Inschriftenkatalog: Stadt Hannover

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 36: Stadt Hannover (1993)

Nr. 175† Nikolaikapelle 1592

Beschreibung

Epitaph des Bartold Busse. Sandstein. Es befand sich an der Nikolaikapelle und wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die hochrechteckige Steintafel war oben durch einen Sims abgeschlossen, auf dem die Inschrift A verlief. Die dreizeilige Inschrift wies schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts im linken Teil Beschädigungen auf. Im Mittelteil unter einem Rundbogen war im Flachrelief Christus in der Kelter dargestellt. Das Kreuz und der Kelterbalken lasteten auf dem Rücken Christi, ein Engel fing in einem Kelch das Blut aus der Seitenwunde auf, darüber in den Wolken Gottvater mit einem Schwert, im Vordergrund links und rechts der Verstorbene und seine Ehefrau in Bethaltung auf Kissen kniend. In den Zwickeln über dem Rundbogen zwei Wappenschilde. Um den Bildteil verlief links, oben und rechts die Inschrift B. Darunter auf einer querrechteckigen Kartusche mit Rollwerk die Inschrift C.

Inschriften nach der Abbildung bei Schuchhardt.

Maße: H.: 215 cm; B.: 137 cm.1)

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    [....]ESA[......]a) ER TRVG VNSER KRANCKHEIT VND LVD AVF SICH VNSER / [SCH]MERZE[N SIE] ABER HIELTEN IN FVR DEN DER GEPLAGT VND VON GOT / GE[SCH]LAGEN VND GEMARTERT WERE ABER ER IST VMB VNSER SVND WILLEN ZV SLAGEN2)

  2. B

    ANNO · 1592 · DEN · 19 · OCTOB(RIS) IST · DER · ERBAR · VND / WOLGEACHTER · BARTOLD · BVSSE · IN · GOT · SELIG/LICH · ENTSCHLAFFEN · DER · SELE · GOT · GNEDICH · SI

  3. C

    WARVMB IST DEN DEIN GEWAND SO ROTFARB / VND DEIN KLEID WIE EINES KELTERTRETERS / ICH TRETE DIE KELTER ALLEINE VND IST NIEMA(N)D / VNTER DE(N) VOLCKERN MIT MIR. ICH SAHE MICH / VMB VND DA WAR KEIN HELHFER VND ICH WAR / IM SCHRECKEN VND NIEMAND ENTHIELT / MICH SONDERN MEIN ARM MVSTE MIR / HELFEN IESAIE AM 63b)3)

Wappen:
Busse (aus Ast hervorwachsendes Blatt)
von Wintheim (drei ineinandergreifende Ringe, der obere offen)

Kommentar

Die für die Hannoverschen Epitaphien – wie für Epitaphien überhaupt – ungewöhnliche Darstellung Christi in der Kelter erklärt sich aus der Biographie des Verstorbenen. Bartold Busse, der in den Jahren 1574 bis 1586 als Geschworener des Rates verzeichnet ist4), stürzte nach Angabe der Hannoverschen Chronik von einem Wagen und war danach mehr als zehn Jahre lang bettlägerig.5) Dieser Zeitangabe widerspricht allerdings die Amtszeit Busses als Geschworener, da sich der Unfall bereits zu Beginn der 80er Jahre ereignet haben müßte. Die lange Zeit der Krankheit gab Anlaß zur Wahl des für ein Grabdenkmal ungewöhnlichen Motivs und zur Auswahl der Bibelzitate. Verheiratet war Bartold Busse mit Katharina von Wintheim (vgl. Nr. 197), deren Wappen sich auf dem Epitaph befand.

Textkritischer Apparat

  1. Zu ergänzen ist hier die Angabe des Kapitels sowie [I]ESA[IA] und der Beginn des Bibelzitats, der FVRWAR gelautet haben dürfte. So sinngemäß auch Wüstefeld.
  2. Die letzte Zeile nach dem Text bei Schuchhardt, da sie auf der Photographie nicht zu erkennen ist.

Anmerkungen

  1. Angaben nach Schuchhardt, Bildhauer, S. 56, Nr. 28.
  2. Jes. 53, 4.
  3. Jes. 63, 2, 3 u. 5.
  4. Jürgens, Chronik, S. 220–254.
  5. Ebd., S. 260.

Nachweise

  1. Schuchhardt, Bildhauer, S. 56, Nr. 28, Abb. ebd.
  2. Wüstefeld, Nikolaikapelle, fol. 19.
  3. Mahrenholtz, Grabsteininschriften, S. 26.

Zitierhinweis:
DI 36, Stadt Hannover, Nr. 175† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di036g006k0017502.