Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 310 Adenstedt, ev. Kirche St. Peter u. Paul 1610

Beschreibung

Glocke. Bronze. Sechs Kronenöhre mit Flechtband und Maskenköpfen. Inschrift A in zwei Zeilen unterhalb der Glockenschulter zwischen Riemenstegen. Ober- und unterhalb der Inschrift Ornamentfriese, der obere mit Meerwesen. Inschrift B in zwei Zeilen auf der Flanke. Die Inschriften sind erhaben gegossen, als Worttrenner Rauten und Sternchen, drei Sternchen unterhalb der Inschrift B. Beim Guss sind einzelne Buchstaben – besonders in Inschrift B – unter oder über die Zeile gerutscht, an einigen Stellen sind Buchstabenteile ausgefallen.

Maße: H.: 105 cm; Dm.: 128 cm; Bu.: 2,5–2,7 cm (A), 2,3 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/2]

  1. A

    · ANNO · 1610 · 3 MAI · VERBVM DOMINI MANET IN AETERNVM1) · IOHANNES WEDEMEIER PASTOR · ANDREAS EVENSEN VOGET / · TILE HAMAN · HENNI IAGAV · ALTERLEVTE · CASPER CLAGES : HANS STHOLLEN · HANS SCHVNEMAN · EILERT GADEKENHOLT ·

  2. B

    · MEISTER · IOCHIM / SCHRADER ·

Übersetzung:

Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. (A)

Kommentar

Die Inschrift ist in einer Kapitalis mit weitgehend gleichmäßiger Strichstärke ohne deutliche Sporenbildung ausgeführt, einzelne Schaftenden sind leicht keilförmig verbreitert. Auffällig ist das I in MAI in Gestalt einer gebogenen arabischen 1. Die Bögen des S laufen annähernd spitz zu, der gesamte Buchstabe ist geringfügig höher als die übrigen. Johann Wedemeyer wurde am 15. Oktober 1580 in Brunkensen als Sohn des dortigen Pastors Conrad Wedemeyer und der Anna Hacke geboren. Nach dem Besuch der Stadtschulen in Hildesheim und Hannover sowie des Pädagogiums in Göttingen hat er sich am 5. März 1604 an der Universität Helmstedt immatrikuliert.2) 1609 heiratete er Dorothea Lehnsen, im selben Jahr wurde er nach Auskunft der Leichenpredigt Pfarrer in Adenstedt und Sellenstedt. Abweichend davon nennt ihn die Helmstedter Matrikel 1610 als Prediger in Adenstedt und vermerkt für das Jahr 1614 einen Wechsel nach Sellenstedt. Er starb am 1. Dezember 1641 im 61. Lebensjahr und wurde in St. Andreas in Hildesheim begraben.3) Der Gießer Joachim Schrader hat in der Zeit zwischen 1590 und 1625 zahlreiche Glocken im Raum Hannover, Hildesheim, Holzminden, Hameln und Oschersleben gegossen.4) Im Landkreis Hildesheim sind zwei weitere Glocken in Nette von 1611 aus seiner Werkstatt (vgl. Nr. 314) erhalten. Wahrscheinlich stammt auch die nicht signierte Glocke von 1624 in Alfeld von ihm (vgl. Nr. 353).

Anmerkungen

  1. Protestantische Devise nach 1. Pt. 1,25.
  2. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, S. 172, Nr. 44. Der Leichenpredigt zufolge hat er auch in Wittenberg studiert, doch ist er in der dortigen Matrikel nicht nachzuweisen.
  3. Meyer, Pastoren, Bd. 3, S. 7; s. a. M. Barward Rhesen, Lebens Bitterkeit / Sterbens Süßigkeit bey christlicher Volckreicher Bestattung / Des Weyland Ehrwuerdigen / Achtbaren und Wollgelahrten Herrn Joann Wedemeiern Sel. (…). Hildesheim 1642. Exemplar: SUB Göttingen, Conc. Fun. 294 V. I. 5, ohne Seitenzählung.
  4. Der Gießerkartei Waack zufolge waren die beiden frühesten Glocken Schraders aus dem Jahr 1590 für die Stiftskirche in Bad Gandersheim bestimmt. Es folgt die Glocke für den Hildesheimer Dom aus dem Jahr 1601, vgl. DI 58 (Stadt Hildesheim), Nr. 554. Weitere Glocken entstanden im Jahr 1603 für Greene, vgl. Kdm. Kreis Gandersheim, S. 445. – 1603 für Hemmendorf, vgl. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Calenberg, S. 100. – 1603 für Ammensen, vgl. DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 159. – 1604 für Harderode; vgl. Kdm. Kreis Holzminden, S. 286. – 1606 für die Marktkirche in Hannover; vgl. DI 36 (Stadt Hannover), Nr. 239. – 1612 eine Glocke für Kirchwehren (Region Hannover), vgl. Kdm. Kreise Hannover und Linden, S. 92. – 1613 für Limmer (Stadt Hannover), vgl. ebd., S. 103. – 1613 für Osterode (St. Ägidien), vgl. Mithoff, Kunstdenkmäler Göttingen und Grubenhagen, S. 170. – 1614 für Luttringhausen (Lkr. Hameln-Pyrmont), vgl. Kdm. Kreise Hannover und Linden, S. 106. – 1615 für Moringen, vgl. Domeier, Moringen, S. 104. Außerdem nennt Walter folgende Glocken von diesem Gießer: 1605 in Eitsdorf (Kreis Oschersleben), 1608 in Leveste (Region Hannover) und 1616 in Bennigsen (Region Hannover), vgl. Walter, Glockenkunde, S. 872.

Nachweise

  1. Graff, Geschichte des Kreises Alfeld, S. 480.
  2. Kdm. Kreis Alfeld I, S. 15.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 310 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0031000.