Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 265† Himmelsthür, kath. Kirche St. Martinus 1599

Beschreibung

Taufe. Stein. Das Taufbecken ist wahrscheinlich im Zweiten Weltkrieg bei der Zerstörung der Kirche verlorengegangen.1) Achtseitiges, trichterförmiges Becken über einem achteckigen Fuß mit gekehltem Fußhals. Am Fuß Beschlagwerkornamente, an den Kesselwandungen je ein geflügelter Puttenkopf. Zwischen den Puttenköpfen und einem Abschlussgesims verlief um das Becken umlaufend Inschrift A erhaben in vertiefter Zeile. Inschrift B in den acht Flächen der Kesselwandung. Die Inschriften waren schon zur Zeit der Kunstdenkmäleraufnahme (1938) beschädigt.

Inschriften nach Foto Hannover, NLD, ergänzt nach Kdm.

Maße: H.: 100 cm.

Schriftart(en): Fraktur und Kapitalis.

  1. A

    [Die Tauffe un das abentmal uns(eres) Herrn Jesu Ch(risti) / was ist dies C . . . / Hey ist waffea) in Gotte(s) wort / . . . . .a un(d) mit gotte(s) gebot ve(r)bunde(n)] [ – – – ]b) / MAR. A 10

  2. B

    An(n)o salu/tis nost/risc) · 1 5 · 99 // [Hans Blomberg 10 fld), Heni Haften wit(we) 10, Caspe(r) meirhe(n) 5 fl, han(s) scher 5 fl, ach. Hey P(astor), Feischer : O. L., Coer Rom.e)]

Übersetzung:

Im Jahr unseres Heils 1599. Hans Blomberg [gab] 10 Gulden, die Witwe des Henni Haften 10, Kaspar Meirhen 5, Hans Scher 5 […]. (B)

Kommentar

Inschrift A thematisiert die beiden Sakramente Taufe und Abendmahl (Sakrament des Altars), denen Martin Luther im Großen und im Kleinen Katechismus je ein Hauptstück widmete. Der Bezug auf die Textstruktur des Kleinen Katechismus ist weiterhin durch die Frage was ist dies gegeben.2) Diese Anklänge der Inschrift A an eine der zentralen lutherischen Bekenntnisschriften verweisen darauf, dass die Stiftung der Taufe im Jahr 1599 in evangelischem Kontext erfolgt ist. Tatsächlich war Himmelsthür, obwohl es seit dem Quedlinburger Rezess von 1523 zum Territorium des Bischofs von Hildesheim, dem sogenannten Kleinen Stift, gehörte, von 1557 bis 1643 evangelisch, nachdem das Amt Steuerwald, in dem Himmelsthür lag, in den Besitz des lutherischen Herzogs Adolf von Holstein gekommen war.3)

Die Überlieferung der Inschrift A im Kunstdenkmälerinventar des Landkreises Hildesheim erlaubt keine Rekonstruktion, zumal die Inschrift nicht den Text der angegebenen Bibelstellen aufnimmt, sondern offenbar in einer freien Formulierung Taufe und Abendmahl zueinander in Beziehung setzt.

Spenderlisten, wie sie Inschrift B überliefert, finden sich oft auf der Rückseite von Altartafeln, vgl. Nr. 336 u. 343.

Textkritischer Apparat

  1. In Kdm. durch Fragezeichen als unsichere Lesung markiert.
  2. In Kdm. sind hier nur die Bibelstellen Mk. 10,14 u. Mk. 16,16 genannt. Offenbar standen hier im Original in vielleicht verkürzter Form die entsprechenden Texte: Mk. 10,14: Lasst die Kindlin zu mir komen vnd weret jnen nicht Denn solcher ist das reich Gottes und Mk. 16,16: Wer da gleubet vnd getaufft wird Der wird selig werden Wer aber nicht gleubet der wird verdampt werden.
  3. nostris] Mit „!“ in Kdm. versehen; zu verbessern in nostrae.
  4. fl] ‚floreni‘ = Gulden.
  5. ach … Rom.] Kürzungszeichen über dem letzten Buchstaben von Rom. Kdm.; Klammern so in Kdm.

Anmerkungen

  1. Beschreibung und Maßangabe nach Kdm. Landkreis Hildesheim; zur Geschichte der St. Martinus-Kirche vgl. BGV Hildesheim, Kunstinventar Hildesheim-Himmelsthür, St. Martinus, S. 20.
  2. Vgl. Der große Katechismus deutsch Dokt. Martin Luther, 4. und 5. Stück. In: Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche. Göttingen 132010, S. 691: Am Beginn des vierten Teils „Von der Taufe“ heißt es als Einleitung zu den Abschnitten über Taufe und Abendmahl: Über dieselbigen hinaus (sc. die drei Ersten Hauptstücke) ist noch zu sagen von unsern zweien Sakramenten, von Christo eingesetzt (…).
  3. Vgl. Handbuch Bistum Hildesheim, Region Hildesheim, S. 62. Voraufgegangen war die Ablösung des an Angehörige der Familie von Rauschenplatt verpfändeten Amtes Steuerwald durch den evangelischen Hildesheimer Bischof Friedrich von Holstein (1551–1556), die u. a. mit finanziellen Mitteln seiner Brüder Hans und Adolf von Holstein erfolgte, vgl. Bertram, Bischöfe, S. 138.

Nachweise

  1. Hannover, NLD, Bildarchiv IFDN 3923 (Foto Jürgens, 1934).
  2. Kdm. Landkreis Hildesheim, S. 117 u. Tafel 49c.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 265† (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0026500.