Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 285 St. Martini 1645

Beschreibung

Grabplatte für Friedrich Reiß von Eysenberg; in die Westwand der ehem. Vorhalle am nördlichen Seitenschiff eingelassen, auf 29 cm hohem Steinsockel; Sandstein, hell; leichte Feuchtigkeitsschäden, sonst gut erhalten; Relief, im eingetieften Binnenfeld mit oberem rundem Abschluß ein Ritter in vollem Harnisch (Brustpanzer, Beintaschen, Arm- und Beinzeug, Knie- und Ellenbogenkacheln, Panzerschuhe), die Schultern mit einem Spitzenkragen bedeckt, an einer Riemenschärpe der Degen an seiner Linken, in der Rechten den Kommandostab haltend, zwischen den Füßen ein Helm mit Federbusch und eröffnetem Visier; in den Zwickeln des Rundbogenabschlusses zwei Vollwappen. Am Rand einzeilig umlaufend der eingehauene Sterbevermerk, der auf dem rechten Zwickel, getrennt durch die Helmzier des rechten Wappens, fortgesetzt wird.

Maße: H. 176 cm, B. 105 cm, Bu. 3,7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/2]

  1. DER · HOCHEDELGEBOREN GESTERNG(ER)a) VESTER VND / MANHAFT(ER)b) H(ER)c) FREID[RI]CHd) REIS VON EYSENBERG DER KON(IGLICHEN)e) MAIEST(AET)f) V(ND)g) CRON SCHWEDEN BE/STALT(ER)h) OBERST(ER)i) ZV ROS IST GEBOREN 1606 DEN / 15 : MARTII ZV MERNITZj) IN MEHREN VND 1645 DEN 12. IANV(ARII)k) 1) ZV WERNIGERODE SE//LIG // GESTORB(EN)l)

Wappen:
Reiß von Eysenberg2)Campe zu Poggenhagen3)

Kommentar

Es handelt sich bei der Grabplatte um eine Arbeit der Werkstatt H3 der Halberstädter Grabplatten, die in Halberstadt schon in den Jahren 1643 und 1644 Grabplatten für die im Verlauf des Krieges dort gefallenen bzw. gebliebenen und im Dom begrabenen Offiziere Clauberg, Bars auf Scharfenlohe und Weis angefertigt hatte. Eine Beschreibung der Buchstabenformen kann deshalb entfallen. Verwiesen sei auf die entsprechenden Artikel in DI 75 (Halberstadt Dom), S. XXIX und Nr. 264, 265, 267 sowie Nr. 279 in diesem Band zur Werkstatt der Halberstädter Grabplatten H3.

Friedrich Reiß Graf von Eysenberg, geboren im Jahr 1606 zu Mernitz in Mähren als Sohn des Nikolaus Reyß von Eisenberg und der Cordula von Wiegell, führte als Oberst ein Regiment, das, als das Eisenburgsche Regiment bekannt, auf Seiten der Union am Dreißigjährigen Krieg teilnahm. Er hatte an Kriegshandlungen bei Mühlhausen und im Erzgebirge teilgenommen. Am 4. Januar 1645 war das Regiment Königsmarck, das Reiß von Eysenberg damals befehligte, in Wernigerode einquartiert worden.4) Zu dieser Zeit erkrankte der Oberst und starb am frühen Morgen des 12./22. Januar. Am 23. Januar/2. Februar brachte man den Leichnam nach Halberstadt und bestatte ihn am Tag darauf.5) Friedrich Reiß von Eysenberg war verheiratet mit Leveka von Campen.6) Seine Leichenpredigt hielt der Feldprediger des Eysenbergischen Regiments Hilmar Hastaeus.7)

Textkritischer Apparat

  1. GESTERNGER] Sic! Für GESTRENGER. Durch nachstehenden Doppelpunkt gekürzt.
  2. MANHAFTER] Die beiden ersten Buchstaben beschädigt. Durch nachstehenden Doppelpunkt gekürzt.
  3. HER] Durch nachstehenden Doppelpunkt gekürzt.
  4. FREIDRICH] Sic! Statt FRIEDRICH. Die letzten Buchstaben beschädigt.
  5. KONIGLICHEN] Durch nachstehenden Doppelpunkt gekürzt.
  6. MAIESTAET] Durch nachstehenden Doppelpunkt gekürzt.
  7. VND] Durch nachstehenden Doppelpunkt gekürzt.
  8. BESTALTER] Durch nachstehenden Doppelpunkt gekürzt.
  9. OBERSTER] Durch nachstehenden Doppelpunkt gekürzt.
  10. MERNITZ] Der drittletzte Buchstabe beschädigt.
  11. IANVARII] Durch nachstehenden Doppelpunkt gekürzt.
  12. GESTORBEN] Durch nachstehenden Doppelpunkt gekürzt.

Anmerkungen

  1. Nach neuem Kalender der 22. Januar 1645. Ob gleiches für das Geburtsdatum gilt, das dann auf den 25. März 1606 gefallen wäre, ist unsicher. In Österreich und Böhmen war die Kalenderverbesserung im Januar 1584 eingeführt worden, ob aber überall, ist fraglich; siehe Grotefend 1991, S. 27.
  2. Ein gepanzerter Arm einen Lorbeerzweig mit drei Blättern haltend, HZ: die Wappenfigur; vgl. Ledebur Bd. 2, S. 279; Kneschke Bd. 7, S. 445, beide explizit zu dem Gefallenen.
  3. Geteilt, oben ein bezungter Löwe, unten drei Pfähle, HZ: zwischen Straußenfedern der Löwe wachsend; Kneschke Bd. 2, S. 204 f.; Siebmacher Pr, S. 105 mit Taf. 138.
  4. Nüchterlein 2004, S. 190 f. nach: Kleine Chronik von Magister Jacob Klingsporn, Wernigerode; siehe auch die Leichenpredigt Hastaeus 1645.
  5. Nüchterlein 2004, S. 231.
  6. Hastaeus 1645, Titelblatt.
  7. Ebd.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 285 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0028501.