Inschriftenkatalog: Stadt Helmstedt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 61: Stadt Helmstedt (2005)

Nr. 462† Juleum 1729

Beschreibung

Gemälde. Porträt des Herzogs Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel. Nach der Beschreibung des Bildungsreisenden Johann Carl Conrad Oelrich1) stand es 1750 im großen Auditorio, wo die Promotiones geschehen, also in der jetzigen Aula, an der hinteren Wand des Catheders. Das Bild erlitt während der militärischen Nutzung des Juleums nach Schließung der Universität mehrere Bajonettstiche. Zur großen Gedächtnisfeier 1822 wurde es „aus dem Staube hervorgezogen“2), restauriert und wieder „über dem oberen und unteren Katheder“, den Plätzen für Präses und Respondenten bei Disputationen, aufgestellt. Auf einem Photo von vor 18963) hatte es ebendiesen Platz zwischen den beiden Fenstern an der Südwand der Aula inne. Dargestellt war Julius „im Costume der Fürsten des sechszehnten Jahrhunderts“, barhäuptig und mit schmalem, weißem Kragen. Inschrift A, von Oelrich als Unterschrift bezeichnet, befand sich auf einer Art Sockel unter dem ovalen Bild, Inschrift B ist auf dem genannten Photo nicht zu erkennen. Sie hat sich weiter unten, also möglicherweise auf einer Tafel darunter, befunden. Über den Verbleib des Bildes ist nichts bekannt4).

Inschriften nach Oelrich.

Schriftart(en): Kapitalis (A5)).

  1. A

    DIVVS JVLIVS DVX BRVNSVIC(ENSIS) ET LVNEBVRG(ENSIS)

  2. B

    Julius virtutem laudavit / Jussitque veritati studere

Übersetzung:

Der göttliche Julius Herzog zu Braunschweig und Lüneburg. (A)

Julius hat Leistung belobigt und befohlen, nach Wahrheit zu streben. (B)

Kommentar

Von einem großen Juliusbildnis „auf dem Catheder“ ist auch die Rede in einer 1731 von der Universität verfaßten „Beschreibung“ des Besuchs, den der regierende Herzog Ludwig Rudolph im gleichen Jahr der Universität bzw. dem Juleum abgestattet hat. Dieses Bild, so die „Beschreibung“, habe der Herr Propst von der Hardt unter seinem letzten Vizerektorat nach einem authentiquen Original .. renoviren (neu herstellen) lassen 6). Es dürfte ohne Zweifel identisch sein mit dem von Oelrich 1750 an der gleichen Stelle gesehenen. Danach ist es also 1729, im Jahr des letzten Vizerektorats Hermann von der Hardts7), nach einer dem Helmstedter Vizerektor zugänglichen und allgemein für alt gehaltenen Vorlage entstanden. Einen Fingerzeig, welches authentique Original in Frage kommt, gibt ein Inventar über den Bestand der alten Bibliothek, das wohl in der Mitte des 18. Jahrhunderts angelegt worden ist8). Unter den Gemälden wird an erster Stelle ein jetzt in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel aufbewahrtes Juliusbild in Öl auf Kupfer genannt, mit dem Zusatz in originali 9). Unmittelbar darauf folgt Eine Copey (d. h. des vorgenannten Bildes) auf linnen gemahlet mit holtzern Rahm. Damit kann nur das sonst nicht aufgeführte, hier besprochene Juliusporträt gemeint sein. Hermann von der Hardt hat also, als er 1729 als amtierender Vizerektor den Kreis der Professorenbilder in der Aula um ein Bild des Universitätsgründers erweitern wollte, mit hoher Wahrscheinlichkeit das ihm als Universitätsbibliothekar bekannte, seit langem in Helmstedt befindliche Kupferbild kopieren lassen. Das Kupferbild, wie das große Juliusporträt ein Brustbild des barhäuptigen und mit schmalem, weißem Kragen angetanen Herzogs nach halbrechts, trägt keine Inschriften. Die Inschriften des Helmstedter Porträts dürften somit auf Hermann von der Hardt zurückgehen.

Anmerkungen

  1. Oelrich, Tagebuch, S. 62.
  2. Vgl. Feier des Gedächtnisses der vormahligen Hochschule Julia Carolina zu Helmstedt, veranstaltet im Monate Mai des Jahres 1822, Helmstedt 1822, S. 3. Die folgenden Zitate ebendaher. Vgl. auch S. 7.
  3. Abgebildet bei Meier, Kunstdenkmäler, Tafel XV. Auf dem Photo ist nur Inschrift A in Umrissen zu erkennen. Nach Meier, Kunstdenkmäler, S. 91 hing zu seiner Zeit nur dieses Bild in der Aula.
  4. Das heute in der Aula des Juleums hängende große Juliusporträt ist eine zur Neueröffnung des restaurierten Juleums 1971 angefertigte Kopie nach einer Vorlage aus dem Besitz des Braunschweigischen Landesmuseums (frdl. Auskunft von Herrn F. Becker, ehemaligem Leiter des Kulturamtes des Landkreises Helmstedt). Die Vorlage, die als Leihgabe des Braunschweigischen Landesmuseums in der Augusteerhalle der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel hängt, scheidet als der gesuchte Inschriftenträger – unterstellt, die Inschriften befanden sich auf abnehmbaren Täfelchen – aus. Sie ist eine 1823 für den Braunschweigischen Landtag angefertigte Kopie nach einem Bild aus dem Stadtverordnetensitzungssaal im Schloß Wolfenbüttel, vgl. F. Fuhse u. a., Gesamt-Bildnis-Katalog für Ostfalen, Bd. 1: Gemälde, Heft 1: Die Städte Braunschweig und Wolfenbüttel, Öffentlicher Besitz, Berlin 1932, S. 8. Für klärende Hinweise danke ich Herrn Dr. C. Römer, Braunschweigisches Landesmuseum, Braunschweig.
  5. Schriftart und V-Schreibung nach der Abbildung bei Meier, wie Anm. 3.
  6. Vgl. Nr. 463 mit Anm. 8. Die zitierte Mitteilung findet sich in den Anmerkungen des unpaginierten Berichtes. Zu renoviren im Sinne von „neu herstellen“ vgl. F. L. K. Weigand, Deutsches Wörterbuch, Bd. 2, 4. Auflage, Gießen 1882, S. 465.
  7. Matrikel Helmstedt, Bd. 3, S. 337. Zu Hermann von der Hardt vgl. dessen Epitaph Nr. 479.
  8. NStA Wolfenbüttel 37 Alt Nr. 1075, Bl. 82ff. Das undatierte Schriftstück spricht von Academia Julia Carolina, ist also nach 1745, dem Ende des Kondominiums der Welfenhöfe über die Universität Helmstedt, verfaßt.
  9. NStA Wolfenbüttel 37 Alt Nr. 1075, Bl. 82v. Das Juliusbild in Öl auf Kupfer hat die Signatur HAB Wolfenbüttel B 71.

Nachweise

  1. Oelrich, Tagebuch, S. 62.
  2. Meier, Kunstdenkmäler, Tafel XV (nur Abb.).

Zitierhinweis:
DI 61, Stadt Helmstedt, Nr. 462† (Ingrid Henze), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di061g011k0046206.