Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 349† St. Stephani 1698

Beschreibung

Grabdenkmal des Johannes Ritmeier. Nach Böhmer befand es sich 1710 unter den Steinen im nördlichen Teil des Friedhofes in enger Nachbarschaft zu weiteren Grabdenkmälern der Familie Ritmeier1).

Inschrift nach Böhmer.

  1. Christo Redemtori sacrum perennique memoriae IOANNIS RITMEIERI viri non magis reuerenda munerum dignitate quam pia vitae morumque grauitate venerandi qui natus Brunsuigae & diuinae humanaeque sapientiae studiis ab ineunte aetate probe excultus principum feminarum spei in aula Brunsuicensi primum admotus hinc verbi diuini praeco in hac ecclesia rite constitutus ac demum coenobii Mariaebergensis praepositura auctus sapientia pietate constantia eluxit aliisque inseruiendo se ipse consumens2) magno bonorum omnium3) moerore et desiderio ipso adscensionis Dominicae festo4) in caelum euectus est an(no) n(ati) Ch(risti) MDCIIC aet(atis) LXII minist(erii) XXXIII praeposit(urae) VIII Maria Elisabetha Schraderia marito desideratissimo qua cum annos XXXIII sine querela vixit et liberi vtriusque sexus quinque parenti optimo cum vberrimis lacrimis h(oc) m(onumentum) p(oni) c(urauerunt)

Übersetzung:

Christus, dem Erlöser, geweiht und dem immerwährenden Andenken an Johannes Ritmeier, einen Mann, verehrungswürdig weniger um des achtunggebietenden Ranges seiner Ämter willen als wegen der von ihm in Lebenswandel und Charakter an den Tag gelegten warmherzigen Würde. Er wurde in Braunschweig geboren und bildete sich von frühster Jugend an hinreichend in den geistlichen und weltlichen Wissenschaften. Zuerst wurde er den hoffnungsvollen fürstlichen Damen am Braunschweiger Hof zur Seite gestellt, hierauf in aller Form als Verkünder des Gotteswortes an dieser Kirche eingesetzt und schließlich mit dem Amt des Propstes am Kloster Marienberg geehrt. An Weisheit, Frömmigkeit und Beständigkeit leuchtete er hell hervor, wobei er im Dienst an anderen sich selbst verzehrte und unter großer Trauer und unstillbarer Sehnsucht aller Redlichen genau am Fest der Himmelfahrt des Herrn in den Himmel emporgefahren ist im Jahre 1698 nach der Geburt Christi, im zweiundsechzigsten Lebensjahr, im dreiunddreißigsten Dienstjahr und im achten Jahr als Propst. Maria Elisabeth Schrader, mit der er dreiunddreißig Jahre ohne Klage gelebt hat, ließ dem schmerzlichst vermißten Gatten und fünf Kinder beiderlei Geschlechts ließen dem besten Vater unter zahllosen Tränen dieses Denkmal setzen.

Kommentar

Johannes Ritmeier, geboren am 18. November 16365) in Braunschweig als Sohn des Kaufmanns Hans Ritmeier und der Anna Pieper, Tochter des Braunschweiger Ratskämmerers Hans Pieper6), studierte in Helmstedt Philosophie und Theologie und wurde auf Empfehlung seiner Lehrer Hermann Conring und Christoph Schrader (vgl. Nr. 269) 1659 Erzieher zweier Töchter des Herzogs Rudolph August von Braunschweig-Wolfenbüttel. 1665 erhielt er das Diakonat, 1669 das Archidiakonat an St. Stephani in Helmstedt und 1691 die Würde eines Propstes an St. Marienberg übertragen, in diesem Amt Nachfolger des Theologieprofessors Paul Heigel (vgl. Nr. 311). Verheiratet war Ritmeier seit dem 28. November 1665 mit Maria Elisabeth Schrader, Tochter seines Lehrers Christoph Schrader. Aus der Ehe gingen zehn Kinder hervor. Ältestes der in der Inschrift genannten fünf Kinder ist der spätere Helmstedter Theologieprofessor Christoph Heinrich Ritmeier (vgl. Nr. 386). Die Grabschriften zweier früher verstorbener Kinder sind bekannt (vgl. Nr. 280). Johannes Ritmeier, der am Hochzeitstag von seinem Schwiegervater zum Magister der Philosophie promoviert worden war, verfaßte nach Auskunft der Leichenpredigt im Laufe seines Wirkens mehrere erbauliche religiöse Schriften in deutscher Sprache.

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 280, Anm. 1.
  2. eluxit aliisque inseruiendo se ipse consumens zitiert die berühmte Devise des Universitätsgründers Herzog Julius aliis inserviendo me ipsum consumor, versinnbildlicht durch einen Leuchter mit brennender Kerze, vgl. A. von Rohr, Initialen, Sinnsprüche und Dekor als Mittel fürstlicher Selbstdarstellung. In: Kat. Staatsklugheit, S. 18ff.
  3. Zu bonorum omnium vgl. S. 37f. der Einleitung.
  4. 2. Juni 1698.
  5. Lebensdaten bei F. Weise, Christliche Leich=predigt .. als Johan Rittmeier .. verschieden ware, Helmstedt o. J.
  6. Die Inschrift der nicht erhaltenen Grabplatte des Elternpaares in St. Magni in Braunschweig ist bekannt, vgl. DI 56 (Stadt Braunschweig II), Nr. 1009.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 90f.
  2. Nieders. Landesbibliothek Hannover, Cm 57, Trauerschriften J. Ritmeier, letzter Beitrag.
  3. Leuckfeld bei Meibom, Marienberg, S. 94f.
  4. Chrysander, Ministri, S. 20.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 349† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0034905.