Inschriftenkatalog: Stadt Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 33: Stadt Jena (1992)

Nr. 67 Alter Friedhof 1556

Beschreibung

Epitaph des Günther Heerwagen. An der Südwand der kleinen Ädikula nördlich der Friedenskirche; bis 1938/39 im Südwestteil des Friedhofes westlich der Johanniskirche.1) Rechteckige Sandsteintafel in einer Flachbogennische zwischen zwei Säulen. Stark verwittert, z. T. in der Erde steckend. Is. zum großen Teil abgeblättert. – Liniengerahmte Is. (A); auf einem 7 cm breiten Ring um das Wappen im unteren Drittel (B); Initialen neben der Helmzier (C).

Maße: H.: 150 cm; B.: 127 cm; Bu.: 5 cm, Z. 1–2 6,5 cm; in (B) 4,5 cm, in (C) 5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis, erhaben.

Städtische Museen Jena (Neg.-Nr. P2,10a) [1/4]

  1. Aa)

    EPITAPHIVM VIRI [CLARISSIMI(?)] / GVNTHERI HER[VAGII – – –]b)

    [HOC SVB] QVOD [CERNIS] SIGNATVM CAR[MINE SAXVM][G]VNTH[ERI HERVAGII] MORT[VA MEMBRA CVBANT]MVNE[RE S]AXONICA [FV]NGE[NS] Q[VAESTORIS IN AVLA][QVO] DECVIT [STVDIO DEXTERITATE FIDE][NON] INGRATVS ERAT [T]IB[I DVX ANIMOSE IOANNES]NEC [PIE] DISPL[ICV]IT I[AN]E [FRI]DRI[CEc) TIBI]ACCEP[T]VSQVE TIBI GENERO[SE] ERNES[TE: DOLETIS]VOS QVOQVE TRES FRATRES N[ON SVP]ERESSE VIRVMNV[N]C SED AD AETHEREAM TRANSLATVS SPIRITVS AVL[A]MCOELESTES INTER VIVIT AGITQVE GREGESDONEC AD EXTREMVM QVO[Q]VE CAETERA MEMBRA RESVRGANTCORPORIS ANGELICAE VOCE CITATA TVBAE

  2. B

    OBIT ANNO [D]OMINI [1556]d) ANNO AETATIS · 54 · / VXOR MARITO · F(IERI) F(ECIT)

  3. C

    G(VNTHERVS) H(ERVAGIVS)

Übersetzung:

Epitaph des (hochberühmten?) Mannes Günther Heerwagen (– – –). Unter diesem mit einer Versinschrift gezeichneten Stein, den du hier siehst, ruhen die toten Gebeine des Günther Heerwagen. Er verwaltete das Amt eines Schössers am Sächsischen Hofe, was ihm aufgrund seines Eifers, seiner Rechtschaffenheit und Treue auch zukam. Er mißfiel weder dir, stolzer Fürst Johann, noch war er dir, frommer Johann Friedrich, unangenehm, und auch von dir, edler Ernst, wurde er anerkannt. Auch ihr drei Brüder trauert, daß dieser Mann nicht mehr ist. Jetzt aber ist seine Seele hinübergewandert in den Himmelssaal und lebt und verkehrt unter den himmlischen Scharen, bis zuletzt auch die übrigen Glieder des Körpers auferstehen sollen, von der Stimme der Engelsposaune gerufen. – Er starb im Jahre des Herrn 1556, im 54. Lebensjahr. Die Ehefrau ließ ihrem Gatten (dieses Denkmal) anfertigen.

Wappen:
Heerwagen.2)

Kommentar

Günther Heerwagen3) wird zwischen 1526/55 in Jenaer Urkunden erwähnt. Er hatte das Amt eines Amtschössers (Rentmeister, Quaestor) zu Jena inne. In dieser Funktion war er der Weimarer Regierung unterstellt und diente den Kurfürsten Johann dem Beständigen (1468–1532) und Johann Friedrich I. (1505–1554), dem Herzog Johann Ernst I. von Sachsen-Coburg (1521–1563) und den drei Brüdern Johann Friedrich II. (1529–1595), Johann Wilhelm (1530–1573) und Johann Friedrich III. (1538–1565), auf die die Is. verweist. Das bemerkenswerte Renaissance-Epitaph ließ die Witwe Catharina für ihren Gatten setzen. Vor 1938/39 befand sich an der linken Seite eine weitere, stark verwitterte, dazugehörige(?) Inschrifttafel mit der Darstellung einer betenden Frau, möglicherweise die Grabtafel für Catharina.4)

Textkritischer Apparat

  1. sechs elegische Distichen, ergänzt nach Beier.
  2. fehlt bei Beier.
  3. Synkope aus IOANNES FRIDERICE.
  4. ergänzt nach den Urkunden.

Anmerkungen

  1. Vgl. den bei Koch 1911 beigegebenen Auszug aus der Flurkarte von Jena.
  2. Nach rechts gekehrte Sichel; Helm: die Schildfigur. Abgebildet bei Koch 1934d, 497.
  3. Günther Heerwagen (vgl. Apel 1937, 108), geboren um 1502; urkundlich erwähnt zwischen 1526/55; 1540 zum Rentmeister bestellt. Er besitzt vier Häuser in Jena; nach dem Wert des Grundbesitzes steht er 1540 an zwölfter Stelle von 580 und 1547 an achter Stelle von 570 Steuerpflichtigen; gestorben 1556 in Jena.
  4. Vgl. Beier, q. 15, 684: „cui successit Catharina vxor A(nno) D(omini) 1559 ad latus sepulta.

Nachweise

  1. Beier, q. 15, 684.
  2. Koch 1911, 11 und Abb. 5.
  3. Vgl. BuKTh Jena, 1888, 124–125.
  4. Traeger 1984, 28–29.

Zitierhinweis:
DI 33, Stadt Jena, Nr. 67 (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di033b005k0006708.