Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 275† St. Stephani 1681

Beschreibung

Grabdenkmal des Gerhard Titius. Nach Böhmer befand es sich 1710 unter den Steinen im nördlichen Teil des Friedhofes, in enger Nachbarschaft zu weiteren Grabdenkmälern der Familie Titius und der mit ihr verschwägerten Familie Eisenhart1).

Inschrift nach Böhmer.

  1. D(eo) o(ptimo) m(aximo) s(acrum) Hic situs est GERHARDVS TITIVS Doctor theologiaea) in illustri Iulia controuersiarum publicus & ordin(arius) Professor ord(inis) theolog(ici) senior excellentis vir iudicii tantaeque prudentiae vt in illo officio amorem meruerit in quo vix vitari odium potest pietate candore iustitia Deo hominibusque gratus a magnis principibus aestimatus academiae decus & ornamentum exterorum admiratio nunc desiderium omnium natus Quedlinb(urgi) XVII Dec(embris) a(nn)o MDCXX vixit annos LX menses V dies XXI obiit Helmst(adii) VII Iunii a(nn)o MDCLXXXI Dorothea Margaretha Bremeria vidua moestissima filius filiaeque superstites gratitudinis ergo hoc monumentum p(oni) c(urauerunt)

Übersetzung:

Gott, dem Besten und Größten, geweiht. Hier liegt Gerhard Titius bestattet, Doktor der Theologie, an der berühmten Julia öffentlicher und ordentlicher Professor der Streittheologie, Senior der Theologenfakultät, ein Mann von hervorragender Urteilskraft und so großer Klugheit, daß er sich in jenem Amt, in dem Haß kaum vermieden werden kann, Liebe erwarb, um seiner Frömmigkeit, Lauterkeit und Gerechtigkeit willen Gott und den Menschen wert, von den hohen Fürsten geschätzt, Zierde und Schmuck der Akademie, Objekt der Bewunderung außerhalb Helmstedts, nun von allen schmerzlich vermißt. Geboren in Quedlinburg am 17. Dezember im Jahre 1620, lebte er sechzig Jahre, fünf Monate und einundzwanzig Tage. Er starb in Helmstedt am 7. Juni im Jahre 1681. Dorothea Margarethe Bremer, die tieftraurige Witwe, ein Sohn und die Töchter ließen als Hinterbliebene dieses Denkmal aus Dankbarkeit setzen.

Kommentar

Gerhard Titius, geboren am 17. Dezember 1620 als Sohn eines Pastors in Quedlinburg2), lebte und studierte seit 1645 als Tischgenosse im Hause des Helmstedter Versöhnungstheologen Georg Calixt (vgl. Nr. 340). 1649 erwarb er den Magistergrad, nachdem er zuvor schon eine außerordentliche Professur für hebräische Sprache übertragen bekommen hatte. Nach dem Tode des theologischen Mitstreiters von Calixt, Konrad Horneius (vgl. Nr. 167), wurde er auf Betreiben Calixts 1649 dessen Nachfolger. Am 10. Dezember 1650 erlangte er unter Calixt die Würde eines Doktors der Theologie und heiratete am gleichen Tag dessen Großnichte Dorothea Margarethe Bremer3). Von seinen sechs Kindern erreichten drei das Erwachsenenalter, ein Sohn (vgl. Nr. 344) und zwei Töchter, die nach dem Tode des Vaters am 7. Juni 1681 Helmstedter Professoren heirateten (vgl. Nr. 281 und Nr. 421). Die Inschrift bekennt sich mit controuersiarum publicus et ordinarius professor und illo officio .. in quo vix vitari odium potest zur zeitüblichen Streitpraxis in der Diskussion um die gültige theologische Lehrmeinung, wie denn auch die Titius gewidmete Leichenpredigt rühmt, daß er manch heftigem Widersprecher – neben orthodoxen Lutheranern nach seinem Schriftenverzeichnis vor allem Jesuiten und Calvinisten – das Maul gestopft habe4). Dabei ist er in Geist und theologischen Zielen seinem Lehrer Calixt verbunden geblieben.

Textkritischer Apparat

  1. theologiae] Koch, theologus übrige Überlieferung.

Anmerkungen

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 46 LAPIDES IN PARTE COEMITERII anteriore mit S. 97f. Böhmer reiht Nrr. 275, 309, 344, 421 und 314 hintereinander auf.
  2. Lebensdaten nach A. Fröling, Bey .. Beerdigung Des .. Gerhard Titii, Helmstedt 1681, S. 41ff. Vgl. auch Ahrens, Lehrkräfte, S. 233f.
  3. Vgl. Nr. 309. Vornamen dort in der Reihenfolge: Margarethe Dorothea.
  4. Fröling, wie Anm. 2, S. 46. Schriftenverzeichnis ebenda.

Nachweise

  1. Böhmer, Inscriptiones, S. 97f.
  2. Nieders. Landesbibliothek Hannover, Cm 212, Trauerschriften G. Titius, letzter Beitrag.
  3. Koch bei Meier, Monumenta Julia.
  4. Chrysander, Diptycha, S. 158.

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 275† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0027503.