Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 205 Stadtmauer 1600

Beschreibung

Wappenstein; ca. 100 m nördlich des Breiten Weg in ca. 300 cm Höhe angebracht; Sandstein (oder Kalkstein?), dunkel; verwittert, etliche Ausbrüche am Wasserschlag, Schriftverlust; auf der querrechteckigen Platte unter dem Wasserschlag einzeilig eingehauen die Initialen (?) samt der Jahresangabe (A), darunter, unterhalb der Wappen, in sechs Spalten je dreizeilig eingehauen die Wappenbeischriften (B).

Maße: H. ca. 70 cm, B. ca. 210 cm, Bu. ca. 8 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Markus Scholz) [1/1]

  1. A

    [·] DHa) · A[NN]Ob) DO[M(INI)]c) 1600 [- - -]

  2. B

    HERMANd) / WISSINCKe) / WORTHALT(ER)f) // PETER / FINDEL / KEMMER // BORCHART / HARTMANg) // BAVERM(EISTER)h) // LVDEWIGi) / REKERj) / B(AVER)M(EISTER)h) // [P]ETER / GEDEKEk) / B(AVER)M(EISTER)h) // HEINRICH / WEWERl) / BAVERM(EISTER)h)

Wappen:
Wissinck1)Findel2)Hartman3)Reker4)Gedeke5)Wewer6)

Kommentar

Die Inschriften weisen fast klassische Proportionen auf. Die Buchstaben haben Serifen an Schaft-, Balken- und Bogenenden. A kommt nur spitz vor, ist jedoch am Treffpunkt der Schräghasten leicht abgeflacht. Der untere Bogen des B ist größer als der obere. Beide Bögen enden in der Mitte vor dem Schaft. C hat keine Serifen an den Bogenenden und weist an allen Teilen die gleiche Strichstärke auf. Die Balkenenden des E sind mit Serifen besetzt. Der Mittelbalken ist verkürzt, der untere stark verlängert. F ist dem E ähnlich. Die Cauda des G ist an das untere Bogenende angesetzt, das obere Bogenende endet über der Cauda. Die obere Schräghaste des K ist gerade, die untere wird nach rechts durchgebogen. L weist einen langen Balken auf und endet in einem nach oben gerichteten Sporn. Leicht rechtsgeneigt ist das M, die seitlichen Hasten sind schräggestellt. O hat die ovale Form. Die Cauda des R ist weit nach rechts gestreckt und gebogen. Gleiche Strichstärke zeigen die Bogenabschnitte des S. W besteht aus zwei verschränkten V. Die genannten Amtsträger sind der Worthalter oder Sprecher des Gremiums, Hermann Wissinck, der Stadtkämmerer Peter Findel sowie die Stadträte Burchart Hartmann, Ludwig Reker, Peter Gedeke und Heinrich Wewer.7) Peter Findel ist entweder identisch oder zumindest verwandt mit dem im Jahr 1570 und 1571 erwähnten Halberstädter Brauberechtigten Peter Findel, der in einer heute verlorenen Inschrift von 1574 am Städtischen Marstall, der an der Krebsschere situiert war, genannt wird.8) Ein Lodewig Recker braut ebenfalls im Jahr 1570.9) Borchart Hartmann läßt sich zwar nicht unter den Brauberechtigten finden, aber ein Niclawes Hertmann ist ebenfalls unter den Brauherren im Jahr 1570 erwähnt und wird in Inschriften am Städtischen Marstall als Mitglied des Rates und am Schuhhof 1579 genannt.10) Auch Heinrich Wewer bleibt unerwähnt, jedoch ist ein Hanß Wewer am Hohen Weg im Jahr 1547 unter den Brauberechtigten zu finden.11)

Textkritischer Apparat

  1. DH] Der zweite Buchstabe beschädigt. Lesung unsicher; fehlt Arndt. Es folgt eine waagerechte Halbschleife.
  2. ANNO] Die beiden Buchstaben in der Wortmitte beschädigt.
  3. DOMINI] Der letzte erhaltene Buchstabe beschädigt.
  4. HERMAN] Hermann Scheffer.
  5. WISSINCK] Die ersten vier Buchstaben beschädigt; Wissingk Scheffer. Arndt gibt nach jedem Namen und den Abkürzungen der Ämter einen Worttrenner auf der Grundlinie an. Der Zustand des Steines ist so schlecht, daß nicht einwandfrei bestimmbar ist, ob es sich bei Eintiefungen um Ausbrüche oder Worttrenner handelt. Im Text wurden deshalb keine Worttrenner gesetzt.
  6. WORTHALTER] Ein Kürzungszeichen fehlt; so auch Scheffer.
  7. HARTMAN] Hartmann Scheffer.
  8. BAVERMEISTER] Kürzungszeichen fehlt. Möglicherweise quadrangelartige Worttrenner zwischen den beiden nur durch Buchstaben bezeichneten Abkürzungen.
  9. LVDEWIG] Ludwig Scheffer.
  10. ERKER] Rekel Arndt.
  11. GEDEKE] Gedecke Scheffer.
  12. WEWER] Der vorletzte Buchstabe beschädigt; Welver Scheffer.

Anmerkungen

  1. Hausmarke siehe Taf. 63 Nr. 33.
  2. Geteilt, oben ein Greif, unten gestummelter Ast mit Eicheln und Eichenblättern.(?)
  3. Hausmarke siehe Taf. 63 Nr. 34.
  4. Hausmarke siehe Taf. 63 Nr. 35.
  5. Hausmarke siehe Taf. 63 Nr. 36, begleitet unten rechts von einem gesichteten Mond, links von einem achtstrahligen Stern.
  6. Hausmarke siehe Taf. 63 Nr. 37, begleitet rechts von einem schräggestellten Dietrich, links von einem pfahlweise gestellten Lindenblatt.
  7. Vgl. auch 152 †, wo einige dieser Räte schon genannt sind.
  8. Vgl. Bandau 1932, S. 25 und Nr. 152 †. Zwei Zeilen unter dieser Angabe werden bei Bandau allerdings auch Wappen und der inschriftlich angebrachte Name des Kämmerers an der Stadtmauer genannt. Die Wortversion Bindel beruht wohl auf einer Fehllesung Scheffers, die von Arndt übernommen wurde; vgl. Scheffer 1864, S. 16 und Anm. 22 mit Nr. 39, Arndt 1910 a, S. 96, BKD, S. 480 hat nur: Peter Bindd.
  9. Bandau 1932, S. 42.
  10. Ebd., S. 28 und Nr. 152 †, 164 (†).
  11. Ebd., S. 51.

Nachweise

  1. Scheffer 1864, Unterschriften der Zeichnung der Hausmarken Nr. 38 (zu S. 55).
  2. Arndt 1910 a, S. 102.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 205 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0020503.