glaube auch mich und meine Seele. Und nun fühle ich, frei von den Amtsverpflichtungen und der traurigen Welt, in Abrahams Schoß die wahren Freuden. Wenn noch irgend Dank frommen Taten gebührt, dann, Nachwelt, sei du eingedenk jenes verdienten Mannes. Denn undankbar und dem Heiligen Wort verschlossen, wird bald in keiner Stadt mehr noch ein kluger Ratsherr sich finden!

Kommentar

Christoph Druckscherf2) war wie sein Bruder Wolfgang (vgl. Nr. 97) Bürgermeister in Jena und einer der reichsten Einwohner der Stadt. Seine Witwe Anna3) heiratete in zweiter Ehe den Bürgermeister Johann Arnurus.

Textkritischer Apparat

  1. Nach Schmeizel (1908), 34 der 9. November.
  2. q(uae) Beier.
  3. verdorbene Stelle in Beiers Manuskript.
  4. eine nach dem aufgeprägten Kranz (corona) so genannte Münze, steht hier für den Gulden (florenus). Druckscherf hatte nach Schmeizel 1000 Gulden zur Armentuchspende gestiftet.
  5. sechzehn elegische Distichen.

Anmerkungen

  1. Beier, q. 15, 578 (in columnis occidentalibus).
  2. Christoph Druckscherf (vgl. Apel 1937, 58), urkundlich erwähnt zwischen 1533/75 als Gewandschneider und Händler, besaß in Jena fünf Häuser. Nach dem Wert des Grundbesitzes steht er 1572 an 6., nach der Größe bei 58 Acker an 3. Stelle von 540 Steuerpflichtigen; 1554, 1563 und 1564 als Stadtrichter genannt, 1575 als Bürgermeister bestätigt.
  3. Zu Johann Arnurus (gestorben 13. November 1608) vgl. Ebd. 5.

Nachweise

  1. Beier, q. 15, 578.
  2. Koch 1931a, 85 (nur den Prosatext).
  3. Vgl. Beier 1681, 277.

Zitierhinweis:
DI 33, Stadt Jena, Nr. 95† (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di033b005k0009500.