Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 487 Juleum 1752

Beschreibung

Gemälde. Porträt des Franz Rothfischer. Öl auf Leinwand. Im Bibliothekssaal an der Nordwand, drittes Bild von Osten. Bei einer Restaurierung Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts erhielt es den jetzigen Rahmen1). In dunkler abgesetztem Oval innerhalb eines einfarbigen Rechtecks der Porträtierte in Halbfigur, mit Zopfperücke, in dunkelbraunem, enganliegendem Obergewand, goldfarbener Weste, weißem, von Rüschen besetztem Hemd, breiter weißer Halsbinde und in der erhobenen Rechten ein aufgeschlagenes Buch. Um die linke Körperseite dunkelblau glänzende Stoffdrapierung. Inschrift A rechts über dem Kopf, Inschrift B im aufgeschlagenen Buch, Inschrift C rechts außen neben dem Buch. Inschriften gemalt, gold auf braun-beigem (A), braun auf weißem (B) und dunkelgrau auf braunem (C) Grund.

Maße: H.: 90 cm; B.: 70 cm (ohne Rahmen); Bu.: 2,5 cm (A), 1,2 cm (B), ca. 0,3 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien (A), Fraktur (B), Antiqua (C).

Sabine Wehking [1/1]

  1. A

    FRANZ ROTHFISCHER.

  2. B

    Nachricht

  3. C

    E. Becklÿ / pinx(it) 1752

Übersetzung:

E. Beckly hat (dieses Bild) 1752 gemalt. (C)

Kommentar

Inschrift A bietet als einzige Beischrift der Helmstedter Professorenporträts den Vornamen des Abgebildeten in eindeutig deutscher Version.

Franz Rothfischer, geboren 17212), ehemaliger Benediktinerpater aus St. Emmeram in Regensburg, hatte durch seinen 1751 in der Thomaskirche zu Leipzig vollzogenen Übertritt zum lutherischen Glauben zu seiner Zeit großes Aufsehen erregt. Das Bild entstand, nachdem der durch seine kritischen philosophischen Publikationen bekannt gewordene Gelehrte – er war Anhänger Christian Wolfs – den Ruf auf einen Lehrstuhl der Philosophie in Helmstedt angenommen hatte. Rothfischer ist am 5. April 1752 in Helmstedt eingeführt worden. Inschrift B bezieht sich auf die literarische Kontroverse, die zwischen katholischen Publizisten und Rothfischer nebst einigen norddeutschen Protestanten ab 1752 einsetzte. Sie zitiert ein Titelwort der Publikationen, in denen Rothfischer seinen Konfessionswechsel verteidigt3). Bemühungen seitens der Benediktiner, Rothfischer im Guten zur Rückkehr zu bewegen, blieben erfolglos. Rothfischers Tätigkeit in Helmstedt wurde beeinträchtigt von einer schweren Krankheit. Er starb am 20. Februar 1755 in Göttingen, wohin er sich zur Behandlung begeben hatte.

Von dem in Inschrift C sich E. Becklÿ nennenden Maler sind mit gleicher Signatur mehrere Fürsten-, Adeligen- und Gelehrtenbildnisse in Braunschweig-Wolfenbüttel und im Harzraum nachweisbar. Das Helmstedter Bild ist dem Œuvre Becklys bisher nicht zugewiesen worden4). Es wurde – wie andere Bilder Becklys auch – in Braunschweig von dem Kupferstecher Anton August Beck (1713–1787)5) zu einem Stich verarbeitet6).

Anmerkungen

  1. Frdl. Auskunft des Leiters der Ehem. Universitätsbibliothek Helmstedt, Herrn R. Volkmann.
  2. Lebensdaten nach ADB 29, S. 361f. (Verfasser P. Zimmermann). Vgl. auch Ahrens, Lehrkräfte, S. 197f.
  3. Zuerst in: Franz, sonst Gregorius Rothfischers .. Nachricht von seinem Uebergange von der Roemischen zu der Evangelischen Kirche .. zu Steuer der Wahrheit aufgesetzt .. Leipzig/Wolfenbüttel 1752, HAB Wolfenbüttel TS 43. Rothfischer läßt noch mindestens drei Fortsetzungen – Fortsetzung der Nachricht, Anhang zur Nachricht, Erste Nachlese zur Nachricht – erscheinen. Eine anonyme Dokumentation der Kontroverse erschien 1754 in Frankfurt und Leipzig unter dem Titel: Critische .. Nachricht und Beurtheilung der ueber den Uebergang des .. Franz Rothfischer von der Roemisch-Catholischen zur Evangelisch-Lutherischen Kirche sowohl von Ihme als fuer= und wider Ihn hervorkommenden .. Schriften. Sie listet in einem Titelverzeichnis zwanzig Veröffentlichungen zu dem Fall auf, vgl. ebenda, S. 21, Exemplar HAB Wolfenbüttel Tm 396.
  4. Zu Beckly mit Werkverzeichnis Saur, Künstlerlexikon, Bd. 8, S. 186. Vgl. auch Thieme/Becker, Bd. 3, S. 155.
  5. Zu ihm Thieme/Becker, Bd. 3, S. 136.
  6. Er ist abgebildet bei Mortzfeld, Porträtsammlung, A 18033. Die Unterschriften lauten E. Beckly pinx. und A. A. Beck sc. Brunsv. Übernommen wurde nur die Personendarstellung, im übrigen hat der Stich einen detailreich gearbeiteten Hintergrund und Zutaten wie Wappen und Kartusche mit langer, personenbezogener Inschrift. Inschrift B fehlt, das Buch in der Rechten Rothfischers ist nur leicht geöffnet.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 487 (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0048703.