Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 282 Wrisbergholzen, ev. Martinskirche 1602

Beschreibung

Grabplatte für Kunigunde (Kunne) von Münchhausen. Stein. Die Grabplatte stammt aus der um 1870–1880 abgebrochenen Kirche in Irmenseul.1) Sie war bis zum Abbruch der dortigen Kapelle im Chor angebracht, heute befindet sie sich in der Turmhalle der Wrisbergholzener Kirche.2) Im vertieften Innenfeld der hochrechteckigen Platte ist unter einem mehrteiligen Bogen die Verstorbene im Relief als Ganzfigur mit zusammengelegten Händen dargestellt. In den vier Ecken des Innenfeldes vier Vollwappen. Zwischen den beiden oberen Wappen ein Putto mit Sanduhr und Sense. Die Platte wird gerahmt von der erhaben in vertiefter Zeile ausgeführten Inschrift A. Zu den Füßen der Verstorbenen zwischen den beiden Wappen, ebenfalls erhaben in vertiefter Zeile ausgeführt, Inschrift B. u ist jeweils durch zwei parallele Schrägstriche markiert.

Maße: H.: 223,5 cm; B.: 104,5 cm; Bu.: 4,9 cm (A), 2,2 cm (B).

Schriftart(en): Fraktur (A), Kapitalis (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. A

    Anno D(omi)nj 1602. am Sontage Pal/marum3) abendts vmb 6 vhr Jst die Edle vnd Vielthugentsame Cuniunda gebor[n] / von Munchausen Lippoldt vo(n) / Stocheimbs eheliche hausfraw, in Gott saliglich entslaffe(n), der seele(n) gott gnedig sei ·

  2. B

    NACH DIR HERR / VERLANGET MIR4)

Wappen:
Münchhausen*Landesberg*
Kotze*Zesterfleth*

Kommentar

Findel hat die Grabplatte aus stilkritischen Gründen dem Hildesheimer Bildhauer Ebert Wolf d. Ä. zugeschrieben,5) Der Putto zwischen den beiden oberen Wappen spricht aber eher für eine Arbeit Ebert Wolfs d. J. Die Schriftcharakteristika der Fraktur auf der Grabplatte, besonders die auffällige u-Strichelung, die sich auch auch auf den signierten Grabplatten dieser Werkstatt in Ottenstein und auf dem Epitaph für Fritz von der Schulenburg (gest. 1579) in Hehlen findet,6) bestätigen die Zuordnung zur Wolf-Werkstatt. Dasselbe gilt für die zum Dorn reduzierten Anstriche am Schaft von b, l, h und Schaft-s, die in dieser Inschrift allerdings nicht durchgängig zu erkennen sind, weiterhin für die Gestaltung der Initialen und die Form der Ziffern, speziell der 6, deren geschlossener unterer Bogenabschnitt die Zeile komplett ausfüllt.

Kunigunde von Münchhausen stammte aus der Ehe zwischen Clamor von Münchhausen (gest. 1561) und Elisabeth von Landesberg (gest. am 14. Juni 1581), deren Eltern Dietrich von Landesberg und Gisela von Zesterfleth waren.7) Clamor von Münchhausen war der Sohn des Hans von Münchhausen und der Katharina von Kotze (gest. 1568).8) Das für die Eheleute Clamor von Münchhausen und Elisabeth von Landesberg gestiftete Epitaph in der Klosterkirche in Loccum (Lkr. Nienburg) stammt ebenfalls aus der Wolf-Werkstatt. Auch die für die beiden Kinder des Ehepaars Kunigunde von Münchhausen und Lippold von Stöckheim gestifteten Grabplatten (Nr. 236 u. 245) und das Epitaph für das Ehepaar (Nr. 282a) wurden in dieser Werkstatt angefertigt.

Kunigunde von Münchhausen starb am 28. März 1602 in Schwicheldt, das zum Pfandbesitz ihres Ehemanns Lippold von Stöckheim gehörte, und wurde am 27. April desselben Jahres in Irmenseul begraben.9)

Anmerkungen

  1. Vgl. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Hildesheim, S. 189.
  2. Kdm. Kreis Alfeld I, S. 175.
  3. 28. März.
  4. Ps. 25,1. Der Text lag der von Bartholomäus Sengebähr für Kunigunde von Münchhausen gehaltenen Leichenpredigt zugrunde: Uber der Leich der Edlen vnd vieltugentreichen Frauwen Kvnigvnden gebornen von Münchhausen des Edlen vnd Ehrnvesten Lippolden von Stöckheim hertzgeliebten seligen Haußfrawen. Hildesheim 1602, Exemplar: StaHi, Wiss. Bibl. 653, 12.
  5. Findel, Bildhauerfamilie Wulff, S. 77 (unter „Cunigunde von Stockheim“ verzeichnet).
  6. Vgl. DI 83 (Lkr. Holzminden), Nr. 98, 99 u. 100 (Ottenstein), Nr. 144 (Hehlen).
  7. Stammtafeln Münchhausen, S. 120f., Nr. 282.
  8. Ebd., S. 100, Nr. 207.
  9. Ebd., S. 151, Nr. 399.

Nachweise

  1. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Hildesheim, S. 189 (A unvollständig).
  2. Graff, Geschichte des Kreises Alfeld, S. 474.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 282 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0028201.