Inschriftenkatalog: Stadt Halberstadt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 86: Halberstadt (Stadt) (2014)

Nr. 292 St. Johannes 1648

Beschreibung

Eingangstür, zweiflügelig; im Westportal, ehemals an der Nordseite;1) Holz; 2001 unsachgemäß restauriert, Buchstaben teilweise verstümmelt und verändert; unter der Gebälkzone des mit Ohrmuschelwerk verzierten Giebelfeldes in querovalen Kartuschen auf dem linken Flügel die Stifterinschrift (A), im rechten der Bibelspruch (B) jeweils zweizeilig eingehauen. In aedikulaartigen mit Knorpel- und Ohrmuschelwerk verzierten Wappenfeldern zwei Wappen. Die Wappen enthielten die erhaben ausgeführten Initialen und die Jahreszahl (C).

Ergänzungen nach Foto Kunze.

Maße: H. 309 cm, B. 185,2 cm, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Karina Viehmann) [1/7]

  1. A

    M(EISTER)a) HANS · HEINRICH · WILKE · HAT · DIESE · / THVRb) · GOT · ZV · EHREN · D(IESER)c) · G(E)d) · M(EINE)e) · V(OR)f) · EHRET

  2. B

    DER · HERRg) · BEWARE · DEIN·/NENh) · EINGANG · VNT · AVS · GANG2) ·

  3. C

    [Hi) // Wi)] // 1//6/[4]8j) // [Mk) Hl)]

Wappen:
Wilke3)Wilke4)

Kommentar

Vgl. zur Schrift auch Nr. 290. Die Schrift ist nach rechts geneigt und hat kaum Serifen. Die Buchstaben sind etwas unregelmäßig gebildet. Das A ist spitz, die rechte Haste geschwungen, der Balken kreuzt die rechte Haste. Der Schaft des D ist in den Bogen eingestellt. Die Cauda des G ist auf das untere Bogenende gestellt, das obere ragt weiter nach rechts. H und I zeigen leichte Ansätze von Serifen an den Schaftenden. Die obere Schräghaste des K ist leicht durchgebogen, die untere gerade und spitz zulaufend. Die Seitenhasten des M sind gerade gestellt, der Mittelteil verkürzt. Die Schräghaste des N ist etwas schmaler als die beiden Seitenhasten. O ist oval geformt, die seitlichen Bogenabschnitte sind verbreitert. Die Cauda des R verläuft gerade bis leicht geschwungen und läuft spitz zu. Die Bogenenden des S sind einmal verbreitert, einmal nicht. Die linke Haste des V ist gerade, die rechte leicht schräg gestellt. Als Worttrenner dienen Quadrangel. Möglicherweise wurden einige Buchstaben bei späteren Restaurierungen leicht verändert. Die Ziffern wirken modern überformt.

Die Tür der Halberstädter Johanneskirche scheint der Zimmermeister Wilke, dem der Auftrag für die Decke des Bauwerks übertragen worden war, nach der Jahreszahl unterhalb des Meisterzeichens im Wappen zum Abschluß der Errichtung des Baus gestiftet zu haben. Nachrichten darüber finden sich in der einschlägigen Literatur nicht, unter den genannten Donatoren ist er nicht zu finden (vgl. auch Nr. 290).5) Die Tür sollte doch wohl vor dem 9. März 1648, dem Tag der Einweihung der Kirche, fertiggestellt und eingebaut gewesen sein.6) Die Jahreszahlen 1605 und 1496, von denen Helga und Karl Kunze zusammen mit Gabriele Bremer berichten, lassen sich weder auf den vorliegenden Photographien noch nach dem heutigen Zustand der Tür verifizieren.7) An der Westseite wurde die Tür erst 1848 anläßlich des 200jährigen Jubiläums eingesetzt.8)

Textkritischer Apparat

  1. MEISTER] Vielleicht auch mit MAGISTER aufzulösen. Durch Doppelpunkt gekürzt.
  2. THVR] Mit ü-Punkten. Fraglich ob echt, oder Ergebnis der Restaurierung.
  3. DIESER] Auflösung unsicher. Auch z. B. DER möglich. Kürzungszeichen fehlt.
  4. GE] C Kunze/Kunze/Bremer.
  5. MEINE] Auflösung unsicher. Kürzungszeichen fehlt. Schreibweise nach der zeitgenössischen Form.
  6. VOR] Kürzungszeichen fehlt.
  7. HERR] Aus einem E wurde das zweite R verbessert.
  8. DEINNEN] Sic!
  9. HW] Aufzulösen: H[EINRICH] W[ILKE]. Die beiden Buchstaben bei der Restaurierung verstümmelt; statt H steht nur noch ein eckiges U dort, das nur die halbe Größe aufweist, und statt W ein V.
  10. 1648] Allenfalls 1649. Die 4 ist heute nur noch nach der Form, nicht mehr aufgrund der erhabenen Ausführung zu erkennen.
  11. M] Vielleicht auch ein V.
  12. H] Lesung unsicher.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kunze 2001, S. 69; siehe auch die Abbildung auf dem Vorsatzblatt von Derling 1748.
  2. Ps 121,8; vgl. auch 5 Mo 28,6.
  3. Das Meisterzeichen bestehend aus Zimmermesser, Winkel und Spatel. Ehemals (vor der Restaurierung) umgeben von den Initialen H W und der beschädigten Jahreszahl 1648.
  4. Das Zunftzeichen? Beitel pfahlweise gestellt, kreuzweise darüber Nagel und Krampe. Ehemals (vor der Restaurierung) darüber die Initialen VH?.
  5. Ladovius 1648, S. 185–190; Derling 1748, S. 68–73; Rätzell 1848, S. 14 f.
  6. Derling 1748, S. 73; Rätzell 1848, S. 15; zur Einweihung auch Ladovius 1648, S. 185–190.
  7. Kunze 2001, S. 69.
  8. Ebd.

Nachweise

  1. Kunze 2001, S. 68 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 86, Halberstadt (Stadt), Nr. 292 (Hans Fuhrmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di086l005k0029201.