Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 411† St. Stephani 1705

Beschreibung

Grabdenkmal des Paul Lentz. Es wird von Böhmer 1710 unter den Steinen im nördlichen Teil des Friedhofes aufgeführt1).

Inschrift nach Böhmer.

  1. Lege luge viator Hoc saxum condit exuuias PAVLI LENTZ Stendaliae nati die VIII Kal(endas) (Decem)br(is)2) a(nn)o MDCLXI I(uris)c(onsul)ti pietate ac dexteritate inclyti qui ingenio iudicio doctrina morumque gratia nulli secundus vir aulam ingressus ad illustriores aulae gradus transgressus serenissimo principi Frid(erico) Hass(iae) Landgrau(io) a consiliis inclaruit sed fato fatis contrario in ipso aetatis ac fortunae vere inuida mortis falce in hac Iulia ad diem XVII Kal(endas) N(ouem)br(is)3) a(nno) MDCCV sublatus principi ac bonis omnibus4) grauem dolorem inflixit quod optima vidua Hedwigis Elisabetha Ehwaldia et VI liberi marito et parenti desideratissimo cum lacrimis posuerunt Abi viator et cogita nihil amarius amori quam mori

Übersetzung:

Lies und trauere, Wanderer! Dieser Stein birgt die sterbliche Hülle des Paul Lentz, geboren in Stendal am achten Tag vor den Kalenden des Dezember im Jahre 1661, eines um seiner Gottesfurcht und Tüchtigkeit willen weithin gerühmten Rechtsgelehrten. Als Mann, dem keiner gleichkam an Begabung, Urteilsvermögen, Bildung und angenehmen Umgangsformen, begab er sich an einen Hof, durchlief die vornehmeren Hofämter und erreichte schließlich die ehrenvolle Position eines Rates für den durchlauchtigsten Fürsten Friedrich Landgraf zu Hessen. Aber er wurde im Frühling seines Lebens und Erfolges von dem seinem Geschick feindlichen Schicksal mit der neidischen Todessichel dahingerafft an dieser Julia am 17. Tag vor den Kalenden des November im Jahre 1705 und fügte so seinem Fürsten und allen Redlichen einen schweren Schmerz zu. Diesen Stein setzten die rechtschaffenste Witwe Hedwig Elisabeth Ehwald und sechs Kinder dem schmerzlichst vermißten Gatten und Vater unter Tränen. Geh nun davon, Wanderer, und bedenke, daß für die Liebe nichts bitterer ist als das Sterben.

Kommentar

Paul Lentz5), Sproß einer alten Theologenfamilie, die sich mütterlicherseits auf einen Schwestersohn von Luther zurückführt, begab sich nach Jurastudien in Jena in die Dienste des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Homburg („Prinz von Homburg“), wo er – die Inschrift spricht davon – vom Aktuarius über den Sekretarius und Kammerrat zum Hofrat aufstieg. Erhalten hat sich von ihm eine Geschichte der Erzbischöfe von Magdeburg6). Das zu seinem Tode von der Universität Helmstedt veröffentlichte Funeralprogramm gibt keinen Hinweis auf die Beziehung von Lentz zur Universität und zu Helmstedt, dem Ort, an dem er beigesetzt worden ist. Vermutlich besteht ein Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit als hessischer Rat und dem Territorialbesitz seines Fürsten in der östlichen Nachbarschaft von Helmstedt. So standen die Ämter Hötensleben, Oebisfelde und Weferlingen (Sachsen-Anhalt) zeitweilig unter der Verwaltung des Landgrafen Friedrich II. von Hessen-Homburg7).

Verheiratet war Lentz seit 1690 mit der das Grabdenkmal setzenden Hedwig Elisabeth Ehwald, Witwe des hessischen Rates und Amtmanns in Hötensleben, Bördekreis, Heinrich Brennen.

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 46 LAPIDES IN PARTE COEMITERII anteriore mit S. 69.
  2. 24. November.
  3. 16. Oktober.
  4. Zu bonis omnibus vgl. S. 37f. der Einleitung.
  5. Lebensdaten nach Programma in funere .. Pauli Lentz, Helmstedt 1705.
  6. Pauli Lentzii .. historia archiepiscoporum Magdeburgensium, hg. von Samuel Walther, Magdeburg und Leipzig 1738.
  7. Vgl. Handbuch der historischen Stätten Deutschlands 11, Provinz Sachsen Anhalt, hg. von B. Schwineköper, Stuttgart 1987, S. 216, S. 351f., S. 485f.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 69.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 411† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0041109.