Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 263 Eime, ev. Kirche St. Jakobi 1598

Beschreibung

Grabplatte für N. N. Westermann, Ehefrau des Pastors Daniel Ludewig. Stein. Die Platte befand sich zum Zeitpunkt der Aufnahme (Sommer 2006) an der nördlichen Friedhofsmauer, zur Zeit der Kunstdenkmäleraufnahme (1939) war sie Bestandteil der Altarmensa.1) Die erhaben vor vertieftem Hintergrund ausgeführte Inschrift A lief ursprünglich an vier Seiten um die Platte herum, der Schluss ist im Innenfeld parallel zur oberen Schmalseite angebracht. Die untere Schmalseite ist zerstört, die rechte Langseite stark verwittert mit erheblichem Buchstabenverlust; die linke Langseite ist an der Außenkante abgehauen, sodass die Buchstaben nicht mehr vollständig erhalten sind. Die erhaben ausgehauene Inschrift B verläuft in acht Zeilen im Innenfeld.

Maße: H.: 150 cm (über dem Boden); B.: 75,5 cm; Bu.: 5–5,7 cm (A), 4,1 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis (A), Mischminuskel mit Kapitalisversalien (B).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. A

    ANNO D(OMI)NI 1598 · AM · 30 / · IVNI ZWISCHEN [3 VND] 4 SCHL[EGEN] DES NAMIDTAGES [ – – – ] / [ – – – ] / [ – – – ]HEAa) WESTERMAN · HER DANIEL · LVDEWICI · EHELICHE · HVSFRAWE // IN · GODT · SELIG · ENTSLAFEN

  2. B

    Viue Vale Coniunx cum Gnatis / Nestoris2) annosIn Christo Morior Chare / Marite Vale /Iam Vocor [a Chri]sto Cu(m) te Quoq(ue) / [fata] Vocabunt /Rursus in optatis Conue/[niemus] agris

Übersetzung:

Leb wohl und leb, mein Gatte, mit den Kindern, so viele Jahre wie Nestor. Ich sterbe in Christus, lieber Mann, leb wohl. Jetzt werde ich von Christus gerufen. Wenn auch dich das Schicksal rufen wird, werden wir uns in den ersehnten Gefilden [des Paradieses] wiedertreffen. (B)

Versmaß: Zwei elegische Distichen (B).

Kommentar

Die Kapitalis der Inschrift A ist charakterisiert durch sehr schmale Ligatur-E und G mit hochgezogener Cauda, die fast das obere Bogenende berührt. Inschrift B vereinigt Elemente der gotischen Minuskel, der Fraktur und der humanistischen Minuskel, deren Gestaltung allerdings wenig an den jeweiligen Idealformen orientiert ist. Charakteristisch sind oben und unten spitzes o, einstöckiges a, gerundete Brechungen auf der Grundlinie. v und c entsprechen den Formen der humanistischen Minuskel, können aber auch als ins Mittelband gestellte Kapitalis-Formen aufgefasst werden. Da spitzes v ausschließlich am Wortanfang verwendet wird, während im Wortinneren rundes u steht, werden v und c am Wortanfang als Versalien wiedergegeben.

Zu dem in Inschrift A genannten Ehemann der Verstorbenen, Pastor Daniel Ludewig, der von 1588 bis 1633 in Eime Pastor war, vgl. den Kommentar zu Nr. 375.

Das Grabgedicht B ist als Rede der verstorbenen Ehefrau an ihren überlebenden Ehemann formuliert. Die in der mittelalterlichen und neulateinischen Dichtung häufig verwendete Junktur fata vocabunt geht auf antike Vorbilder zurück,3) optati agri ließ sich als Metapher für das Paradies bisher nicht nachweisen. Als Verfasser der Grabschrift ist der Ehemann der Verstorbenen, Pastor Daniel Ludewig, zu vermuten.

Textkritischer Apparat

  1. Wahrscheinlich [DOROT]HEA.

Anmerkungen

  1. Kdm. Kreis Alfeld II (Gronau), S. 58.
  2. In der antiken Mythologie ist Nestor der langlebige Herrscher von Pylos, der als Greis am Trojanischen Krieg teilnahm.
  3. Vgl. Lateinisches Hexameter-Lexikon, zusammengestellt von Otto Schumann, 5 Teilbde., Ergänzungsband u. Register. (Monumenta Germaniae Historica Hilfsmittel 4). München 1979–1989, hier Teil 2, S. 233 u. ö.; Vergil, Aeneis 4, 678 me ad fata vocasses; Silius Italicus, Punica 10, 522 cum fata vocabunt; Vergil, Aeneis 11,97 fata vocant.

Nachweise

  1. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Calenberg, S. 27 (A, nur Jahreszahl).
  2. Kdm. Kreis Alfeld II (Gronau), S. 58 (A teilweise).

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 263 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0026306.