Inschriftenkatalog: Stadt Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 33: Stadt Jena (1992)

Nr. 75† Stadtkirche St. Michaelis (1564)

Beschreibung

Epitaph des Janus Comarius; bis 1872/75 an der linken Seite des Chores.1) Öl auf Holz; vor einer Darstellung des Noli me tangere kniete der Verstorbene.2)

Nach Beier.

  1. Epitaphium Viri clariss(imi) Jani Cornarii Medici Physici ac Hippocratici doctoris, q(ui) obiit Genae 17. Cal(endas) April(is) Anno salutis MDLVIII.a)

    Ingenio si q(ui)s sibi nomen et arte paravitante alios clarum tu quoq(ue) nomen habes.namque simul Graio facund(us) et ore Latinovir Medicae p(rae)stans viribus artis erassuntq(ue) procul varias via quâ munitur in artesconsita subsidio com(m)oda multa suo.Orba fere genio, densis abstrusa tenebris,restituis studio scripta vetusta tuo.non hunc Coe senes, magni dux docte Galeniacceptum non hunc Graecia tota negas.Ringere, livor iners, tamen huic sua p(rae)mia debetingenu(us) meriti non p(er)euntis amor.Vive DEo: studia ista suo q(ui) Numine iuvit,sperantem in Christi transtulit ille sinu(m).b)

Übersetzung:

Epitaph des hochberühmten Mannes Janus Cornarius, Medikus, Physikus und hippokratischer Doktor (der Medizin), der zu Jena am 16. März im Jahre des Heils 1558 starb. – Wenn sich jemand einen Namen durch Geist und Wissenschaft gemacht hat, dann hast du vor anderen einen berühmten Namen. Denn gewandt in der griechischen und lateinischen Sprache, warst du (auch) ein Mann, der die Kräfte der medizinischen Wissenschaften meisterte; und viel Nützliches ist dort, wo fernher eine Straße zu den mannigfachen (anderen) Wissenschaften geschlagen wurde, mit deiner Unterstützung gepflanzt worden. Die von ihren Schutzgeistern verlassenen, in dichtem Dunkel versteckten alten Schriften hast du durch dein Bemühen wiedergewonnen. Du, Greis von Kos, du gelehrter Meister des großen Galenus, und du, ganz Griechenland, ihr verweigert ihm nicht eure Anerkennung. Murre nur, träger Neid! Dennoch kommt ihm als Belohnung die edle Verehrung für seine nie vergehenden Verdienste zu. Lebe in Gott! Der durch seine Macht jene Wissenschaften förderte, der trug ihn, der stets (auf Christus) hoffte, hinüber in den Schoß Christi.

Kommentar

Das Hauptverdienst des Janus Cornarius3) lag in der Ausgabe, Übersetzung und Kommentierung griechischer medizinischer Texte.4) Auf seine Leistung als Philologe und Mediziner spielt das Grabepigramm an, um ihn dann mit den berühmtesten Ärzten des Altertums, mit Hippokrates von Kos und Galenus, zu vergleichen. Zur Bezahlung des Epitaphs hat die Universität der Witwe5) im Jahre 1564 zwei Joachimstaler gestiftet.6) Dieser Umstand und die Ähnlichkeiten in der Anlage lassen vermuten, daß das Epitaph für Cornarius wie die auf 1564 datierten und signierten Nr. 76, 77 und 78 von Peter Roddelstedt7) gemalt wurde.

Textkritischer Apparat

  1. Zusatz Beiers?
  2. sieben elegische Distichen.

Anmerkungen

  1. Beier 1681, 276 (im Chor, zur linken Seiten).
  2. Beier, q. 15, 571: „tabula, in qua Christus hortulanus Mariae Magdalenae apparens, et ipse Cornarius ad vivum depictus cernitur.
  3. Janus Cornarius (vgl. Giese/Hagen 1958, 65–78), geboren 1500 in Zwickau; 1517 stud. Leipzig; 1519 stud. Wittenberg; 1521 Mag. phil. und 1523 Lic. med. Wittenberg; Dr. med. Pavia; 1526/28 Peregrinatio; 1530 Stadtphysikus Zwickau; 1535 Stadtphysikus Nordhausen; 1538 Physikus Frankfurt a. M.; 1543 Prof. med. Marburg; 1546 Stadtphysikus Zwickau; 1557 Prof. med. Jena; gestorben 16. März 1558 in Jena.
  4. Wichtigste Textausgaben sind die Werke des Hippokrates (Venedig 1546) und Galenus (Basel 1549). In der Praxis war Cornarius Hippokratiker; vgl. Giese/Hagen 1958, 66.
  5. Ursula Hoffmann, die Tochter des dritten evangelischen Pfarrers von Jena, Christoph Hoffmann, gestorben 1578 (vgl. Apel 1937, 151 und Koch 1931b, 44).
  6. Beier, q. 15, 571: „hanc tabulam ... ponendam iussit eius collega D. Johann Schröterus Cal(endis) Febr(uariis) 1564; cui conficiundae sumptibus viduae Cornariae addidit Academia II Joachimisos; vide Lib. Actorum Acad. Jenens. fol. 86.“ – Der Liber Actorum Academiae Jenensis hat sich nicht erhalten.
  7. Zu Peter Roddelstedt, s. Nr. 76.

Nachweise

  1. Beier, q. 15, 571.
  2. Koch 1931a, 84.
  3. Hallof 1987, 32–33.

Zitierhinweis:
DI 33, Stadt Jena, Nr. 75† (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di033b005k0007500.