Inschriftenkatalog: Stadt Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 33: Stadt Jena (1992)

Nr. 42† Maria-Magdalena-Kapelle 1504

Beschreibung

Bauinschrift über der Tür; E. 18. Jh. aus dem baufälligen, später zweckentfremdeten1) Gebäude entfernt und in Privatbesitz gelangt;2) im 19. Jh. nicht mehr vorhanden. – Iss. neben dem Wappen3) (A) und auf einer Steintafel (B).

(A) nach Beier, (B) nach Hortleder.

  1. A

    Doctor Conradus Stein

  2. B

    Anno D(omi)nia) 1504b) constructa est H(aec) capella, et CCCLc) flor(enis) dotata,d) trib(us) missis singulis ebdomadis perpetuo celebrandis, ex (com)missione quondam egregij artium et U(triusque) J(uris) Doctoris Steine) Jhenensis. Qui etf) vineam XI.g) agrorum dictam: Das Eulengeschrey: ac CCCLXXX flor(enos) huic hospitali peregrinorum dedit, pro censib(us) emendis ad hospitalitatem peregrinorum, et eorundem refect(ionem)

Übersetzung:

Dr. Konrad Stein. – Im Jahre des Herrn 1504 ist diese Kapelle gebaut und mit 350 Gulden zur ewigen Feier von drei Messen pro Woche ausgestattet worden aufgrund des Vermächtnisses des einstmals hervorragenden Dr. Stein aus Jena, (Dr.) der schönen Künste und beider Rechte. Er vermachte diesem Fremdenhospital auch einen Weinberg von 11 Acker, genannt „das Eulengeschrei“, und 380 Gulden, die auf Zins anzulegen sind, zur Beherbergung der Fremden und zu ihrer Erquickung.

Kommentar

Konrad Stein war Sohn des Schmiedes und Jenaer Ratsmeister Hans Stein (nachweisbar zwischen 1382/1419).4) Er studierte 1447 und 1449 an der Universität Erfurt, wird dort Dr. iur. und Domherr5) und ist in den Jahren 1467 und 1498 Rektor in Erfurt.6) Im kirchlichen Leben Jenas spielte er eine bedeutende Rolle. Ab 1484 hatte er eine Vikarie in der Michaeliskirche inne, 1506 finden drei weitere Vikarien als einst in seinem Besitz befindlich Erwähnung.7) Am 21. November 1499 ist er im Erfurter Dom begraben worden.8) Seine Grabinschrift gibt den terminus ante quem für die Verfügung (commissio), die die Einrichtung der Kapelle bestimmte. „Das Eulengeschrey“ erscheint nach den Jenaer Kirchenrechnungen des 16. Jh. an der Spitze der Weinberge mit elf Acker und den regelmäßig höchsten Einnahmen.9) Noch jetzt heißt der kleine Bergeinschnitt im Norden Jenas (Straße „An der Eule“) das „Euletal“.

Die Is. scheint ein Auszug aus der Notariatsurkunde zu sein, die Einzelheiten der Meßordnung und Stiftung bestätigt. Messen waren wöchentlich am Montag, Donnerstag und Sonnabend, im Winter früh um 6 Uhr, im Sommer früh um 5 Uhr, zu lesen. Dafür sind auf Zins 350 Gulden anzulegen.10)

Textkritischer Apparat

  1. A(nno) D(omini) Beier.
  2. Jahreszahl fehlt bei Hortleder.
  3. CCCC Beier; vgl. aber UB II, Nr. 1045: ... pro pretio ducentorum et quinquaginta florenorum et centum sexagenarum similium emptas.
  4. pro⟩ nach dotata Beier.
  5. Steyn Beier.
  6. etiam Beier.
  7. IX. agrorum Beier; vgl. dazu Anm. 9.

Anmerkungen

  1. Nach Wette 1756, 26–27 „nunmehro ... zu einem Schlachthause gemacht“.
  2. Wiedeburg 1785, 289 Anm. 1: „Über der Thür dieser Kapelle wurde noch vor einigen Jahren ein Stein mit einer Inschrift ausgenommen, und sollte zum Wehr-Bau mit verbraucht werden; unser seel. Herr Hofr. J.E.I. Walch [1725–1778] besorgte aber die Aufbewahrung dieses Monuments, und liegt derselbe noch in dessen Hofe“.
  3. So Hortleder.
  4. Vgl. Apel 1937, 258; Konrad Stein stiftete dem Dominikanerkloster drei Bücher für das Anniversarium seines Vaters am Peter- und Pauls-Tag (29. Juni), UB III, S. 268.
  5. UB II, Nr. 1045 nennt ihn canonicus ... beate Marie et s(ancti) Severi ecclesiarum.
  6. Matrikel Erfurt, 2, 206; er wird dort als civilis pontificiique iuris doctorem celeberrimum, phanorum (= fanorum) dive Marie et Severi canonicum zum Rektor gewählt.
  7. UB III, S. 143, Nr. 281; UB III, S. 180 f., Nr. 413 von 1506 nennt St. Georgii in der Michaeliskirche sowie Marie virginis et Andree in der Johanniskirche vorm(als) Dr. Konrad Steyn.
  8. R. Jahr – W. Lorenz, Die Erfurter Inschriften bis zum Jahre 1550, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt 36, 1915, 88 Nr. 460: An(n)o d(omi)ni M cccc lxxxxix die xxi me(n)sis nove(m)b(ris) Conrad(us) stei(n) u(triusque) J(uris) docto(r) hic in Iu(r)e cano(n)ico o(r)dinari(us) et ambaru(m) eccl(es)iaru(m) canonic(us), c(uius) a(nima) [– – –].
  9. Koch 1929a, 234–235.
  10. UB II, Nr. 1045: capellam ... construximus et aedificavimus (– – –) altare, qui tres missas in ebdomada ... perpetuis futuris temporibus celebrare habeat, et pro dote ... sacerdotis ... quindecim florenorum auri Jenensis et sex sexagenarum monete Schneebergensis annuos census ... dictae capellae dedimus (– – –) et de eiusdem defuncti (scil. Conradi) commissione (– – –) ius patronatus consulatui oppidi Ihenis, unde dictus dominus doctor Conradus duxit originem, concessimus etc. – Vgl. UB II, Nr. 1094 aus dem Jahre 1506 über den Zweck der Stiftung: „Ist vor die pylgram, die nicht lenger den eine nacht offen herberg und lager haben und früh, ehe sie auswandern, zuvor zur meßen gehen wollen, ausgerichtet“.

Nachweise

  1. Hortlederiana fasc. VI (= fol. 263), S. 100.
  2. Beier 1681, 199.
  3. Wette 1756, 26 Anm.
  4. Wiedeburg 1785, 289 Anm. 1.
  5. UB II, Nr. 1040.

Zitierhinweis:
DI 33, Stadt Jena, Nr. 42† (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di033b005k0004201.