Inschriftenkatalog: Stadt Jena

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 33: Stadt Jena (1992)

Nr. 5 Katholische Kirche St. Johannis 1382

Beschreibung

Epitaph der Jutta Selber, im Südteil des Querschiffes, Ostwand; bis Juni 1978 an der südlichen Außenwand oberhalb der Südtür der Kirche.1) Rechteckige Sandsteintafel, in tiefem Relief in der Mitte das Kruzifix, links die Verstorbene kniend, rechts der geköpfte Johannes der Täufer mit dem Haupt in den Händen; oben Engel mit Weihrauchgefäßen. – (A) Umschrift auf dem 7 cm breiten Rahmen, (B) 5 cm breites Spruchband um den Kopf der Verstorbenen. Rechte untere Ecke ausgebessert, kleinere Beschädigungen links oben; restauriert 1978.

Maße: H.: 91 cm; B.: 100 cm; Bu.: 5–6 cm (A), 4 cm (B).

Schriftart(en): Gotische Majuskel, am Schluß von (A) Tagesangabe in gotischen Minuskeln.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Karl-Heinz Priese) [1/1]

  1. A

    hY · [L]IT · V[R]OW · IVTTA · SEL/BERZa) · BEGRABIN · DER GOT · [G/ENADEb) · NAChc)] · GOTZ [·] GEBVR/T A(NNO) · Mo CCC · LXXXII · f(er)ia vi p(ost) assu(m)pc(i)o(n)is mA– – –d)

  2. B

    MISERERE MEI DE(US)e)

Übersetzung:

Hier liegt Frau Jutta Selber begraben, der Gott gnade, nach Gottes Geburt im Jahre 1382, am Freitag nach Himmelfahrt Mariä. – Erbarme dich meiner, Gott!

Datum: 22. August 1382.

Kommentar

In einer Urkunde vom 2. November 1400 wurde die Stiftung einer Seelmesse für mehrere Mitglieder der Jenaer Familie Selber2) beglaubigt; die Messe sollte im Dominikanerkloster alljährlich uf den dritten suntag in deme Adevente3) gehalten werden. Für eine der in der Urkunde genannten Frauen namens Jutta Selber ist dieses Epitaph angefertigt worden.

Die Inschrift ist die älteste erhaltene und datierte Jenas. Ungewöhnlich ist die Darstellung des enthaupteten Johannes Baptista.4) Die der Jahreszahl folgende Tagesangabe unterscheidet sich durch ihre dichtgedrängte und flüchtige Ausführung und durch die Wahl der Minuskel von der Hauptinschrift; vielleicht ist sie später eingehauen worden.5)

Textkritischer Apparat

  1. S und Z seitenverkehrt.
  2. G auf einer Photographie von vor 1911 im Besitz des Stadtmuseums Jena, Neg.-Nr. A 4,72 noch zu erkennen.
  3. von Koch noch gelesen.
  4. = ma(rie), aus Platzgründen nicht ausgeschrieben.
  5. Ps 50,3.

Anmerkungen

  1. Vgl. jena-information 9/1978, 20; Abb. des alten Zustandes bei Möller/Leber.
  2. UB I, Nr. 532. Danach ergibt sich folgendes Verwandtschaftsverhältnis (vgl. Koch 1936a, 23–24): Dietrich (I) ∞ Jutta (I); Kinder: Dietrich (II) und Heinrich ∞ Jutta (II); Kinder: Jutta (III) und Katharine. Entweder für Jutta (I) (so Koch) oder Jutta (II) (so Apel 1937, 249) ist das Epitaph bestimmt.
  3. Dementsprechend noch im Verzeichnis der Jahrtage und Seelmessen aus dem Jahre 1509 unter den Anniversaria indeterminata, Dominica 3. adventus: der Selberin (Katerine Selbern), UB III, S. 269.
  4. Die Kirche war Johannes dem Täufer, und zwar der decollatio (29. August), geweiht. Vgl. Nr. 134.
  5. Um 1380 hat sich die Minuskel zwar in Deutschland schon weitgehend durchgesetzt (vgl. Kloos 1980, 132), doch beweist dies nichts für eine zeitgleiche Entstehung und erklärt auch den Wechsel der Schrift nicht. Frühester sicherer Beleg für die Minuskel in Jena: Nr. 8 und 9 von 1415.

Nachweise

  1. Beier, q. 15, 638.
  2. Beier 1681, 294 (auf 1397 datiert).
  3. Wiedeburg 1785, 275.
  4. Schreiber/Färber 1858, 158.
  5. BuKTh Jena, 1888, 122 (Nachzeichnung).
  6. Lehfeldt 1889, 529.
  7. Koch 1911, 10 und Abb. 2.
  8. Koch 1936a, 17 und Taf. 3.
  9. Mühlmann 1956a, 47 Abb. 39.
  10. Möller/Leber 1958, Abb. 23.
  11. Hallof 1986, 309–310.

Zitierhinweis:
DI 33, Stadt Jena, Nr. 5 (Luise und Klaus Hallof), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di033b005k0000508.