Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 253 Hoyershausen, ev. Kirche St. Marien u. Lamberti 1595, 1622 o. früher?

Beschreibung

Opferstock. Stein. Zum Zeitpunkt der Kunstdenkmäleraufnahme (1929) war der Opferstock hinter dem Altar aufgestellt; 2004 stand er am Südeingang. Der auf einem achtseitigen Ständer montierte viereckige Sammelkasten ist an drei Seiten mit Inschriften versehen: Inschrift A an der rechten Seite, B an der linken, C an der Vorderseite. Die zwischen Doppellinien eingehauenen Inschriften sind mit schwarzer Farbe gefüllt.

Maße: H.: 101,5 cm (Sammelkasten einschließlich Ständer); B.: 36,5 cm; T.: 30,5 cm (Sammelkasten); Bu.: 3–4 cm (A), 4–6 cm (B), 2,5–3,5 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. A

    GEVET SO / WERT IW / GEGEVEN : / LVCAE 6 :1) / C. G. H.

  2. B

    GODT / BETALLT / ALLES : ·/ S : M : C :a)

  3. C

    H(ERR)b) IOHAN GROVEc) / CVM UXORE SVA / ANNA TORNERId) / FIERI FECIT : / ANNO SALV(TIS) / · 1 · 5 · 95e) ·

Übersetzung:

Gebt so wird euch gegeben. Lucas 6. (A)

Gott vergilt alles. (B)

Herr Johann Grove ließ mit seiner Ehefrau Anna Torners [dies] machen im Jahr des Heils 1595. (C)

Kommentar

Schaft-, Balken- und Bogenenden tragen zum Teil ausgeprägte Sporen, A ist mit gebrochenem Mittelbalken ausgeführt.

Johann Grove (Grovenius) wurde 1543 in Goslar geboren und war Kaplan in Gronau. In Hoyershausen war er zunächst mercenar ‚Lohnpfarrer‘ des Großvogts, der die Pfarrei von Herzog Erich II. als Lehen hatte. Von 1565 bis 1603 war er dann wirklicher Pastor, pastor verus.2) Er legte, beginnend mit seinem Amtsantritt, das erste Kirchenbuch der Gemeinde an, das auch ein Verzeichnis der Pfarr-, Küsterei- und Kirchengüter enthält. Die Stiftung des Opferstocks ist unter Historie quedam im Kirchenbuch erwähnt. Er diente zur Aufnahme des Armenopfers, das bei den begrebnissen auch sonsten von gutherzigen Christen gegeben wirt.3) Johannes Bugenhagen empfiehlt in seiner Kirchenordnung die Aufstellung von Opferstöcken zum Besten der Armen, in die auch die nach Amtshandlungen gegebenen Spenden eingelegt werden sollten.4)

Die Initialen C. G. H. am Ende der Inschrift A könnten für den Sohn und Nachfolger Johann Groves stehen: C(ONRADVS) G(ROVE) H(OYERSHVSENSIS), der seit 1601 als Adjunkt seines Vaters tätig war und 1622 in Hoyershausen starb. Die Verwendung der niederdeutschen Sprache spricht allerdings eher gegen die späte Entstehung. Sofern die Auflösung der Initialen zutrifft, wäre die Inschrift A auf 1622 oder früher zu datieren.

Textkritischer Apparat

  1. S : M : C :] C Fehlt Kdm.
  2. H(ERR)] Fehlt Mithoff.
  3. GROVE] Nach dem E könnte noch ein N gestanden haben.
  4. TORNERI] Fornerin Graff.
  5. 1 · 5 · 95] 1595 A. L. V. Mithoff.

Anmerkungen

  1. Lk. 6,38. Vgl. die gleichlautende Inschrift auf den Opferstöcken in Burgstemmen Nr. 251 und in Rheden Nr. 459.
  2. Vgl. Graff, Geschichte des Kreises Alfeld, S. 277; Meyer, Pastoren, Bd. 1, S. 547.
  3. Ev. Luth. Kirchenkreisarchiv Hildesheim, Mikrofiche des verfilmten Kirchenbuchs von Hoyershausen, fol. 200r.
  4. Vgl. Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts, Bd. 6/1, hg. von Emil Sehling. Die Fürstentümer Wolfenbüttel und Lüneburg mit den Städten Braunschweig und Lüneburg. Tübingen 1955, S. 451; s. a. ‚Armenfürsorge, Reformationszeit‘. In: Theologische Realenzyklopädie Bd. 4, hg. von Horst Robert Balz u. a. Berlin/New York 1979, S. 29–34 (Stupperich).

Nachweise

  1. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Calenberg, S. 104.
  2. Graff, Geschichte des Kreises Alfeld, S. 277.
  3. Kdm. Kreis Alfeld I, S. 168 (mit einer Zeichnung der Inschrift A).

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 253 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0025300.