Inschriftenkatalog: Stadt Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 33: Stadt Jena (1992)

Nr. 8† Stadtkirche St. Michaelis 1415

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Glocke im Turm, sog. Festglocke, „im Winckel gegen Morgen“1); 1945 bei der Zerstörung der Stadtkirche herabgestürzt und zerschmolzen; Reste als Glockenspeise für den Neuguß 1947 verwendet.2) Bronze. – Iss. am Hals (A) und auf Schriftbändern um die Ritzzeichnung der vier Evangelistensymbole (B).

(A) nach Bergner, (B) nach Hübner.

Maße: Dm.: 134 cm;3) Bu.: ca. 2,5 cm (B), eingeritzt.

Schriftart(en): Späte gotische Majuskel (B), gotische Minuskel(A).4)

Reproduktion nach Hübner 1968, Taf. XXII, Abb. 49 [1/2]

  1. A

    Anno domini millesimo quadri(n)gentesimo qvintodecimo † o rex glorie veni cvm pace amen

  2. B

    JOhANNE S·LVC AS·a)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn vierzehnhundertfünfzehn † O König der Ehre, komme mit Frieden. Amen.

Kommentar

Die Ritzzeichnungen auf der Festglocke und auf der im gleichen Jahr entstandenen, aber signierten Wetterglocke (Nr. 9) stammten ohne Zweifel von demselben Zeichner, Hermann Bergfred.5)

Der Mantel der Glocke war durch oben und unten in Lilien endende Zickzacklinien in große Dreiecksfelder geteilt, in denen sich jeweils eine Figur in flachem Linienumriß (nur Michael und Georg erschienen als Hochreliefs) in folgender Anordnung befand:6) 1. Maria, 2. Michael, 3. Kruzifix, 4. Petrus, 5. Johannes, 6. Georg, 7. Lucas, 8. Katharina, 9. Johannes, 10. Michael, 11. Nikolaus, 12. Barbara, 13. Marcus, 14. Georg, 15. Matthäus, 16. Paulus. Dabei stehen für die Evangelisten (7., 9., 13., 15.) ihre Symbole,7) alle geflügelt, mit Schriftbändern in spätgotischer Majuskel.8) Die Umschrift weist neben der Jahreszahl jenes überaus verbreitete Glockengebet9) O rex gloriae, veni cum pace auf und bildet, neben einer undatierten Glocke in Wenigenjena, mit Nr. 9 das früheste Beispiel für seine Verwendung im Ostthüringer Raum.10)

Textkritischer Apparat

  1. Die Iss. der anderen Evangelisten sind nicht überliefert.

Anmerkungen

  1. Beier 1681, 48.
  2. Vgl. Mühlmann 1948.
  3. Nach BuKTh Jena, 103 und Weber 1925.
  4. Im Glockenmuseum Apolda befinden sich nur die beiden von Hübner veröffentlichten Graphitabreibungen des Adlers und des Stieres, die W. Kühne im Jahre 1938 angefertigt hat (briefl. Mitteilung von K. Hübner, Nov. 1985); vgl. hierzu den Bericht von Kühne im Stadtkirchenarchiv Jena (Bestand Gemeindekirchenrat, Reg. 141), leider ohne die Zeichnungen.
  5. Vgl. Nr. 9.
  6. Nach Bergner 1896, 185. Maße nach Hübner: 1. Maria, 30 cm; 3. Kruzifix, 42 cm; 4. Petrus, 32 cm; 5. Johannes, 28 cm; 7. Stier, 20 cm, 8. Katharina, 36 cm; 9. Adler, 19 cm; 11. Nikolaus, 35 cm; 12. Barbara, 35 cm; 13. Löwe, 27,5 cm; 15. Engel, 23 cm; 16. Paulus, 35 cm.
  7. Nach Hes 1,4–14 und Apc 4,6–8; vgl. Walter 1913, 161–162. Die vier Tiere auch auf der Sonntagsglocke, Nr. 4.
  8. Die gotische Majuskel wird auf den Glocken Thüringens im allgemeinen schon E. 14. Jh. abgelöst; die beiden Jenaer Glocken (Nr. 8 und 9) sind neben einer Glocke in Leutra/Kr. Jena von 1450 (Bergner 1896, 183 fig. 4) die spätesten Belege für die gotische Majuskel auf Glocken.
  9. Die Bitte ist wohl liturgischen Ursprungs, vielleicht auf der biblischen Grundlage Ps 24,9: et introibit rex gloriae (Bergner 1896, 168 und DI I, Nr. 441).
  10. Bergner 1896, 168; im Landkreis Naumburg schon E. 14. Jh. (DI IX, Nr. 369 und 370).

Nachweise

  1. Beier 1681, 48.
  2. Wette 1756, 32.
  3. Wiedeburg 1785, 210.
  4. H. Hess, Die mittelalterlichen Bauwerke im Herzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach (Ms. in der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Jena, Sign.: Ms. Thur. f. 26), 91.
  5. Schreiber/Färber 1858, 136.
  6. BuKTh Jena, 1888, 102.
  7. Bergner 1896, 185.
  8. Bergner 1897, 323, Nr. 1.
  9. UB II, Nr. 60.
  10. Weber 1910.
  11. Hübner 1968, Nr. 273 und Taf. XXII, Abb. 49 und 50.
Addenda & Corrigenda (Stand: 10. Mai 2023):

Beschreibung: statt Lucia von Wind(.)(?) setze Lucia von Wiltz.
Inschrift: statt WI(.)d/[.] setze WILD/Z
Übersetzung: Lucia von Wiltz
Wappen: statt unbekannt4) setze Wiltz?4)
Textkritischer Apparat: b) Über ID hochgestelltes L, später eingefügt.
Sachkommentar: 4) Ein Schildhaupt.

Zitierhinweis:
DI 33, Stadt Jena, Nr. 8† (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di033b005k0000809.