Inschriftenkatalog: Stadt Hameln
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 28: Hameln (1989)
Nr. 48 Bäckerstr. 44 1542 (?)
Beschreibung
Hausinschrift. Das dreigeschossige, giebelständige Haus ist acht Gefache breit. Das 2. Obergeschoß kragt vor, die linke Hausseite springt bis auf die Höhe des ehemaligen Rundbogenportals, von dem noch der Bogen sichtbar ist, vor. Ständerbalken und Knaggen sind ornamental verziert. Am Deckbalken des Erdgeschosses und am Schwellbalken des 1. Obergeschosses befinden sich Fächerrosetten1). In einem der Bögen, die sonst je eine Fächerrosette umgeben, ein Fratzenkopf. Die Inschrift ist am Sturzriegel des Portals in den Zwickeln, erhaben, gold auf grünem Grund ausgeführt. Rechts und links der Inschrift je ein Wappen. Restaurierungen der Fassade fanden in den Jahren 1925 und 1969 statt2).
Maße: Bu.: ca. 8 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Frakturversalien.
A · rnolta) Solimanb)1542c)
? | (in Rot drei Hundeköpfe, 2:1) |
Soliman (?) | (Schild waagerecht geteilt. Unten: in Grau Männerkopf mit roter Mütze, oben: in Blau balkenweise Sonne und Halbmond.) |
Textkritischer Apparat
- A · rnolt] Arnoldt Meissel.
- Soliman] Soltmann Meissel.
- 1542] 1567 Meissel; Neukirch geht von 1546 als Baudatum aus, der Autor des DWZ-Artikels (19. Juni 1925) von 1545.
Anmerkungen
- Das Soliman-Haus ist das älteste Beispiel für Fächerrosetten als Fassadenschmuck in Hameln, vgl. Neukirch, S. 60.
- DWZ vom 19. Juni 1925 ‚Von Alt-Hamelner Bauten‘. – Annemarie Ostermeyer, Soliman-Haus in neuem Farbenschmuck. DWZ vom 23. Juli 1969 (Abb.).
- Vgl. Ernst August Oppermann, Auf der Suche nach Resten verschollener alter Baudenkmäler in Hameln. In: Klüt 1950, S. 90–94, spez. S. 94.
- Sta Hameln, Schoßliste von 1560, Nachträge S. 43.
- Vgl. Spanuth, Stiftsherrenhaus, S. 21. – Poppendieck war wie Soliman Pfandnehmer Herzog Erichs d. J. Ihm war die Stiftsmühle zugesprochen worden, die in den Protesten gegen die Aktionen des Schutzherren jeweils zusammen mit dem Soliman-Haus genannt wird.
Nachweise
- Meissel, Inschriften, S.10.
- Spanuth, Geschichte II, Tafel 2 (Abb.).
Zitierhinweis:
DI 28, Hameln, Nr. 48 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di028g004k0004806.
Kommentar
Das Haus Bäckerstraße 44 ist auf der Basis eines gotischen Steinhauses entstanden, dessen Reste sich – so Oppermann – im Keller und in der Nordwand des Baus erhalten haben3). Durch die inschriftliche Jahreszahl ist das Baudatum nicht mit Sicherheit festgelegt, da die Gestaltung der Ziffern modern ist und sie daher möglicherweise nicht das originale Baudatum wiedergeben. Die Vielzahl der Lesarten zu dieser Ziffernfolge (vgl. Anm. c) deutet darauf hin, daß die nur aufgemalten Zahlen durch Restaurierungsmaßnahmen mehrfach verändert worden sind. Die zur Zeit sichtbare Jahreszahl 1542 fällt mit der ersten urkundlichen Erwähnung Arnold Solimans zusammen (HUB II, 720, Anm. 1) und kann daher am ehesten Gültigkeit beanspruchen. In diesem Jahr forderte Herzog Erich d. J. vom Rat der Stadt Hameln für seinen Amtmann Arnold Soliman, der sich in Hameln zur Ruhe setzen wollte, die Überlassung eines Gartens vor dem Mühlentor. Wahrscheinlich hatte Soliman sich zu dem Zeitpunkt bereits in Hameln niedergelassen und bewohnte das ihm ebenfalls von Erich d. J. zugesprochene Haus in der Bäckerstraße. Aus einem Schreiben des Stiftspropsts Justus Lorleberg an den braunschweigischen Kanzler vom Jahr 1554 (HUB II, 774) geht hervor, daß das Soliman-Haus zu den ehemaligen Stiftsgütern gehörte, um deren Besitz sich Rat und Stift nach Einführung der Reformation im Streit befanden. Dritter Beteiligter an diesem Streit war Herzog Erich d. J.; er hatte als Schutzherr zwar Anspruch auf das Stiftsgut, verpfändete aber, ohne bereits Eigentümer zu sein, das Haus Bäckerstraße 44 an seinen Amtmann Soliman. Dagegen protestierte Lorleberg in dem o.g. Schreiben. Nach seiner und des Rates Auffassung sollten die Stiftsgüter got zugeaigent und gewidmet und exempta sein ab omni potestate seculari, das sie nicht alieniert odir prophanirt mugen werden zum rechten getzogen (HUB II, 774).
Soliman ist vor 1560 gestorben4). Ein Nachtrag zur Schoßliste dieses Jahres weist aus, daß seine Witwe offenbar Schwierigkeiten hatte, den Schoß zu bezahlen. Es wurde ihr gestattet, die geschuldete Summe in mehreren Raten zu begleichen. Späterer Besitzer dieses Hauses war Solimans Schwager Friedrich Poppendieck, Hamelner Bürgermeister und Erbauer des Stiftsherrenhauses5).