Inschriftenkatalog: Stadt Hameln

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 28: Hameln (1989)

Nr. 114 Hochzeitshaus 1614

Beschreibung

Hausinschriften, ehemals am Haus Alte Marktstr. 21, die Inschriften A und B befinden sich heute im Sitzungssaal des Hochzeitshauses. Inschrift A ist im Sturz des Durchgangs zur Nische angebracht. Sie ist dreizeilig ausgeführt, darunter rechts und links je ein Wappen. Inschriften B unter dem Riegel des Durchgangs, ganz rechts und links außen am Balken. Zur Gestaltung der Fassade des Hauses Alte Marktstr. 21 können keine Angaben gemacht werden, über den Anbringungsort der Inschriften C und D ist nichts bekannt. Da die Inschriften nur bei Rothert überliefert sind, dürfte das Haus bald nach 1871 abgebrochen worden sein, die erhaltenen Inschriften wurden 1932 im Zuge von Renovierungsarbeiten im Hochzeitshaus angebracht.

Inschriften C und D nach Rothert.

Maße: L.: 395 cm; B.: 40 cm; Bu.: 8 cm (A). L.: 330 cm; B.: 9,5 cm; Bu.: 4 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    ANNO M · D · C · X ·a) NEC NON INSUPER UNO ·b)ET TRIB(US) ADIECTIS AEDIFICATc) DOM(US) /SANCTA TRIAS VELUTI DEDIT O(MN)IAd) MUNERE LARGO ·O(MN)IAe) SIC POSTHAC P(RO)SP(ER)ET ALMA TRIAS /PROPITIANTE DEO, RUMPANTUR ETf) ILIA MOMO1) ·STET DURET(QUE) DIU DUM PIA FATA VOLUNT

  2. B
    PETRg) BOCK ANNA FRESEN 
  3. C

    Dii vendunt sua dona labore2)

  4. D

    Orand(um)h) quia momento moriendumlaborand(um) q(uasi)i) perpetuo vivendum3)

Übersetzung:

Im Jahr 1610 und noch eins darüber und drei dazu ist das Haus erbaut worden. So wie die Heilige Dreifaltigkeit alles gegeben hat durch freigebiges Geschenk, so möge von nun an die segenspendende Dreifaltigkeit allem gutes Gedeihen geben. Im Schutze Gottes – mögen auch dem Spötter die Gedärme zerrissen werden – soll dieses Haus stehen und lange Bestand haben, solange das fromme Geschick es will. (A)

Die Götter verkaufen ihre Gaben [nur] für Arbeit. (C)

Man muß beten, denn man kann im Augenblick sterben. Man muß sich anstrengen, als ob man ewig leben wird. (D)

Versmaß: Distichen (A).

Wappen:
Bock(rechts Baum, links steigender Bock)4)
Friesen(steigender Fuchs, eine Gans im Maul tragend)5)

Kommentar

Peter Bock gehörte der gleichnamigen Hamelner Ratsfamilie an und war im Jahr 1625 Bürgermeister6). Anna Friesen war Tochter des Inspektors Burchard Friesen und der Katharina Rust (vgl. Nr. 131). Peter Bock ist seit 1605 als Hausbesitzer im Bäckerquartier, zu dem das Haus in der Alten Marktstraße gehörte, nachgewiesen. Zwischen 1606 und 1610 hat er vermutlich das seinem Haus benachbarte erworben, die Schoßlisten verzeichnen seit 1610 zwei Namenseinträge hintereinander. Peter Bock ist vor 1629 gestorben, denn die Schoßliste dieses Jahres hat an der einschlägigen Stelle den Eintrag Peter Bocks R (= Relicta) Häuser7).

Textkritischer Apparat

  1. M · D · C · X ·] 1610 Rothert.
  2. Am Schluß des Hexameters jeweils eine Virgel als Versmarkierung, am Schluß des Pentameters ein Schrägstrich.
  3. AEDIFICAT] aedificata Rothert. – Aus metrischen Gründen in AEDIFICATA zu verbessern, die Form AEDIFICATA liegt der Übersetzung zugrunde.
  4. O(MN)IA] fehlt Rothert.
  5. O(MN)IA] Sola(m) Rothert.
  6. ET] fehlt Rothert.
  7. PETR] korrekt wohl PETRUS, das US-Kürzel fehlt.
  8. Klammern in Inschrift D so bei Rothert.
  9. q(uasi)] q(uia) Rothert.

Anmerkungen

  1. Momus ‚Spötter‘, vgl. Henricus Stephanus, Thesaurus Graecae Lingua VI, Sp. 1333f. Art. Mώμσς. – Momus ist die personifizierte Tadelsucht, vgl. Pauly’s Realencyklopädie 16, 1, Sp. 42. – Das Sprichwort Momo satisfacere ist in den Adagia des Erasmus von Rotterdam, S. 210, Nr. LXXIV verzeichnet mit umfangreichen Stellennachweisen aus der antiken Literatur. – Die Formulierung RUMPANTUR ET ILIA MOMO zeigt Anklänge an Virgil, Ecl. 7, 26f. (. . .) invidia rumpantur ut ilia Codro.
  2. Vgl. Erasmus von Rotterdam, Adagia 466 B: Dii bona laboribus vendunt.
  3. Wahrscheinlich sprichwörtlich, ähnlich Wander, Sprichwörterlexikon, Bd. I, Sp. 123, Nr. 65: Wir sollen arbeiten, als solten wir ewig leben, und sorgen, als solten wir morgen sterben. Der genaue Wortlaut läßt sich in den lateinischen Sprichwörtersammlungen nicht nachweisen.
  4. Vgl. Nr. 107.
  5. Vgl. Nr. 131.
  6. Vgl. 2Sprenger, S. 147.
  7. Vgl. Sta Hameln, Schoßliste 1605, S. 57; 1610, S. 57; 1629 o. S.

Nachweise

  1. Rothert, S. 10f.

Zitierhinweis:
DI 28, Hameln, Nr. 114 (Christine Wulf), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di028g004k0011405.