Inschriftenkatalog: Landkreis Hildesheim

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 88: Landkreis Hildesheim (2014)

Nr. 170 Wetteborn, ev. Kirche St. Peter u. Paul 1562

Beschreibung

Glocke. Bronze. Sechs Kronenöhre, verziert mit Maskenköpfen, auf der Flanke zweimal ein Relief mit der Darstellung Christi am Kreuz jeweils mit Titulus A, B. Unter dem Kreuz auf der einen Seite Maria mit Kind, auf der anderen Christus am Kreuz. Oberhalb des Schlags mehrere kleine Reliefs: abwechselnd dreimal Christus am Kreuz, dreimal Maria mit Kind, zweimal Agnus Dei. Inschrift C verläuft unterhalb der Glockenschulter, Inschrift D darunter. Beide Inschriften stehen zwischen Riemenstegen und Ornamentfriesen. Die Inschriften sind erhaben gegossen, als Worttrenner in (C) Rauten, in (D) abwechselnd sitzende oder fliegende kleine Vögel.

Maße: H.: 94,5 cm; Dm.: 122 cm; Bu.: 1,2 cm (A, B), 1,7–2,2 cm (C, D).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Christine Wulf) [1/1]

  1. A

    I(ESVS) · N(AZARENVS) · R(EX) · I(VDEORVM)1)

  2. B

    I(ESVS) · N(AZARENVS) · R(EX) · I(VDEORVM)1)

  3. C

    VERBVM · DOMINVMa) · MANET · IN · ETERNVM2) · KOMET · HER · THO · MI · ALLE · DE · GIb) · BEMOET · VNDE · BELADEN · SINT · ICK · WIL · IV · ERQVICKEN3) ·

  4. D

    · HENNI · KRVSE · HEETc) · MI · GEGOTEN · ANNO · DOMINI · 1562 · ERNST · BARCHARDES · AMTMAN · IOHANNES · STRVWEN · PARNER · DREVES · WISENd) · KARSTEN · SIVERS

Übersetzung:

Das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit. Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. (C) Henni Kruse hat mich gegossen im Jahr des Herrn 1562. Amtmann Ernst Burchardes, Pfarrer Johannes Strube, Dreves Wisen und Karsten Sivers. (D)

Kommentar

Zu dem Gießer Henni Kruse vgl. den Kommentar zu Nr. 168 (weitere Werke, Schriftbeschreibung).

Ernst Burchardes war Calenberger bzw. Wolfenbütteler Amtmann in Winzenburg. Er wurde um 1525 in Eschershausen (Lkr. Holzminden) geboren und starb nach 1589. Im Jahr 1587 ist er von seinem Amt zurückgetreten.4) Johannes Strube wurde um 1525 in Beckum (Lkr. Warendorf/Nordrhein-Westfalen) geboren und starb am 1. April 1595 in Naensen (Lkr. Northeim).5) In einem nur noch kopial überlieferten selbstverfassten lateinischen Epitaph hat er seinen Lebenslauf dargelegt.6) Seine Eltern hatten ihn zunächst für das Kloster bestimmt, als aber die lutherische Lehre sich immer mehr durchsetzte, verließ er das Kloster und wurde um 1551 Prediger in Lamspringe, anschließend in Wetteborn.7) Von 1562 bis zum Tod Heinrichs des Jüngeren 1568 wirkte er in Greene (Lkr. Northeim), danach bis zu seinem Tod in Naensen. Das dezidiert „evangelische“ Textprogramm der Glocke mit einer protestantischen Devise (C) und der für die nachreformatorischen Glocken typischen Nennung der aktuellen Amtsträger in Inschrift D zeugt wie das Epitaph von Strubes lutherischer Gesinnung.

Textkritischer Apparat

  1. DOMINVM ] Statt DOMINI, so Mithoff.
  2. GI] Ju Mithoff.
  3. HEET] Wahrscheinlich Gussfehler statt HEFT.
  4. DREVES · WISEN] Fehlt Mithoff.

Anmerkungen

  1. Io. 19,19.
  2. Protestantische Devise nach 1. Pt. 1,25.
  3. Mt. 11,28.
  4. Vgl. Klingebiel, Lokale Amtsträger, S. 712 mit weiteren Angaben zur Person.
  5. Johannes Strube ist nicht identisch mit dem gleichnamigen Kanoniker des Stifts Gandersheim, dessen biografische Daten Goetting, Kanonissenstift Gandersheim, S. 438f. zusammengestellt hat.
  6. Vgl. Kdm. Kreis Gandersheim, S. 469 (nach Braunschweigische Anzeigen 1759, Sp. 713ff.); Freist/Seebaß, Pastoren, Bd. 2, S. 314, Nr. 4013; Bd. 1, S. 93 u. 139 (Naensen). – Die Edition der Inschriften des Landkreises Northeim ist in Vorbereitung.
  7. Meyer, Pastoren, Bd. 2, S. 500.

Nachweise

  1. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstenthum Hildesheim, S. 240.
  2. Graff, Geschichte des Kreises Alfeld, S. 450.
  3. Kdm. Kreis Alfeld I, S. 280.
  4. Drömann, Glocken, S. 65.

Zitierhinweis:
DI 88, Landkreis Hildesheim, Nr. 170 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di088g016k0017006.